Anwalt sagt, auf welche Klauseln Verbraucher im Mietvertrag besonders achten sollten

Der Vermieter kündigt, in der Wohnung tauchen Mängel auf oder es gibt andere Probleme: Anwalt Sascha Münch erklärt im Interview, was Mieter unbedingt wissen sollten.

CHIP: Herr Münch, Sie arbeiten als Rechtsanwalt und Experte für Mietrecht bei der Legal-Tech-Kanzlei rightmart. Was sind die häufigsten Anliegen, mit denen Mieter zu Ihnen kommen?

Sascha Münch: Mit Abstand führend in unserer Praxis sind Streitigkeiten um Mietminderungen, die auf Mängeln der Mietsache beruhen. Es geht dabei häufig um Dinge wie Schimmel in der Wohnung oder Heizungsfehler. Für Mieter sind diese Sachverhalte besonders belastend, da sie quasi täglich auf den Missstand in ihrer Wohnung blicken.

Zudem bestehen sehr häufig Unsicherheiten und Fragen zu den Nebenkostenabrechnungen - dicht gefolgt von Auseinandersetzungen wegen Kündigungen und Kautionsrückzahlungen nach Mietende.

Wann lohnt es sich denn, einen Rechtsstreit mit dem Vermieter anzufangen?

Münch: Ob sich ein Rechtsstreit für Mieter lohnt, lässt sich für die Beteiligten in der Regel nicht so einfach beurteilen. Häufig wissen Mieter nicht genau, welche Rechte sie haben oder wie die nächsten Schritte aussehen könnten.

Wir empfehlen daher eine frühzeitige Beratung durch spezialisierte Rechtsanwälte, wenn sich eine Auseinandersetzung nicht im direkten Kontakt mit dem Vermieter einvernehmlich klären lässt.

Im Rahmen der Erstberatung kann besprochen werden, welche Möglichkeiten bestehen und wie die Erfolgschancen aussehen. Nach unserer Erfahrung ist eine realistische Einschätzung also zumeist nur unter Zuhilfenahme juristischer Expertise möglich.

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Ein Wohnblock in Hamburg.
Ein Wohnblock in Hamburg.

Sie sagten eben, viele Mieter kennen ihre Rechte gar nicht. Welche Rechte haben sie denn, wenn es zu Problemen mit der Wohnung kommt?

Münch: Mieter haben das Recht, dass ihre Wohnung in einem vertragsgemäßen - also mangelfreien - Zustand bleibt. Bei Mängeln, die den Wohnwert mindern, können sie zum Beispiel eine Mietminderung fordern.

"Mängel" klingt sehr abstrakt.

Münch: Damit können verschiedene Dinge wie Probleme der Heizung, Feuchtigkeit oder undichte Fenster gemeint sein. Auch Einwirkungen von außen, also etwa Lärm oder unangenehme Gerüche, können den Wohnwert beeinträchtigen.

Mieter haben selbstverständlich das Recht, den Vermieter zur Mängelbeseitigung aufzufordern und bei Verzug unter Umständen sogar Schadensersatz zu verlangen.

Wichtig ist, Mängel umgehend schriftlich zu melden und eine angemessene Frist zur Behebung zu setzen. Wenn der Vermieter dann nicht reagiert, können weitere Schritte wie eine Mietminderung oder eine Ersatzvornahme in Betracht gezogen werden.

Wie sollten Mieter vorgehen, wenn eine Mieterhöhung angekündigt wird?

Münch: Wenn eine Mieterhöhung angekündigt wird, sollten Mieter die formalen und materiellen Anforderungen der Erhöhung prüfen lassen. Denn: Eine Mieterhöhung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen materiell zulässig, etwa wenn sie im Rahmen der gesetzlichen Kappungsgrenze liegt oder nach einer Modernisierung erfolgt.

Nach der sogenannten Kappungsgrenze darf die Miete beispielsweise innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent steigen – in manchen Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten sogar nur um 15 Prozent. Diese Begrenzung soll verhindern, dass Mieter plötzlich mit unverhältnismäßig hohen Mietsteigerungen konfrontiert werden.

Bezüglich der formalen Anforderungen muss der Vermieter ebenfalls einige Voraussetzungen für die Wirksamkeit erfüllen. Zum Beispiel muss die Mieterhöhung schriftlich erfolgen, und der Vermieter muss sie nachvollziehbar begründen, etwa durch einen Verweis auf den örtlichen Mietspiegel oder Vergleichsmieten.

Wenn jemand nicht einverstanden mit der Mieterhöhung ist: Welche rechtlichen Schritte kann er oder sie in die Wege leiten?

Münch: Mieter haben das Recht, die Mieterhöhung innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu prüfen und bei Zweifeln Widerspruch einzulegen oder die Zustimmung zu verweigern. Ein Rechtsanwalt kann in solchen Fällen helfen, die Rechtmäßigkeit der Mieterhöhung zu bewerten und gegebenenfalls rechtlich dagegen vorzugehen.

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Anwalt Sascha Münch erklärt, welche Fehler Mieter vermeiden sollten.
Anwalt Sascha Münch erklärt, welche Fehler Mieter vermeiden sollten.

Themenwechsel: Was sind typische Fehler, die Mieter machen, wenn sie ihren Mietvertrag kündigen oder wechseln wollen?

Münch: Ein häufiger Fehler ist, die Kündigungsfrist nicht korrekt zu berechnen oder die Kündigung nicht formgerecht auszusprechen. Eine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen und eigenhändig unterschrieben sein.

Zudem müssen Mieter darauf achten, ob sie an bestimmte Klauseln im Mietvertrag gebunden sind, wie etwa Renovierungs- oder Schönheitsreparaturen, die nicht immer zulässig sind. Hier können Mieter Aufwand und bares Geld sparen, wenn sich Fehler im Vertrag finden.

Auch die Einhaltung der gesetzlichen Frist von drei Monaten bei einer ordentlichen Kündigung ist entscheidend. Fehler in diesen Bereichen können bei falscher Formulierung der Kündigung dazu führen, dass die Kündigung unwirksam ist und der Mietvertrag fortbesteht.

Es kann aber auch andersrum laufen. Wie sollten sich Mieter verhalten, wenn ihnen der Vermieter kündigt? Manchmal kommt so ein Schreiben ja aus dem Nichts.

Münch: Wenn Mieter eine Kündigung erhalten, sollten sie nicht zögern und umgehend rechtlichen Rat einholen, insbesondere bei einer fristlosen oder außerordentlichen Kündigung. Sie haben das Recht, gegen die Kündigung Widerspruch einzulegen, wenn sie der Meinung sind, dass diese unberechtigt ist.

Es gibt auch spezielle Schutzrechte für Mieter, etwa bei Härtefällen oder wenn der Vermieter den Eigenbedarf nicht ausreichend belegen kann. Ein spezialisierter Anwalt kann die Rechtmäßigkeit der Kündigung überprüfen und gegebenenfalls eine Räumungsklage abwehren.

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Besonders auf die Klauseln zu Renovierungspflichten und Kündigungsfristen sollten Mieter achten.
Besonders auf die Klauseln zu Renovierungspflichten und Kündigungsfristen sollten Mieter achten.

Welche Kosten kommen auf Mieter zu, wenn sie einen Anwalt einschalten?

Münch: Die meisten Anwälte rechnen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ab. Die Kosten für eine anwaltliche Beratung oder Vertretung hängen dann vom Umfang der Angelegenheit und dem Streitwert ab.

Und wenn sich jemand die Kosten nicht leisten kann?

Münch: In diesem Fall gibt es verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung. Dazu zählt beispielsweise die Prozesskostenhilfe, die greift, wenn ein Rechtsstreit unvermeidbar ist und der Mieter über kein ausreichendes Einkommen verfügt.

Zudem können Mieter, die eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, die Kosten oftmals darüber abwickeln. Es lohnt sich, diese Möglichkeit im Vorfeld zu prüfen.

Gibt es Klauseln oder Formulierungen in Mietverträgen, auf die Verbraucher besonders aufpassen sollten?

Münch: Ja, Mieter sollten insbesondere auf Klauseln zu Schönheitsreparaturen, Renovierungspflichten und Kündigungsfristen achten. Oft enthalten Mietverträge starre oder unzulässige Regelungen, die Mieter benachteiligen.

Auch die Vereinbarungen zu Nebenkosten und die Umlage von Modernisierungskosten sollten genau geprüft werden. Einige Klauseln, wie etwa Renovierungsklauseln, die Mieter zu umfassenden Arbeiten verpflichten, sind unwirksam.

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Münch rät Verbrauchern, sich über aktuelle Regelungen zu informieren.
Münch rät Verbrauchern, sich über aktuelle Regelungen zu informieren.

Welche Entwicklungen oder Gesetzesänderungen im Mietrecht sollten Verbraucher Ihrer Einschätzung nach kennen?

Münch: Da gibt und gab es einige. Ein bekanntes Beispiel ist der Mietendeckel, der in Berlin eingeführt wurde. Dieser legte konkrete Höchstgrenzen für die Miethöhe fest, abhängig vom Baujahr der Immobilie und der Ausstattung.

So durften die Mieten beispielsweise zwischen 6,45 Euro und 9,80 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten. Diese Maßnahme sollte den schnellen Anstieg der Mieten eindämmen. Allerdings wurde der Berliner Mietendeckel im April 2021 vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, da er in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes eingriff.

Trotz der Aufhebung des Berliner Mietendeckels gibt es weiterhin regionale Initiativen und Anpassungen im Mietrecht. Eine wichtige Regelung ist die Mietpreisbremse, die bundesweit in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt.

Wie genau funktioniert sie?

Münch: Die Mietpreisbremse begrenzt die Miete bei Neuvermietungen auf maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete, wenn keine Ausnahmen - wie etwa bei erheblichen Modernisierungen - greifen. In einigen Städten und Regionen können außerdem lokale Vorschriften gelten, die zusätzliche Mietobergrenzen festlegen.

Wichtig ist auch das Thema "energetische Sanierung", das immer relevanter wird. Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz verursachen oft Kosten, die auf die Verbraucher umgelegt werden und letztlich zu einer höheren Miete führen.

Das ist unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, jedoch sind die Umlagebeiträge gesetzlich gedeckelt, um Mieter vor übermäßigen Kostensteigerungen zu schützen.

Was ist also Ihre Empfehlung?

Münch: Mieter sollten sich regelmäßig über die spezifischen Regelungen, die in ihrer Region gelten, informieren. Eine verlässliche Informationsquelle sind die Webseiten der örtlichen Mietervereine, die Landesbehörden oder spezialisierte Rechtsanwälte für Mietrecht.

Zudem bietet das Bundesjustizministerium aktuelle Informationen und Gesetzestexte online an. Spezielle Infos zum Mietspiegel finden sich oft auf den offiziellen kommunalen Webseiten.

Sascha Münch.
Sascha Münch.

Sascha Münch ist Rechtsanwalt, Notar a.D. und einer der Geschäftsführer bei rightmart. Er ist Experte für Mietrecht, Arbeitsrecht und Schuldnerberatung. Die Legal-Tech-Kanzlei rightmart kümmert sich schwerpunktmäßig um Verbraucherrechtsanliegen wie Ärger mit dem Vermieter, falsche Bürgergeldbescheide oder Hilfe bei Kündigungen.