Winterschlaf in Wiesbaden: Hessen-Tatort kopiert US-Kult-Film aus den Neunzigern

LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur) und Bankräuberin Nadja Eschenbach (Nadine Dubois). Foto: HR/Bettina Müller
LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur) und Bankräuberin Nadja Eschenbach (Nadine Dubois). Foto: HR/Bettina Müller

Kommissar Murot immer denselben Tag erleben zu lassen, ist originell. Eigentlich. Denn leider ist alles nur geklaut. Am Ende ist der „Tatort” nur der müde Abklatsch einer alten Idee.

Bevor wir zum aktuellen „Tatort” kommen, reisen wir kurz ins vergangene Jahrtausend. Wir schreiben das Jahr 1993 und die US-Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier” erobert die Kinos. Die Geschichte: Der gelangweilte TV-Wetteransager Phil Connors (gespielt von Bill Murray) erlebt immer wieder denselben Tag – nämlich den Murmeltiertag. Jedes Jahr am 2. Februar locken Menschen in den USA Murmeltiere aus ihren Verstecken, um anhand der Schattenlängen den weiteren Verlauf des Winters vorherzusagen. Niemand außer Connors merkt, dass sich der Murmeltiertag ständig wiederholt. Zunächst zweifelt er an seinem Verstand, später nutzt er die ständige Wiederkehr des Gleichen für allerhand Schabernack.

Ein toller Plot, wunderbar inszeniert. Das dachte man sich wohl auch bei der ARD und kopierte die Idee. Nun erwartet niemand ein kreatives Feuerwerk vom alteingesessenen Sonntagskrimi der Öffentlich-Rechtlichen. Aber den Sonntagabend-Quotenhit quasi mit copy and paste zu produzieren, ist doch ein bisschen billig. Darüber tröstet auch nicht die wie immer außergewöhnliche Schauspielleistung von Ulrich Tukur.

Die Story

Kommissar Murot (Ulrich Tukur) soll die Geiselnahme in einer Sparkasse beenden. Und das immer wieder. Murot wacht auf, hört aus der Nachbarwohnung Musik, trifft auf der Straße erst ein Quengelkind, dann eine Punkerin und düst zum Tatort, wo ihn ein tollpatschiger Kollege erwartet. Doch dann wird Murot erschossen und wacht schweißgebadet zu Hause auf, wo sein Telefon erneut klingelt. Wieder meldet sich seine Kollegin und ruft ihn zum Banküberfall. Wie Wettermann Connor fürchtet auch Kommissar Murot um seinen Verstand.

Der Running Gag des Films…

…ist tatsächlich lustig. Jeden Morgen erzählt der Nachrichtensprecher im Radio den selben Wahnsinn: „Die Österreichische Präsidentenwahl muss zum vierten Mal wiederholt werden.” Die ersten drei Male seien ungültig, unter anderem wegen nachlässig zugeklebter Briefumschläge. Der Moderator weiter: „Notfalls wird die Wahl einmal pro Monat wiederholt oder einmal pro Woche.” Diese Idee haben die Tatort-Macher natürlich auch aus dem Original übernommen, aber der Text ist lustiger, als in der US-Version – naja, vielleicht nicht für Österreicher.

Streit um Dortmunder “Tatort”: Wegen platter Ruhrpott-Klischees

Bill Murray erlebt in “Und täglich grüßt das Murmeltier” denselben Tag immer wieder – bis er seinem Leben eine Kehrtwende verpasst (Bild: ddp images)
Bill Murray erlebt in “Und täglich grüßt das Murmeltier” denselben Tag immer wieder – bis er seinem Leben eine Kehrtwende verpasst (Bild: ddp images)

Der größte Unterschied zum Original

Während Connor sein Leben von Grund auf ändern muss, um die Zeitschleife zu verlassen, backt der Kommissar kleinere Brötchen. So hindert er eine Joggerin daran, über ihre geöffneten Schnürsenkel zu stolpern, tröstet das Quengelkind und freundet sich mit einer Punkerin an.

Der beste Satz…

…stammt von Murot. Der sagt: „Jeder Tag ist ein Geschenk, zwar Scheiße verpackt, aber ein Geschenk. Also schmeißen Sie das Packpapier nicht weg.”

Das beste an der Tatortfolge…

…ist die Musik. Der Song „Cult” von Slayer ist Kult. Musikalisch und textlich harter Tobak. Mal abwarten, wie lange es dauert, bis die Kirchenvertreter im Rundfunkrat verstehen, worum es im Stück geht, und sich empört beim Programmverantwortlichen beschweren.

Überraschung des Abends

Wer den „Tatort” im Livestream schaute, der bekam zwischenzeitlich Werbung für die ARD-Serie „Charity” eingeblendet. Vielleicht wollte der Sender damit zeigen, dass er auch eigene Ideen umsetzen kann. Wie auch immer: Einen Arzt hätte man wirklich gebrauchen können, um nicht vor Langeweile zu sterben.

Im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ wird Fernsehansager Phil Connors übrigens eines Tages überdrüssig, seine Routinen abzuspulen. Er beginnt damit, mit neuen Ideen zu experimentieren. Irgendwann wacht Connors auf und stellt zu seiner Überraschung fest, dass ein neuer Tag begonnen hat. Möge der ARD dieses Geschenk auch zuteil werden.

Auch diese Themen könnten Sie interessieren:

Im Video: “Murot und das Murmeltier” – die besten Tweets zum Tatort