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Wie Sigmar Gabriel im Iran endlich die richtigen Worte fand

Bei der Reise des Vizekanzlers nach Teheran kommt es zum Eklat. Dabei sagt Gabriel nur, was selbstverständlich ist. Die Zeit für diplomatischen Eierlauf ist längst vorbei.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Die Visite im Museum zog sich hin. Eigentlich wollte Sigmar Gabriel nur kurz im Nationalmuseum vorbeischauen, aber dann durfte der Bundeswirtschaftsminister sich eine Vase nach der anderen anschauen. Reisen bildet. Und in diesem Falle hatte es einen echten Nutzen.

Denn einer der höchsten Politiker im Iran ließ das Folgetreffen des SPD-Parteichefs platzen. Parlamentspräsident Ali Laridschani versetzte ihn, indem er angebliche Termine im Parlament vorschob. Damit exekutierte er wohl die Linie, die sein Bruder Sadegh vorgegeben hatte: „Falls ich in der Regierung oder Außenminister wäre, hätte ich dieser Person nicht erlaubt, ins Land zu reisen“, sagte der ehemalige Justizchef des Landes.

Was war passiert?

Gabriel hatte im Vorfeld seiner Reise, die durchaus wichtig und sinnvoll ist, weil sie der Pflege der Wirtschaftsbeziehungen dient, lediglich Grundpfeiler eingehauen. Unter anderem ließ er seine Gastgeber in einem Interview mit dem „Spiegel“ wissen, freundschaftliche Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran könne es nicht geben, so lange der Iran das Existenzrecht Israels nicht anerkenne. Auch die Menschenrechtssituation hatte er auf dem Kieker: „Staatliches Handeln muss immer im Rahmen des Rechts und der geschützten individuellen Rechte des Einzelnen stattfinden.“ Es gebe zum Beispiel in Iran schlimme Menschenrechtsverletzungen, unter anderem die Hinrichtung von Minderjährigen.

Pillepalle reicht nicht aus

Die Laridschanis waren also sauer. Der ehemalige Justizchef, der als ehemaliger Rechtsbeuger in so vielen Strafverfahren Unschuldige ins Verderben dekretieren ließ, weil man ihm in die Suppe spuckte. Und der Parlamentschef, weil Gabriel sein altes Credo von diesem „Antizionismus“ nicht abkaufte.

Fakt ist: Über die „Verhandelbarkeit“ des Existenzrechts Israels überhaupt nur nachzudenken, ist schlicht böse. Schließlich geht es hier um ein Land, eine ganze Gesellschaft. Das Regime propagiert nur deshalb einen Antizionismus, weil es damit einen äußeren Feind konstruiert – und der darf dann als Sündenbock für die eigenen Verfehlungen dienen und hübsch von diesen ablenken. Kennt man, dieses Verfahren. Auch unter dem passenderen Label „Rassismus“.

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Die Sanktionen gegenüber Iran zu lockern, war die richtige Entscheidung. Die politischen Strukturen des Landes sind nicht einfach dargestellt, es gibt Machtkämpfe zwischen konservativen Beharrenden und Liberalen. Engere Wirtschaftsbeziehungen helfen da allen, das Land zu demokratisieren.

Aber notwendig bei solch einer Partnerschaft ist es auch, miteinander ehrlich umzugehen. Und das bedeutet, nicht nur auch, sondern vor allem den Dissens anzusprechen. Kennt man, dieses Verfahren: Das wenden Familien an, die funktionieren.

Probleme nicht ansprechen, das ist eine falsche Rücksichtnahme, die zu lange Parole deutscher Außenpolitik gewesen ist.

Die Probleme sind zu groß

Von Gabriel ist noch in guter Erinnerung, wie er im April in Ägypten den Diktator as-Sisi „beeindruckend“ nannte und meinte, Ägypten habe sich „den Weg vorgenommen, das Land Schritt für Schritt zu demokratisieren“.

Beeindruckend ist nur die Vehemenz, mit der Sisi das alte Regime wieder aufleben lässt. Und der Weg, den Ägypten derzeit nimmt, führt in genau die gegensätzliche Richtung wie die von Gabriel beschriebene.

Aber vielleicht lernt man ja aus Fehlern. Und wenn eine iranische Zeitung im Vorfeld von Gabriels Reise schreibt, „lasst den Zionistenfreund nicht in unser Land“, so kann das nur als Kompliment verstanden werden.

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Gabriels Kollege Frank-Walter Steinmeier sollte sich das abschauen. Der Außenminister scharwenzelt allzu gern mit echten Troublemakern wie den Monarchien der Arabischen Halbinsel. Da wird gern von Partnern und Freunden gesprochen – und bei deren verhängnisvoller Politik weggeschaut.

Doch die Zeiten lassen das nicht mehr zu. Iran und Saudi-Arabien sind zwei Regime, deren Feindschaft dem Nahen Osten schadet. Deutschland muss sein Gewicht einsetzen. Das Gerede von Freundschaft reicht nicht. Beiden Regimes, die ihre Helfershelfer und Milizen aufeinander losgehen lassen, müssen Grenzen gesetzt werden. Das fängt damit an, Tacheles zu reden. Und endet damit, endlich auch Taten folgen zu lassen. Zum Beispiel um Syriens Willen.

Bilder: dpa

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