Wirksam regeln - Vollmacht im Notfall: So wählen Sie die richtige Vertrauensperson aus
Es gibt Situationen im Leben, wo man sich nicht mehr selbst um Finanzen und Verträge kümmern kann. Das muss dann eine Vertrauensperson übernehmen. Doch wie wähle ich eigentlich die richtige Person aus? Und brauche ich dafür einen Vertrag? Diese Fragen beantwortet FOCUS Online.
Immer mehr Menschen erstellen eine Patientenverfügung. Viele vergessen dann aber den nächsten wichtigen Schritt: Sie sollten eine Vertrauensperson benennen und dieser auch eine Vorsorgevollmacht erteilen. Ansonsten kann im Notfall niemand Entscheidungen über die medizinische Behandlung treffen oder sich um Finanzen und Verträge kümmern. Doch wie wählt man den richtigen Menschen für diese wichtigen Aufgaben aus? Wir erklären, worauf Sie dabei achten sollten.
Was ist der Unterschied zwischen einer Vertrauensperson und einem Bevollmächtigten?
Ihre ganz persönliche Vertrauensperson benennen Sie in der Patientenverfügung. Dieser Mensch soll erster Ansprechpartner für medizinisches Personal sein, wenn Sie sich nicht mehr selbst zur Behandlung äußern können. Sie sollten dieser Person daher uneingeschränkt vertrauen. Dennoch reicht es nicht aus, wenn Sie einen Angehörigen lediglich als Vertrauensperson benennen.
Diese Person benötigt unbedingt eine Vorsorgevollmacht, um auch tatsächlich handeln zu können. Es ist Deutschland nicht erlaubt, dass jemand einfach so für Sie entscheidet – egal ob es sich dabei um Verwandte, Ehepartner oder die eigenen Kinder handelt. Erst wenn sie offiziell von Ihnen bevollmächtigt wurden, können Menschen also für Sie Entscheidungen treffen!
Welche Rechte hat die bevollmächtigte Person?
Sie legen in Ihrer Vollmacht selbst fest, was genau eine bevollmächtigte Person darf und was nicht. Sie können auch mehrere Personen bevollmächtigen und ihnen verschiedene Aufgaben zuzuweisen.
Folgende Aufgabenbereiche werden meist von der Vorsorgevollmacht abgedeckt:
Gesundheit und Pflegebedürftigkeit
Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten
Vermögen
Post- und Fernmeldeverkehr
Vertretung vor Gericht
Und wie sieht es mit den Pflichten aus?
Grundsätzlich haben Ihre Bevollmächtigten immer die Pflicht, in Ihrem Sinne und uneigennützig zu handeln. Sie dürfen sich also nicht selbst bereichern oder in anderer Form zum eigenen Vorteil entscheiden. Allerdings gibt es einen Haken: Bevollmächtigte werden nicht vom Betreuungsgericht überwacht und können frei handeln – egal ob es dabei um Geldausgaben, Vertragsabschlüsse, Kündigungen oder medizinische Entscheidungen geht. Das Risiko, dass Sie jemand hintergeht ist also recht hoch. Verkleinern Sie es, indem Sie eine wirklich geeignete Person auswählen.
Gut zu wissen: Nicht alle medizinischen Entscheidungen kann der Bevollmächtigte entscheiden. Geht es um einen medizinischen Eingriff, der lebensgefährlich ist oder langfristige Gesundheitsschäden nach sich ziehen kann, muss das Betreuungsgericht mit einbezogen werden. Ausnahmen sind nur möglich, wenn sich sowohl die bevollmächtigte Person als auch der behandelnde Arzt einig sind, dass die Maßnahmen dem Willen des Vollmachtgebers entsprechen. Das gilt auch für freiheitsentziehende Maßnahmen. Das Betreuungsgericht muss Gitter am Krankenbett oder ruhigstellende Medikamente erlauben.
So wählen Sie die richtige Person aus
Bevor Sie jemanden bevollmächtigen muss Ihnen klar sein, dass Sie dieser Person tiefgreifende Entscheidungen überlassen. Wählen Sie daher nur jemanden, dem Sie wirklich vollkommen vertrauen. Auch die Zuverlässigkeit dieses Menschen spielt eine Rolle. Geht es um komplexe Themen wie steuerliche oder vertragliche Dinge, muss Ihr Bevollmächtigter in der Lage sein, diese zu verstehen.
Eine entsprechende Vorerfahrung ist dazu nicht unbedingt nötig, sie hilft jedoch. Da in vielen Bereichen das persönliche Erscheinen notwendig ist, sollte ein Bevollmächtigter außerdem möglichst in Ihrer Nähe leben und die Zeit haben, Termine wahrzunehmen und ihre Angelegenheiten zu regeln.
Sie können selbst auch dazu beitragen, dass Ihr Bevollmächtigter die richtigen Entscheidungen treffen kann: Nehmen Sie sich die Zeit und sprechen Sie mit ihm über Ihre Vorstellungen und Wünsche.
Hier ist eine Checkliste für einen Menschen, den Sie bevollmächtigen wollen. Diese Person sollte unbedingt folgende Eigenschaften erfüllen:
Sie vertrauen ihr voll und ganz.
Sie weiß, welche Wünsche und Vorstellungen Sie haben.
Sie ist gut organisiert und zuverlässig.
Sie ist dazu in der Lage, komplexe Themen z. B. finanzieller Art zu regeln.
Sie lebt in Ihrer Nähe.
Sie hat Zeit, sich auch um Ihre Belange zu kümmern.
Tipp: Sie können auch eine Kontrollperson einsetzen, die den oder die Bevollmächtigten kontrolliert. Dabei handelt es sich meist um einen Anwalt, der Rechnungen und Kontoauszüge oder andere Dokumente anfordert, die die Tätigkeit der Bevollmächtigten nachweisen.
Im Zweifel: Verzichten Sie auf eine Vollmacht innerhalb der Familie
Wenn Sie sich bei der Bevollmächtigung einer Person unwohl fühlen sollten Sie es lassen. Das gilt auch, wenn Sie keinen Angehörigen bevollmächtigen möchten. Eine gute Alternative ist dann die Betreuungsverfügung. In diesem Dokument benennen Sie eine Person, die das Betreuungsgericht im Fall der Fälle zum Betreuer bestellen soll. Der Vorteil: Ein gesetzlicher Betreuer wird immer vom Betreuungsgericht kontrolliert und muss daher alle Entscheidungen sowie Ausgaben genehmigen lassen.
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