"Wofür kämpfen Sie?" – Bildungsministerin bei "Markus Lanz" in Erklärungsnot

Markus Lanz diskutierte mit der Politikerin Anja Karliczek, der Journalistin Elisabeth Niejahr, der Theologin und Autorin Margot Käßmann und dem Lyriker Sebastian Rabsahl. (Bild: ZDF/Screenshot)
Markus Lanz diskutierte mit der Politikerin Anja Karliczek, der Journalistin Elisabeth Niejahr, der Theologin und Autorin Margot Käßmann und dem Lyriker Sebastian Rabsahl. (Bild: ZDF/Screenshot)

Kreuzverhör statt entspanntem Talk: Das Thema Bildungspolitik scheint Markus Lanz besonders am Herzen zu liegen. Im Gespräch mit der neuen Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, ließ der TV-Moderator nicht locker und pochte auf klare Antworten in der Diskussion um den Bildungsnotstand in Deutschland.

Alleingelassene Lehrer, schlechte Sprachkenntnisse, kulturelle Eigenheiten: All das sind keine neuen Probleme im Bildungsbereich. Markus Lanz diskutierte mit seinen mehrheitlich weiblichen Gästen über das brenzlige Thema. Denn im Bildungssystem mangelt es an vielem: Lehrpersonal und Geld sind nur zwei der Ressourcen, von denen es an Deutschlands Kitas und Schulen nicht genügend gibt. Wie können Lehrer wieder mehr mit Unterrichten und weniger mit Erziehen beschäftigt sein, wie das derzeit viele über ihren Beruf berichten? Die Bildungsministerin Anja Karliczek betonte, wie unterschiedlich die Probleme seien und vermittelte bisweilen den Eindruck, dass sie lieber über die Nachfolge von Merkel sprechen würde – zu groß und vielfältig scheinen die Baustellen in ihrem Ressort.

Bildungsministerin plädiert für Freiwilligkeit

Doch Markus Lanz, selbst Vater, ließ nicht locker. Wie soll das Bildungssystem etwa Kinder mitnehmen, die ein Problem mit der deutschen Sprache haben, wollte er von der Ministerin wissen. Etwa durch Kitapflicht ab drei Jahren? Das lehnte Karliczek ab. “Ich denke nicht, dass das die Lösung ist”, sagte sie auf die Nachfragen des Moderators, der wissen wollte, mit welchen Maßnahmen Kindern aus sozial schwachen Schichten geholfen werden soll. “Etwas verpflichtend zu machen, das nicht verpflichtend sein soll, dann haben wir den Kindern nicht geholfen”, argumentierte Karliczek und betonte, dass es sich dabei um ein Angebot handeln soll.

“Wofür kämpfen Sie?”, fragte Lanz die Bildungsministerin Anja Karliczek. (Bild: ZDF/Screenshot)
“Wofür kämpfen Sie?”, fragte Lanz die Bildungsministerin Anja Karliczek. (Bild: ZDF/Screenshot)

Schulpflicht durchsetzen

Und wie sollen Schulen damit umgehen, wenn die Schüler am Freitag dem Unterricht fernbleiben, um stattdessen zum Freitagsgebet zu gehen, sprach Lanz einen weiteren Brennpunkt an. “Wenn wir Schulpflicht haben, müssen wir sie auch durchsetzen”, meinte Karliczek. “Wenn wir Recht nicht durchsetzen, macht hier demnächst jeder, was er will.” Auch die Journalistin und Chefreporterin der “Wirtschaftswoche” Elisabeth Niejahr sieht einen Bildungsnotstand in Deutschland. Dass nun eine Person im höchsten Amt im Bereich Bildung sitzt, die keine klassische Politikerbiografie hat, sondern ihr Wissen aus dem realen Leben schöpft, spricht aus Niejahrs Sicht für die neue Ministerin, die das Amt erst seit März bekleidet und gelernte Bankkauffrau, Hotelfachfrau und Diplom-Kauffrau ist. An Karliczek richtete sie den Wunsch, dass sie “noch stärker Stop schreien” möge angesichts der Missstände im Bildungsbereich. Immerhin sei sie “so etwas wie der Dagobert Duck des Kabinetts”: Ihr Ressort ist mit einem Batzen Geld ausgestattet, doch Zeit hat sie keine. Auch im Hinblick darauf, dass die Regierung nicht besonders fest im Sattel sitze, gelte es, auf Schnelligkeit bei der Umsetzung von geplanten Maßnahmen zu setzen.

Digitalisierung soll Abhilfe schaffen

Die sind dann doch einigermaßen bescheiden. Etwa die “Schul-Cloud”, auf der Schüler und Lehrer miteinander kommunizieren können, “wie eine Whatsapp-Gruppe”, die bis 2020 fertig sein soll. Ob Digitalisierung die vielfältigen sozialen und kulturellen Brennpunkte passend erfassen wird, sei dahingestellt. Doch die Runde war sich einig im Hinblick darauf, dass es einen Schulnotstand gibt, der laufend schlimmer wird. Und die Thematik könnte wichtiger nicht sein, denn Deutschland ist ein alterndes Land. “Wir brauchen jeden Einzelnen von denen”, so Niejahr mit Blick auf die Kinder. Auch damit sich die Prämisse von Autorin Margot Käßmanns Buch weiterhin bewahrheiten kann: “Älterwerden und Glücklichsein schließen sich nicht aus”, argumentiert sie in “Schöne Aussichten”, in dem die Theologin voller Zuversicht auf das Älterwerden blickt.