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Wie den Österreichern mit dem Burka-Verbot ein schlechter Witz gelang

Burka-Trägerinnen hatten in Österreich auch vor dem Verbot Seltenheitswert (Symbolbild: dpa)
Burka-Trägerinnen hatten in Österreich auch vor dem Verbot Seltenheitswert (Symbolbild: dpa)

Das Alpenland schafft Antworten auf Probleme, die es nicht gibt. Entweder ist das genial oder fies. Jedenfalls kurios.

Ein Kommentar von Jan Rübel

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In Umfragen erweist sich Österreich regelmäßig als glückliches Land. Felix Austria – die Bewohner sind zufrieden mit ihrem Leben, mehr oder weniger, und damit es auch so bleibt, haben sie Maßnahmen getroffen. Sozusagen für Probleme, die es nicht gibt. Welch glückliches Land, das sich damit herumschlägt – und nicht mit echten Malaisen. Die lädt es woanders ab.

Die große rot-schwarze Koalition in Wien hat ein Gesetzespaket beschlossen, welches mit neuen Pflichten die Integration von Migranten vorantreiben soll. Also, die Pflichten liegen natürlich bei letzteren, nicht beim Staat. Auch so ein Sankt-Florians-Prinzip, aber dazu später mehr.

Das Paket beinhaltet: ein Burka-Verbot im Öffentlichen Raum, verpflichtende Werte- und Sprachkurse für Asylbewerber und auch verpflichtende gemeinnützige Arbeit für sie, unentgeltlich – und schließlich das Recht, drei Monate nach ihrem Asylantrag auch legal zu arbeiten. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sieht nun bessere Rahmenbedingungen für den „langen und schwierigen Weg der Integration“.

Die Luft wird dünn da oben

Nun, die Idee mit der raschen legalen Arbeitsmöglichkeit ist eine gute Sache. Das ist nicht nur praktizierte Integration, es ist wie Luft zum Atmen. Werte- und Sprachkurse sind nur zu begrüßen; gemeinnützige Arbeit, das ist schon eine schwierigere Angelegenheit. Zum einen kann dadurch viel Sinnvolles entstehen. Zum anderen erinnert es an die Zwangsarbeit, die ein gewisser Österreicher in den Dreißigern des vorigen Jahrhunderts etablierte.

Den Vogel abgeschossen aber hat die Regierung mit dem Burka-Verbot. Es wird ein Gesetz für wie viele Frauen? Kriegt man in Österreich überhaupt ein Dutzend zusammen, die mit Burka auf die Straße gehen? Wenn man es in Wien so genau nimmt: Gibt es demnächst auch Gesetze für den Bau eines Privatskilifts in Oberschlafingen, oder für das Bohren von Braunhaarigen nur im rechten Nasenloch?

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Gesetze haben regelnden Charakter. Entstehen sie im luftleeren Raum, sind sie nichts anderes als eine politische Botschaft.

Die österreichische Bundesregierung will damit sagen: Eigentlich wollen wir euch hier nicht. Oder wenn, dann nur als Steuerzähler. Für Arbeiten, die uns nicht so arg gefallen, also bleibt bittschön hinten in der Küche.

Solch ein Burkaverbot ist pseudoliberal. Die Politik hätte besser auf die Geistlichkeit gehört, zu der sie sonntags pilgert. „Es gehört zum Reiz einer pluralistischen Gesellschaft, dass Menschen ihre religiöse Zugehörigkeit auch ausdrücken. Der französische Laizismus ist, glaube ich, nicht unser österreichisches Modell. Wir wollen nicht eine Gesellschaft, in der religiöse Zeichen einfach verschwinden“, sagte Kardinal Christoph Schönborn, der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz.

Bring mir was, bittschön, egal was

Wenn von Integration die Rede ist, folgt schnell der Ausdruck einer Bringschuld. Dahinter verbirgt sich ein Generalverdacht gegenüber den „Neuen“, aber vor allem der Impuls, bloß nichts teilen zu wollen – als könnten „Neue“ den Vorgarten kapern. Durch die „Neuen“ verliert man ja nichts. Aber die Vorstellung davon, dass dem so sein könnte, ist schön gruselig. Da schaudert es herrlich.

Das ist der Hintergrund des Burka-Verbots. Ginge es tatsächlich um Integration, dann würde der an sich komische Begriff der Bringschuld auch für die „Alten“ gelten. Die aber lehnen sich zurück. Zusammenleben gelingt indes nur, wenn sich alle bewegen. Verbote sind da, diplomatisch ausgedrückt, kontraproduktiv. In Österreich geht man so weit, dass gar das Verteilen des Korans im öffentlichen Raum verboten werden soll. Depperter geht es kaum. Eiderdaus. Als wäre der Koran ein gefährliches Buch.

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Der Koran ist ein Buch wie die Bibel, sie haben auch viele gleiche bis ähnliche Inhalte. Das Alte Testament, übrigens ein Kracher voller Blut und Aggression, ist ein wunderbares Werk voller Heiligkeit. Wie der Koran. Wird die Bibel nun aus den Hotelzimmern verbannt? Was ist der nächste Schritt eines solchen Verteilungsverbots – eine Koranverbrennung? Warum eigentlich nicht? Hatten wir schon mal, das war die Geschichte mit dem Österreicher vor 80 Jahren.

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