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Diplomatie am D-Day: Obama und Merkel treffen Putin

US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel haben die D-Day-Gedenkfeiern in der Normandie zu einer Vermittlungsoffensive in der Ukraine-Krise genutzt.

Obama und Kremlchef Wladimir Putin trafen sich bei den Feiern zum 70. Jahrestag der alliierten Landung in Nordfrankreich zu einem kurzen Gespräch. Merkel sprach erstmals seit der Annexion der Krim im März dieses Jahres persönlich mit dem russischen Präsidenten.

Putin und Obama sprachen sich nach Kremlangaben für ein schnelles Ende der Gewalt in der Ostukraine aus. Ein Treffen der beiden am Rande der Gedenkfeiern in der Normandie war bis kurz vor dem Gespräch ungewiss gewesen. Während seiner Europa-Reise hatte der US-Präsident den Kreml-Chef immer wieder hart kritisiert.

Auch Putin und der gewählte ukrainische Staatschef Petro Poroschenko kamen erstmals in der Krise direkt zusammen - in Gegenwart von Merkel und Frankreichs Präsidenten François Hollande. Der 48-jährige Milliardär Poroschenko wird an diesem Samstag in Kiew offiziell ins Präsidentenamt eingeführt.

Nach Kreml-Angaben sprachen sich Putin und Poroschenko für ein Ende des Blutvergießens und ein Ende der Kampfhandlungen auf beiden Seiten aus. In der Ostukraine führt die ukrainische Regierung seit Wochen eine «Anti-Terror-Operation» gegen militante prorussische Separatisten, die eine Abspaltung der Gebiete Donzek und Lugansk von Kiew erreichen wollen.

Merkel dankte am Nachmittag vor dem Besuch eines Soldatenfriedhofs in Ranville den Alliierten für die Befreiung vom Nationalsozialismus: Deutschland müsse dankbar sein, «dass die Alliierten solche Opfer erbracht haben, um eines Tages die Befreiung vom Nationalsozialismus durchzusetzen.» Ranville stehe auch für den Geist der Versöhnung und für das Streben nach Verständigung und Partnerschaft. In dem Ort sind rund 2000 Tote begraben, darunter mehr als 300 Deutsche.

Etwa 20 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, unter ihnen auch die britische Königin Elizabeth, gedachten in einer Reihe von Gedenkveranstaltungen der Landung der alliierten Truppen am 6. Juni 1944. Mit dem D-Day vor 70 Jahren wurde die Niederlage Hitler-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg entscheidend vorangetrieben.

Hollande erinnerte vor 7000 Gästen, unter ihnen auch zahlreiche Veteranen, an den Beitrag der sowjetischen Soldaten zum Sieg über Hitler-Deutschland und auch an die deutschen Opfer des Nationalsozialismus.

«Ich möchte den Mut der Deutschen würdigen, die auch Opfer des Nazismus waren und in einen Krieg hineingezogen wurden, der nicht der ihre war und der nicht der ihre hätte sein sollen», sagte Hollande.

Das Treffen der Staats- und Regierungschefs in der Normandie möge helfen, den Frieden zu bewahren und Lösungen zu finden, «damit ein Konflikt nicht zu einem Krieg wird», sagte Hollande. Die Ukraine erwähnte er nicht ausdrücklich.

Bei der alliierten Landung in der Normandie war die größte Armada der Kriegsgeschichte im Einsatz: 3100 Landungsboote mit etwa 150 000 Soldaten.

Auf einem US-Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mer gedachten Hollande und Obama der über 4400 alliierten Soldaten, die bei der Landung ums Leben kamen. Obama sagte, die Welt könne «für immer dankbar» sein. Am 6. Juni 1944 seien Demokratie und Freiheit verteidigt worden. «Dieser Anspruch steht auf diesem Strand in Blut geschrieben.»

Erstmals seit neun Monaten trafen sich Merkel und Putin wieder zu einem bilateralen Treffen. Merkel forderte Putin in dem gut einstündigen Gespräch auf, alles in seiner Macht stehende für eine Stabilisierung der Lage in der Ukraine zu tun.

Bei dem Gespräch im Badeort Deauville sagte sie laut Bundesregierung, nach der international anerkannten Präsidentenwahl in der Ukraine müsse jetzt die Zeit genutzt werden, «um eine Stabilisierung der Lage insbesondere in der Ostukraine zu erreichen». Russland müsse seiner großen Verantwortung dabei gerecht werden.

In den vergangenen Wochen hatte Merkel immer wieder mit Putin telefoniert, ihn zuletzt aber am 6. September beim G20-Gipfel im russischen St. Petersburg persönlich getroffen. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Interfax: «Putin und Merkel haben sich voll und ganz auf die ukrainischen Angelegenheiten konzentriert.» Auf die Frage, ob es auch um Meinungsverschiedenheiten gegangen sei, sagte Peskow: «Genau dem war das Gespräch gewidmet.»

Zur Begrüßung hatten sich Merkel und Putin kurz die Hand gegeben, die Atmosphäre wirkte kühl. Beide saßen vor den Flaggen ihrer Länder an einem kleinen Tisch relativ weit voneinander entfernt. Merkel begegnete Putin mit ungewohnt ernst wirkendem Gesichtsausdruck, zeitweise mit demonstrativ hochgezogenen Augenbrauen. Putin setzte sich breitbeinig auf die andere Seite des Tischs, der ihn von Merkel trennte und schaute ebenfalls demonstrativ zur Seite.

Nach dem Treffen mit Putin nahm Merkel auf Einladung des französischen Präsidenten in Bénouville knapp 40 Kilometer westlich von Deauville an einem gemeinsamen Mittagessen der Staats- und Regierungschefs teil.

In einem Beitrag für die französische Zeitung «Ouest France» schrieb die Kanzlerin aus Anlass der Gedenkfeiern: «Frieden und Freiheit können schnell infrage gestellt werden. Der Konflikt in der Ukraine zeigt uns das. Die Sorge ist groß zu sehen, dass neue Gräben und Trennlinien entstehen.»

Die Anwesenheit eines hochrangigen deutschen Vertreters bei den D-Day-Feierlichkeiten war lange Zeit tabu. Als erster Bundeskanzler war 2004 der damalige SPD-Regierungschef Gerhard Schröder zu den Feiern in der Normandie.

An diesem Dienstag wollen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und sein russischer Kollege Sergej Lawrow in St. Petersburg weiter über den Ukraine-Konflikt beraten. Angesichts der Kämpfe zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten erwarten Teile der neuen Führung in Kiew, dass Poroschenko schon am Wochenende das Kriegsrecht in der Ostukraine verhängen könnte.

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