Der Nvidia-Wahnsinn - „Die wichtigste Aktie der Welt“ in 5 Charts – und was das für Anleger bedeutet

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Noch nie hat ein Unternehmen in so kurzer Zeit so viel an Börsenwert gewonnen wie Nvidia. Vor den Halbjahreszahlen sprechen US-Analysten bereits von der „wichtigsten Aktie der Welt“. Tatsächlich könnte die Entwicklung der Börsen in den kommenden Monaten davon abhängen.

Warum hat der Chiphersteller Nvidia so eine überragende Bedeutung?

Nvidia war immer schon ein gut geführtes und innovatives Unternehmen und Marktführer im Bereich Grafikkarten für PCs und Laptops. Dass diese Grafikkarten aber viel mehr können als „nur“ bunte Pixel verarbeiten, zeigte sich erstmals beim sogenannten Bitcoin-Mining, also dem Schürfen neuer Coins für die digitale Währung . Dazu sind aufwändige Rechenoperationen notwendig, die von Grafikkarten (GPUs) offenbar besser verarbeitet werden können also von Mikroprozessoren (CPUs), Der Grund:  GPUs sind dafür ausgelegt, viele Rechenaufgaben gleichzeitig auszuführen.

Doch schon zu dieser Zeit setzte Nvidia auf die nächste technische Revolution: die künstliche Intelligenz, von deren bevorstehendem Durchbruch damals nur Eingeweihte etwas ahnten.

Im November 2022 wurde ChatGPT freigeschaltet, das erste sogenannte Large Language Model (LLM). LLMs wie ChatGPT, Gemini (Google) Llama (Facebook/Meta) oder Claude ermöglichen es mittlerweile jedem User, mittels einfacher Spracheingaben komplexe Aufgaben lösen zu lassen; Das können Texte, Präsentationen, Excel-Auswertungen oder auch künstlich erschaffenen Bildern oder gar Videos sein.

ChatGPT verhalf der künstlichen Intelligenz zum Durchbruch – und der Börsenwert von Nvidia ist seitdem um unfassbare drei Billionen Dollar gestiegen.

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Denn praktisch alle LLMs werden auf Nvidia-Chips trainiert und arbeiten damit. Im Grunde sind es ganze Schaltschränke aus Chips. Sie ermöglichen es User-Interfaces wie ChatGPT erst, in Echtzeit zig Variablen und Wahrscheinlichkeiten zu berechnen, damit sie wissen, wie der nächste Buchstabe oder die nächste Videosekunde aussehen muss.

 

Warum gibt es (derzeit) keine Alternative zu Nvidia?

Um seine Chips anzusteuern, hatte Nvidia schon vor Jahren eine eigene Programmiersprache geschaffen: Cuda. Das Zusammenspiel aus Chips und Programmiersprache sichert das Geschäftsmodell auf Jahre ab, sagen Experten. Denn praktisch alle KI-Programmierer nutzen für ihre Anwendungen Cuda – und können deshalb nur mit Nvidia-Chips arbeiten.

Mittlerweile liefern sich die großen Tech-Konzerne Microsoft, Meta, Amazon und Alphabet (Google) einen Wettlauf um das leistungsfähigste LLM. Sie nehmen zig Milliarden in die Hand, um Rechenzentren aufzubauen, in denen die Operationen ablaufen. Neben den Kosten für Gebäude, Personal, Software und Energie entfällt nach Angaben der Venture-Capital-Firma Sequoia Capital die Hälfte der gesamten Investitionssumme allein auf die KI-Chips von Nvidia.

Das hat zu einem nie gesehenen Umsatzsprung geführt. Die folgende Grafik von Bloomberg zeigt, wie stark sich die Umsatzexplosion sich im Vergleich zu früheren Technologie-Revolutionen ausnimmt. Sie lässt die Kommerzialisierung des World Wide Webs oder der Einführung des iPhones weit hinter sich.

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Welches riesige Umsatz-Volumen die Börse im Bereich der Künstlichen Intelligenz erwartet, zeigt auch die Bewertung von Nvidia, wenn man den Börsenwert ins Verhältnis zum aktuellen Umsatz setzt. Dieses sogenannte Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) beträgt bei Nvidia aktuell mehr als 40, beim Konkurrenten AMD sind es zehn, das KUV von SAP liegt bei 5,5. Nvidia ist damit äußerst sportlich bewertet. Ein KUV von 40 bedeutet nämlich, dass das Unternehmen 40 Jahre lang den aktuellen Umsatz erzielen müsste, um seinen Börsenwert zu rechtfertigen. Selbst wenn es CEO Jensen Huang gelingen sollte, den Umsatz nochmals zu vervierfachen, würde es noch 10 Jahre dauern. Dann würde Nvidia pro Jahr fast 500 Milliarden Dollar umsetzen (Schätzung für 2024/25: 119 Mrd. Dollar) – das wäre weit mehr als Apple (Umsatz 2023: 383 Mrd. Dollar) und mehr als doppelt so viel wie Microsoft (2023: 212 Mrd. Dollar).

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Wie gelingt es Nvidia, seine außergewöhnliche Nettomarge von rund 50 Prozent zu erreichen?

Bei Nvidia kommen gleich zwei seltene Opportunitäten zusammen. Zum einen scheint es aktuell aus Sicht der Kunden keine Alternative zu den KI-Chips von Nvidia zu geben. Der Konkurrent AMD hat mittlerweile zwar auch solche Halbleiter im Angebot. Sieunterstützen aber nicht die Programmiersprache CUDA von Nvidia, über die die meisten KI-Modelle trainiert werden.

Hinzu kommt, dass Nvidias Kunden selbst zu den wertvollsten und bestverdienenden Unternehmen der Welt gehören, sich zudem in einem Wettbewerb miteinander befinden und über nahezu grenzenlose Geldmittel verfügen. „Wenn Ihre größten Kunden zufällig die anderen sechs Komponenten der Magnificent Seven sind, sollten die Dinge gut laufen“, zitiert Bloomberg den Analysten Jay Woods von Freedom Capital. Deshalb kann Nvidia derzeit praktisch jeden Preis verlangen. Ergebnis war im 1. Quartal das laufenden Geschäftsjahrs 2024/25 eine Rohertragsmarge von 78,3 Prozent und eine rekordverdächtige Nettomarge, nach Zinsen und Steuern, von 53,4 Prozent. Die Zahlen zum 2. Quartal gibt Nvidia am 28. August 2024 nach Börsenschluss bekannt.

 

Warum steigt der Umsatz immer noch?

Die vier größten Kunden des Unternehmens sind selbst sogenannte „Hyperscaler“: Microsoft, Meta, Alphabet und Amazon haben öffentlich ihre Absicht bekundet, weiterhin viel Geld für KI auszugeben. Hinzu kommt womöglich noch Apple und auch Elon Musk kauft für seine Firmen Tesla und X bei Nvidia ein. Nach Ansicht der Bank of America (BofA) steht das Wachstum bei den KI-Investitionen deshalb immer noch am Anfang, wie die folgende Grafik zeigt. Ein Großteil dieser Investitionen werde in den kommenden Jahren an Nvidia fließen, prophezeien ihre Analysten.

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Aber wird Nvidia diese Nachfrage auch auf Jahre bedienen können? Oder wir es mehrere Anbieter geben? Dafür wird es wichtig sein, dass dem Chiphersteller, der seine Chips ausschließlich beim taiwanesischen Auftragsfertiger TSMC bauen lässt, der Übergang zur nächsten, noch schnelleren Chipgeneration gelingt. Doch genau da gibt es jetzt erste Fragezeichen. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, dass Nvidia den neuen Blackwell GB200-Chip, der das bisherige Top-Modell H100 noch in diesem Jahr ablösen soll, um einige Monate verschieben muss, weil ein Designfehler aufgetreten sei. Nvidia dementierte den Bericht.

Der Wachstumsinvestor Louis Navellier erklärte gegenüber Bloomberg, was daran hängt: Ihm zufolge hat allein Google bereits mehr als 400.000 der neuen Chips bestellt– im Wert von zehn Milliarden Dollar. Meta habe eine ähnlich große Bestellung für Blackwells gemacht und Microsoft wolle bis zum ersten Quartal nächsten Jahres 55.000 bis 65.000 der neuen Super-Chips bei seiner Beteiligung OpenAI, dem Erfinder von ChatGPT, einsetzen. Deshalb werde die Guidance für den Blackwell-Absatz in diesem Jahr und die bereist bestellten Mengen am Mittwoch womöglich wichtiger sein als die eigentlichen Halbjahreszahlen, die ja nur die Vergangenheit abbilden.

 

Warum hängt die gesamte Börsenentwicklung von Nvidia ab?

Nvidia ist innerhalb von nicht einmal zwei Jahren von einem wertvollen, aber eher mittelgroßen Unternehmen, zum nach Börsenwert dritt-wertvollsten Unternehmen der Welt aufgestiegen, hinter Apple und Microsoft. Damit einher ging automatisch auch eine entsprechend größere Gewichtung in den großen Börsenindizes wie dem Nasdaq100 oder dem S&P 500. Die folgende Grafik von Blomberg zeigt, dass mittlerweile mehr als sechs Prozent der Performance des S&P 500 allein von der Nvidia-Aktie abhängen.

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Hinzu kommt eine auffällige Korrelation: Die Bank of America hat herausgefundene, dass sich der gesamte Index in den beiden ersten Wochen nach Quartalszahlen von Nvidia mit einer Korrelation von 78 Prozent in die Richtung der Nvidia-Aktie bewegt. Steigt also Nvidia um 10 Prozent, steigt der Index im Schnitt um 7,8 Prozent.

 

Das ist der Grund, warum Nvidia derzeit die wichtigste Aktie der Welt ist – und am Mittwoch nach Börsenschluss ab 22 Uhr alle Anleger gebannt nach Amerika schauen.

 

Hier sehen Sie die große Nvidia- und AMD-Analyse auf Youtube

Sie möchten noch mehr über Nvidia und seinen derzeit größten Konkurrenten AMD wissen? Der Youtube-Kanal „René will Rendite“ hat dazu eine große Aktienanalyse veröffentlicht. Das Video dauert 26 Minuten und ist nur für Kanalmitglieder zugänglich. Die Kanalmitgliedschaft kostet aktuell 99 Cent pro Monat und ist jederzeit wieder kündbar.

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