Werbung

Wunderwaffe Palina Rojinski als Russland-Expertin unterwegs

Entweder man liebt sie oder man tut es eben nicht. Palina Rojinski, die russisch-deutsche Moderatorin mit den rotblonden Locken, ist nun seit fast zehn Jahren im deutschen Fernsehen zu sehen. Nach dem Confed-Cup 2017 ist sie in diesem Jahr auch für die Weltmeisterschaft im Moderationsteam der ARD. Und dafür bekommt sie nicht nur Lob. Aber was gelingt ihr denn nun wirklich nicht und was kann kaum einer besser als Palina Rojinski?

Palina Rojinski ist in diesem Jahr Teil des ARD-Teams, das über die WM berichterstattet. Foto: SWR / Cornelia Klein
Palina Rojinski ist in diesem Jahr Teil des ARD-Teams, das über die WM berichterstattet. Foto: SWR / Cornelia Klein

Palina bleibt Palina – diese Moderatorin gibt es nur einmal

Einmalig an der 33-Jährigen: Sie hat sich ihr MTV-Wesen erhalten. Als Co-Moderatorin von Joko und Klaas bei MTV Home hat sie 2009 ihre Fernsehkarriere gestartet. Dafür brachte sie viele Eigenschaften mit, die den meisten MTV- und Viva-Moderatoren eigen sind: Sie war frisch, nicht auf den Mund gefallen, konnte über sich selber lachen und war sich für wenig zu schade. Auch neun Jahre später hat sie diese Talente nicht verloren – so jemanden gibt es auf den öffentlich-rechtlichen Sendern so gut wie nie.

Belächelt und sogar beschimpft wurde Rojinski vor allem für ihren Beitrag nach der Eröffnungsfeier als sie im berühmten Gorki-Park in Moskau verzweifelt auf der Suche nach feiernden Fans war. Das Problem: Es regnete und Rojinski traf nahezu niemanden. Mit betont guter Laune hüpfte die Moderatorin deshalb durch den Regen, witzelte über das Wetter – und versuchte das Beste aus ihrer Sache zu machen. Erkenntniswert: null. Aber was soll eine auch tun, wenn der Auftrag der Redaktion lautet: Such im Gorki-Park feiernde Menschen. Rojinski tat was sie tun konnte – drei Minuten über ihre Situation lachen und die Peinlichkeit überspielen. Mehr konnte man kaum erwarten.

Palina Rojinski ist verzweifelt: Keiner will mit ihr sprechen. Sie versucht das Beste aus ihrer Situation zu machen. Foto: Screenshot / ARD
Palina Rojinski ist verzweifelt: Keiner will mit ihr sprechen. Sie versucht das Beste aus ihrer Situation zu machen. Foto: Screenshot / ARD

Palina als Fußball-Expertin – wohl kaum

Eins steht fest: Palina Rojinski ist nicht als Fußball-Expertin für die ARD nach Russland geschickt worden. Deswegen beantwortet sie zur Eröffnungsfeier Fragen wie: “Warum können sich die Zuschauer freuen, nach Russland zu kommen? Was erwartet sie während dieser WM?” Und darauf kann die geborene Sankt-Petersburgerin (ehemals Leningrad) antworten: “Generell erwartet die Leute, die nach Russland kommen, eine große Überraschung, dass die Menschen total freundlich sind und dass hier alles sehr modern ist.”

Für solche Allgemeinplätze erntet Rojinski viel Kritik, trifft damit aber eigentlich den Nagel auf den Kopf. Denn viele Menschen sind immer noch überrascht, wenn sie in die Länder der ehemaligen Sowjetunion reisen, dass hier nicht die Zeit stehen geblieben ist, sondern diese ebenso im 21. Jahrhundert angekommen sind wie Europa. In kleinen Einspielern stellt Rojinski nicht nur den Gorki-Park im Laufe der WM vor, sondern beispielsweise auch die russische Metro, die berühmt ist für ihre tiefen Zugänge und ihre kunstvoll gestalteten Bahnhöfe.

Fußballerisches Wissen wird in ARD und ZDF schon von den zahlreichen Praxis-Experten wie Christoph Kramer und Oliver Kahn verbreitet, aber auch von Journalisten wie Katrin Müller-Hohenstein und Gerhard Delling. Zusätzlich kam Sportjournalistin Laura Wontorra am Sonntag nach Russland geflogen. Expertise gibt es also genug, kein Grund noch mehr aufzufahren.

Palina Rojinski – was macht sie denn nun eigentlich in Russland?

Wenn sie also keine Fußball-Expertin ist: Was macht sie dann eigentlich in Russland zur WM?

Sie stellt das Land vor. Russland ist ein Land der Kontroversen. Auf der einen Seite gibt es eine Bevölkerung, die zwischen Tradition und Aufbruch schwankt, die gastfreundlich ist, trotz eines großen Nationalstolzes. Auf der anderen Seite gibt es eine Regierung, die gerade einen Krieg mit der Ukraine führt, der vorgeworfen wird, die Krim annektiert zu haben und sich auf der falschen Seite im Syrien-Krieg zu engagieren.

Palina Rojinski und Udo Lielischkies vor dem Kreml an der Stelle, an der der Oppositionelle Boris Nemzow ermordet wurde. Foto: Screenshot / ARD
Palina Rojinski und Udo Lielischkies vor dem Kreml an der Stelle, an der der Oppositionelle Boris Nemzow ermordet wurde. Foto: Screenshot / ARD

So ein Land lässt sich nicht in drei-minütigen Einspielern über die U-Bahn vorstellen. Und genau hier liegt der Fehler von Rojinskis Kritikern: Denn genau das hat die ARD auch nicht gemacht. Es gibt drei Reportagen von insgesamt zwei Stunden über Russland und die Spielstätten der WM, in denen Rojinski mit Russland-Experte Udo Lielischkies das Land ihrer Eltern erkundet. Dabei besucht Rojinski Sotschi und badet in derselben Wanne, in der schon der ehemalige Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion Leonid Breschnew lag. Aber sie geht mit Lielischkies auch zu dem Ort, an dem der Oppositionsführer Boris Nemzow ermordet wurde, direkt gegenüber des Kreml.

Die beiden gehen zu einer Pelmeni-Manufaktur, probieren traditionelle Kleidung an, besuchen einen Schwulenclub, eine Fischerei, fahren auf eine Datsche von Lielischkies Freund und grillen, trinken Wodka, besuchen eine Frau, die mit drei Kindern im 14. Stock eines der vielen Hochhäuser in Russlands Städten bewohnt, treffen Kosaken, Balletttänzerinnen, Traktorrennenfahrer und viele mehr.

Kurz: In zwei Stunden ist Zeit, ein kontroverses Land zumindest an der Oberfläche vorzustellen – in sehr vielen seiner Facetten. Rojinski besucht auch ihre Großmutter, die immer noch in Sankt Petersburg lebt, ein intimer Moment, an dem Rojinski bald die Fernsehkameras ausschließt. Und es ist eine gute Reportage, die dadurch belebt wird, dass Rojinski die Schönheiten des Landes anpreist und Lielischkies auch die Kehrseiten der Medaille aufzeigt.

Fazit für Rojinski

Palina Rojinski ist ein Glücksfall für die ARD. Sie ist quirlig und temperamentvoll, aber nicht doof. Sie stellt ihr Land vor, so wie sie es kennengelernt hat und wie sie darüber gelesen hat, wie eine Freundin, die mit dir eine Stadtführung macht. Dabei ist es nicht ihre Aufgabe, politisch einzuordnen oder die Spiele zu bewerten. Die zweisprachige Moderatorin geht ohne Scheu und offen auf die Menschen zu, sie unterhält sich mit ihnen, stellvertretend für viele Fernsehzuschauer, die nicht in Russland sein können. Und das passt.