Wie aus Frust Zorn wird, zeigt der Tatort aus Dortmund

Mordkommission Dortmund: Martina Bönisch, Jan Pawlak, Nora Dalay und Peter Faber. Foto: WDR/Tomas Kost
Mordkommission Dortmund: Martina Bönisch, Jan Pawlak, Nora Dalay und Peter Faber. Foto: WDR/Tomas Kost

Drei ehemalige Bergmänner suhlen in der Tristesse des Arbeitslosenlebens. Sie leiden, saufen und wollen ein altes Stahlwerk in die Luft sprengen. Am Ende sind sie alle tot. Mit “Zorn” hat sich der Tatort aus Dortmund ein interessantes, gesellschaftliches Thema ausgesucht. Es geht um Wut, Hilflosigkeit und Verzweiflung, die Arbeiter verspüren, wenn sie ihren Job verlieren. Zusammen mit einer gewissen Radikalität ergeben sie eine explosive Sprengkraft. Nur leider lenken im Tatort zu viele Nebenkonflikte ab. Es gibt einen Reichsbürger, der Verfassungsschutz hat seine Finger im Spiel und jeder der Kommissare kämpft gegen seine eigenen Dämonen.

Das Opfer

Der ehemalige Bergmann Andreas Sobitsch wurde von hinten erschossen. Rekonstruiert wirkt der Mord wie eine Hinrichtung. Bei den Ermittlungen kommt es zwischen den Kommissaren zu Streitigkeiten. Und am Ende müssen sich die Kommissare Nora Dalay (Aylin Tezel) und Jan Pawlak (Rick Okon) fragen, ob sie nicht Mitschuld an einem zweiten Toten tragen. Pawlak konfrontierte Stefan Kropp, einem der Bergmänner, bei der Befragung damit, dass seine Frau ihn mit seinem toten Kumpel betrogen hatte. Kopp brachte sich um.

Die Kommissare

Kein Wunder, dass eisige Temperaturen im Team um Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) herrschten. Zudem machte Pawlak früher Feierabend, Dalay ermittelte alleine – das sorgte für Reibereien. Den Konflikt zu lösen, schafften die beiden nicht und als Faber Dalay fragte “Soll ich ihn rausschmeißen. Wenn sie damit leben können, zieh ich es durch” und Dalay stumm blieb, war für ihn die Sache erledigt. “Dann hören Sie auf zu jammern”, meinte er.

Dabei ist er selbst auch schlecht gelaunt. Ein Mörder, den er nicht mit genügend Beweisen belasten konnte, ist seit kurzem auf freien Fuß. Faber nahm die Ermittlungen wieder auf, doch trat auf der Stelle. Frustrierend.

Hintergrund: Wer ist der Neue an der Seite von Faber und Bönisch?

Und seine Partnerin Martina Bönisch (Anna Schudt) plagten Rückenschmerzen. Nach zwei Stunden im Wartezimmer des Arztes ging sie wieder. Sogar mit einer Reiki-Behandlung versuchte sie es und lies sich auf einem Liegestuhl ihre Aura streicheln.

Im Tatort “Zorn” wurde viel Lärm und private Baustellen gemacht, bei denen niemand so recht weiter kam. Einzig die Rückenschmerzen sind – dank Reiki – am Ende verschwunden. Die Stimmung passte zur Atmosphäre unter den Bergmännern, sodass der Tatort schon ohne Mord düster daher kam. Aufgelockert wurde die Stimmung nur selten durch einen bissigen Spruch. Da hätte der Titel “Abgrund” besser gepasst – vor allem da vom Zorn unter den Kommissaren mehr als vom Zorn der Bergmänner zu spüren war.

Das Duell

Wenn vier Kommissare angespannt sind, dürfte man doch ein paar Wortgefechte erwarten. Doch das spannendste Duell fand zwischen Faber und Bönisch statt. Faber wollte seiner Kollegin auftragen ins Revier zu fahren, da Sobtisch Anzeige gegen Unbekannt erstattet hatte. Doch Bönisch sah das anders.

“Sie fahren da hin.” (Bönisch)
“Ich dachte, ich bin der Chef.” (Faber)
“Sind Sie, aber Sie wollen mich nicht sauer sehen.” (Bönisch)

Eins zu Null für die Kommissarin.

Friedemann Keller regiert im selbsternannten “Freien Reich Frieden” – zur Not auch mit Waffengewalt. Foto: WDR/Thomas Kost
Friedemann Keller regiert im selbsternannten “Freien Reich Frieden” – zur Not auch mit Waffengewalt. Foto: WDR/Thomas Kost

Das Überflüssige

Die Konflikte der Ermittler geben ihnen wenigstens noch Kontur, für den Krimi unnötig war dafür ein Reichsbürger, der als V-Mann agierte, Sprengstoff und Waffen verkaufte und viele radikale Ansichten hatte. Und eine Frau vom Verfassungsschutz, die ihre schützende Hand über Friedemann Keller hielt. Bei Keller besorgte sich der erste Tote Andreas Sobitsch Zünder für eine Bombe. Der erschoss ihn später, weil er keine Zeugen wollte. Und Dr. Klarissa Gallwitz sorgte dafür, dass der Mord einem der späteren Bergmänner angehängt wird. Zum Schluss gibt es drei Leichen und keine Verhaftungen. Unbefriedigend.

Die große Tatort-Übersicht: Wer wo mit wem ermittelt

Der Witz

Das Witzigste war der Gedanke, dass drei Bergmänner ein Stahlwerk in die Luft sprengen wollen, das sowieso in die Luft gesprengt werden sollte. Ein Freizeitpark sollte auf dem Gelände entstehen.

Der beste Spruch

Die Kommissare fragen die Kumpels von Sobitsch nach ihrem Alibi. Die Antwort: Party. Was man halt so macht. Und was ist mit Frauen? Bergmann Ralf Tremmel meint dazu nur trocken: “Uns fickt schon jeden Tag das Leben. Das reicht am Abend.”

Bewertung

Mit dem Krimi lässt sich ein Sonntagabend verbringen, allerdings ist er weder besonders spannend noch komisch. Durchschnittlich. Dabei hätte er Potential gehabt ein gesellschaftlich relevantes Thema in seinen Facetten dazustellen, nur leider sind die Kommissare mehr mit sich selbst beschäftigt. So wirkt der Zorn der Bergmänner, als wenn ein Kind vor einem Süßigkeitenregal steht und die Mutter “Nein” sagt: kindlich, flüchtig, aufgesetzt.

Anzahl der Leichen: 3

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