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Wie Sie einen Herzinfarkt erkennen – und was zu tun ist

Ein Engegefühl verbunden mit starken Schmerzen in der linken Brusthälfte, die in den Arm ausstrahlen, dazu Angstschweiß auf kalter Haut – das sind die klassischen Symptome eines Herzinfarkts. Daneben gibt es aber noch eine ganze Reihe weiterer Reaktionen des Körpers, die oft schwerer zu deuten sind und vor allem bei Frauen auftreten. Lesen Sie hier, worauf Sie im Notfall achten sollten und warum es so wichtig ist, schnell zu reagieren.

Beim Erstkontakt mit ihren verängstigten Herzinfarkt-Patienten hat Dr. Astrid Ilg aus der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin am Münchner Klinikum Harlaching eine gute Nachricht parat: „Wenn Sie es hierher geschafft haben, liegt das Schlimmste schon hinter ihnen.“ Denn je kürzer der Infarkt zurückliegt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, an ihm zu sterben. „In diesen Fällen spricht man vom plötzlichen Herztod, der durch Kammerflimmern ausgelöst wird“, erklärt sie ihm Interview mit Yahoo! Deutschland.

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Das Herz kann seine Aufgabe, Blut durch den Organismus zu pumpen und die Organe damit auch mit Sauerstoff zu versorgen, in diesem Zustand nicht mehr wahrnehmen, der Patient stirbt innerhalb weniger Minuten.

Wird ein Herzinfarkt schnell behandelt, liegt die Sterblichkeit bei nur etwa fünf bis acht Prozent, die aber auf 50 Prozent anwachsen, je länger es bis zur Behandlung dauert. Mediziner sprechen in diesem Zusammenhang von der „goldenen Stunde“: „Wer innerhalb dieser Zeitspanne in eine Klinik kommt, hat die besten Chancen, keinen bleibenden Schaden zurückzubehalten.“

Wie entsteht ein Herzinfarkt?

Ausgelöst wird der Infarkt durch Cholesterinablagerungen in den Adern. Diese sind mit einem dünnen Käppchen überzogen. Reißt dieses Käppchen ein, löst dies eine fatale Reaktion des Körpers aus, mit der er sich eigentlich selbst retten will: Um den Blutfluss zu stoppen, schickt er vermehrt Blutplättchen zu der verletzten Stelle, die den Riss zukleben sollen. Dadurch kommt es zu einer Verstopfung der oft nur wenige Millimeter messenden Koronargefäße, das ist der Herzinfarkt.

So läuft die Behandlung ab

Ist der Blutfluss einmal unterbrochen, stirbt das Herzgewebe ab – je länger die Unterbrechung andauert, desto mehr Gewebe ist betroffen. Um dauerhafte Schäden zu vermeiden, bekommen die Patienten zunächst Aspirin und Heparin als Blutverdünner gespritzt, die das Aneinanderkleben der Blutplättchen an der Rissstelle verhindern. Erfolgt dies durch einen Notarzt, kann dieser den Patienten noch im Krankenwagen an ein EKG anschließen, das die elektrischen Aktivitäten der Herzmuskelfasern auch ans angesteuerte Krankenhaus sendet.

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Im besten Falle hat es, wie zum Beispiel das Klinikum Harlaching, eine so genannte Chest Pain Unit, eine Herzschmerzambulanz also, dessen Team auf genau solche Fälle spezialisiert ist. Dort wird dann eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt, die laut Dr. Ilg so abläuft: „Durch die Schlagader an der Leiste oder am Handgelenk führen wir einen Katheter, also einen feinen Plastikschlauch, zum Eingang der Herzkranzader und spritzen ein Kontrastmittel. Dadurch können wir genau erkennen, wo die Verstopfung liegt.“

Ist das Gerinnsel einmal lokalisiert, wird es durch den so genannten Katheterballon an die Gefäßwand gedrückt. „Das ist für den Patienten meist ein erlösender Moment“, meint die Medizinerin. „Angst und Schmerzen lassen dann rasch nach.“ Anschließend sorgt ein kleines Metallröhrchen (Stent) dafür, dass das Gefäß dauerhaft offen bleibt.

Sonderfall Frauen

In Deutschland bekommen pro Jahr etwa 300 000 Menschen einen Herzinfarkt, fast die Hälfte davon sind Frauen. Unter ihnen liegen Herzinfarkte auf Platz eins der Todesursachen, jede zweite überlebt den Infarkt nicht. „Das liegt vor allem daran, dass Frauen oft untypischere Symptome zeigen“, erklärt Dr. Ilg. „Sie können sich sehr schlapp fühlen, sie leiden unter Übelkeit, haben drückende Oberbauchschmerzen, Schmerzen im Unterkiefer oder zwischen den Schulterblättern.“ Anzeichen, die die Frauen und die Menschen in ihrer Umgebung oft falsch einordnen, weshalb bis zur richtigen Behandlung viel zu viel Zeit verstreichen kann. Deswegen gilt generell: „Lieber einmal zu viel den Notarzt anrufen als einmal zu wenig. Wer den Verdacht hat, dass er selbst oder ein anderer einen Herzinfarkt hat, sollte sofort die 112 wählen und seine Vermutung auch klar äußern.“

Im Ernstfall bitte immer sofort helfen!

Mut machen will die Medizinerin vor allem jenen Menschen, die sich in einer Notfallsituation überfordert fühlen könnten oder Angst haben, etwas falsch zu machen. „Wenn Sie helfen, sind sie immer der Held“, betont sie. Einen Notruf absetzen und den Betroffenen beruhigen reicht, solange er ansprechbar ist. Doch sobald er das Bewusstsein verliert, bedeutet das Kammerflimmern und damit eine mangelnde Sauerstoffversorgung. Drei bis vier Minuten kann das Gehirn das verkraften, alles darüber hinaus verursacht schwere Schäden. „Es geht ja nicht nur darum, dass man überlebt, sondern dass man gut überlebt“, sagt Dr. Ilg, die auch die Schicksale von Patienten kennt, die nach einem Herzinfarkt im Wachkoma liegen. Also: „Wenn sie beispielsweise in der U-Bahn einen Defibrillator zur Hand haben, legen Sie los. Das Gerät sagt ihnen genau, was Sie tun müssen. Und es defibrilliert auch nur, wenn es etwas zu defibrillieren gibt.“

Aber auch ohne Defibrillator kann man Leben retten: „Machen Sie eine Herzdruckmassage, bei der sie den Brustkorb mit gestreckten Händen fünf bis sechs Zentimeter tief eindrücken, und das etwa zwei Mal pro Sekunde.“ Die Beatmung ist in diesem Fall zweitrangig. „Und denken Sie daran: In dieser Situation, können Sie es nur besser und nicht schlechter machen.“

So halten Sie die Risikofaktoren klein

Die Veranlagung zu einem Herzinfarkt ist zum Teil genetisch vorgegeben, aber jeder kann etwas dafür tun, sein eigenes Risiko so klein wie möglich zu halten. „Die Risikofaktoren hoher Blutdruck, hohe Blutzuckerwerte und Übergewicht kann man mit Bewegung positiv beeinflussen“, sagt die Medizinerin, hohe Cholesterinwerte lassen sich mit Medikamenten behandeln. „Wenn sie sich genug bewegen, dürfen sie ruhig auch ein bisschen pummelig sein. Und verzichten sie auf absurde Diäten, sondern halten Sie sich lieber an die mediterrane Kost.“ Dazu gehören ungesättigte Fettsäuren wie sie in Olivenöl vorkommen, einmal die Woche Fisch und generell mehr Gemüse als Fleisch. Besonders gefährdet sind Raucher. Wer zukünftig aber auf die Glimmstängel verzichtet, kann sein Risiko um 50 Prozent senken.

(Interview: Ann-Catherin Karg)