Wie sinnvoll ist das Abdecken der Webcam wirklich?

Paranoid, dass Fremde über die eigene Webcam Dinge sehen, die sie nichts angehen? Die Linse mit einem Post-It oder Ähnlichem abzukleben ist naheliegend und wird oft praktiziert – aber ist das auch sinnvoll?

Die Webcam am Laptop - ein günstiger Zugang für Hacker? (Bild: Getty Images)
Die Webcam am Laptop - ein günstiger Zugang für Hacker? (Bild: Getty Images)

Der ehemalige FBI-Chef James Comey hat es laut eigener Aussage getan, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg offensichtlich auch: Die Webcam am eigenen Laptop abdecken.

Mit der Frage, inwiefern das tatsächlich Sinn macht, hat sich die Huffpost beschäftigt und mit mehreren Sicherheits- und IT-Experten gesprochen.

Einer davon ist Jonathan Young, Vizepräsident der Vantage Technology Consulting Group. "Webcam-Abdeckungen sind primär deswegen nützlich, weil die Leute ihre Kameras manchmal unabsichtlich anschalten oder laufen lassen. Oder sie haben mehrere Kameras – Laptop-Kamera, externe Webcam, einen zweiten Bildschirm – und eine falsche Einstellung kann Arbeitsinformationen oder peinliche bzw. unangebrachte Ausblicke übertragen", sagt Young. Er würde seine Webcam deshalb abkleben.

Überkleben der Webcam als "letzte, ausfallsichere Schutzschicht"

Schaden tut's in jedem Fall nicht – so sieht das auch Michael Covington vom Softwareunternehmen JAMF. Das Überkleben der Linse sei die "letzte, ausfallsichere Schutzschicht die garantiert, dass man die Kontrolle darüber behalt, wann man gesehen wird". Vor allem Fehler in der Software oder Entwickler mit krimineller Energie, die mithilfe des Zugangs zur Kamera Daten stehlen wollen, sieht er als Gefahrenquellen an.

Etwas anders betrachtet das Nizel Adams, Gründer einer Technologie-Beratungsfirma. Ein Hacker, der das eigene Zuhause dank der Webcam am Computer ausspähen kann – für Adams ein höchst unwahrscheinliches Szenario: "Ich verstehe die Paranoia. Niemand fühlt sich gerne verletzlich. Aber wenn man präventive Schritte unternimmt sind die Chancen, gehackt oder über die Webcam ausgespäht zu werden, gering bis nicht vorhanden."

Sogar für den Fall, dass ein Hacker Zugang zum Passwort und dem PC bekommen sollte, müsste dieser viele weitere Informationen wie die exakte IP-Adresse des Geräts wissen, um ein derartiges Manöver vollziehen zu können. Die meisten PCs verbieten ohnehin den externen Zugang, ein Hacker müsste die betroffene Person davor sogar noch dazu bringen, eine Software zu installieren, um das zu umgehen. "Die meisten Leute müssen sich über so etwas keine Sorgen machen, vor allem wenn sie eine Firewall haben", sagt Adams.

"Die überwältigende Mehrheit der IT-Administratoren hat davon keine Ahnung"

Auch die Sorge, dass ein IT-Profi aus der eigenen Firma Kolleginnen und Kollegen ausspäht, ist laut Adams unangebracht. Normalerweise würden die Handlungen der IT-Abteilung in Sicherheitssystemen hinterlegt und würden sofort auffallen. Aus über 20 Jahren Berufserfahrung wisse er zudem, "dass die überwältigende Mehrheit der IT-Administratoren keine Ahnung hat, wie man von außerhalb direkt auf eine Webcam zugreift".

Sein Fazit: "Webcam-Abdeckungen sind nicht sinnvoll, wenn es um die Privatsphäre geht. Aber sie haben kleine Nutzen – wie die Linse vor Staub und Schmutz zu schätzen."

Video: Ajatollah im Fadenkreuz: Hacker kapern iranische Staatsnachrichten