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"Yin und Yang haben sich gefunden"

Der eine wurde als Rocker berühmt, der andere ist der Charmeur vom Dienst: Jetzt haben sich Charlie Hunnam und Hugh Grant für einen ganz besonderen Gangsterfilm zusammengetan. Auch im Interview beweisen die beiden Hollywoodstars, dass die Chemie zwischen ihnen stimmt.

"The Gentlemen" (Kinostart: 27. Februar) ist ein Gangsterfilm, wie ihn wohl nur Guy Ritchie machen kann. Eine clevere, dreckige Story über einen Drogenbaron, der sein Marihuana-Imperium verkaufen will und allerlei Neider auf den Plan ruft. Seine rechte Hand Ray, gespielt von Charlie Hunnam, soll ihm dabei helfen. Doch der schmieriger Privatermittler Fletcher (Hugh Grant) will selbst ein Stück vom millionenschweren Kuchen - und heckt einen Plan aus, um Ray und seinen Boss zu erpressen. Und so entspinnt sich ein kammerspielartiges Duell zwischen Flechter und Ray, das den Rahmen bildet für Ritchies stlylishe Gangstermär. Hugh Grant beweist dabei, dass er weit mehr kann als romantische Komödien, und Charlie Hunnam, dass in ihm ein wahrer Charakterdarsteller schlummert. Im Interview sprechen Grant (59) und Hunnam (39),

Was einen Gentleman ausmacht

teleschau: Mr, Grant, Mr. Hunnam: Was macht in Ihren Augen einen echten Gentleman aus?

Hugh Grant: Ein Gentleman schlägt in die Luft, aber niemals zu.

Charlie Hunnam: Ich denke, ein Gentleman strebt danach, bei jeder Gelegenheit das Richtige zu tun - wie eine Dame eben auch. Mein Bauchgefühl sagt mir immer, was richtig und was falsch ist. Manchmal ist es unpraktisch oder erfordert Mut, und manchmal gibt es eine Vielzahl von Gründen, nicht das Richtige zu tun.

teleschau: Wie war es, in diese vulgäre und gewalttätige Welt einzutauchen, die Guy Ritchie erschaffen hat?

Grant: Ich habe fünf kleine Kinder. Es war eigentlich wie mein tägliches Leben zu Hause (lacht).

teleschau: Habe Sie Tricks von Guy Ritchie gelernt, die Sie bei Ihren Kindern anwenden könnten?

Grant: Ja, Gewalt! (lacht)

teleschau: Mr. Grant, Sie spielen im Film einen Privatermittler. Mit Privatdetektiven haben Sie ja so Ihre Erfahrung, nachdem Sie vor einigen Jahren Opfer von Boulevardjournalisten wurde, die Sie bespitzelt haben ...

Grant: Oh ja! Durch meine Kampf, den ich seit acht Jahren führe, kenne ich viele dieser Privatdetektive persönlich. Darunter die, die mein Telefon abgehört und meine medizinischen Unterlagen geklaut haben. Und sogar die, die in meine Wohnung eingebrochen sind. Viele von ihnen waren zwischenzeitlich im Gefängnis und sind jetzt auf ihre Chefs sauer, weil die nicht bestraft wurden. Nun wollen sie mithelfen, die auch hinter Gitter zu bringen. Ein Kumpel hat einige dieser Männer sogar zu meiner Geburtstagsparty eingeladen. Er kam auf mich zu und sagte: "Hast du schon Joe kennengelernt? Er war derjenige, der 1995 in deine Wohnung eingebrochen ist!" Ich lächelte und begrüßte Joe mit den Worten: "Willkommen auf meiner Party. Bedienen Sie sich selbst, wenn Sie einen Drink wollen, Sie wissen ja, wo alles steht!"

teleschau: Sind Sie jemand, der leicht vergeben kann?

Grant: Sieht ganz so aus!

teleschau: Mr. Hunnam, woher nahmen Sie die Inspiration für Ihre Rolle?

Hunnam: Guy Ritchie ist für mich ein sehr persönlicher Filmemacher. Viel von dem, was ihn selbst ausmacht, steckt in seinen Filmen. Er schreibt Dialoge so, wie er sie spricht. Deshalb liegt über jedem Guy-Ritchie-Film sein Schatten. Es hat keinen Zweck, dass wir Schauspieler das leugnen, also geben wir uns ihm hin. Ich habe Schauspieler gesehen, die am Set waren und versuchten, ihr eigenes Ding durchzuziehen, doch das funktioniert nicht. Schon gar nicht für Guy Ritchie. Er weiß ganz genau, was er will. Das kann sich zwar von einer Sekunde auf die andere ändern, aber auch dann weiß er, was er will.

teleschau: Nach "King Arthur: Legend of the Sword" ist "The Gentlemen" der zweite Film, den Sie mit Guy Richtie gedreht haben ...

Hunnam: Richtig. Der erste war eine komplette Katastrophe, deshalb wollten wir es noch mal miteinander versuchen (lacht).

"Yin und Yang haben sich gefunden"

teleschau: Sie beide haben anscheinend eine tolle Chemie vor der Kamera.

Grant: Stimmt! Der eine, der nicht aufhören kann zu plappern und sicherlich nicht so hart ist, wie er denkt, und der andere, der seinen Mund nicht aufkriegt, dafür aber sicherlich total gefährlich ist. Yin und Yang haben sich gefunden!

teleschau: Mr. Grant, Ihre Rolle ist nicht unbedingt typisch für Sie. Sogar Ihre Stimme klingt anders...

Grant: Eigentlich wusste ich schon immer, dass ich solche bösen Rollen gut spielen könnte, nur hat sie mir bis jetzt keiner angeboten. Und nach dem Erfolg von "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" habe ich nur noch Dollarzeichen gesehen. (lacht) Deshalb dachte ich mir, es wäre eine gute Idee, so eine Rolle gleich zwanzigmal hintereinander zu spielen. Wahrscheinlich ist es also meine eigene Schuld, dass ich immer dieselben Angebote bekam. Als ich jetzt das Drehbuch las, wollte ich unbedingt den Privatdetektiv spielen. Daraufhin hatte ich eine lange Diskussion mit Guy Richtie, ob die Zuschauer mir nach all den romantischen Komödien das abnehmen würden - oder ob sie das lächerlich fänden.

teleschau: Und das Ergebnis war?

Grant: Ritchie bot mir die Rolle an. Doch ich wollte sie nicht annehmen, ohne vorzusprechen. Gesagt, getan. Ich habe mich selbst mit meinem iPhone gefilmt, verschiedene Varianten von Fletcher aufgenommen und sie Guy geschickt. Er dachte, dass es funktionieren würde, also habe ich den Sprung gewagt.

teleschau: Also ist Fletcher sozusagen Ihre eigene Schöpfung?

Grant: Ich würde sagen, ja. Wir probten nicht am Filmset, wir tauchten auf und hofften auf das beste Ergebnis (lacht). Was mir aber ganz besonders wichtig war: Fletchers Look. Ich wollte wie ein schmieriger Süd-Londoner Federico Fellini aussehen.

teleschau: Ist das überraschende Ende des Films so, wie Sie sich das vorgestellt haben?

Hunnam: Keine Ahnung, ich habe den Film noch nicht gesehen (lacht). Wir haben zwei komplett unterschiedliche Schlussvarianten gedreht. Im Schnittraum geht es immer ziemlich dramatisch zu - bei einem Guy Ritchie Film noch viel dramatischer!

Grant: Wirklich, Ihr habt zwei verschiedene Enden gedreht?

teleschau: Haben Sie den Film gesehen, Mr. Grant?

Grant: Oh ja (lacht).

teleschau: Mr. Hunnam, schauen Sie sich Ihre eigenen Filme nie an?

Hunnam: Ich habe bis zu den Weihnachtsferien in Indien gearbeitet. Dann hatte ich erst mal Urlaub.

Grant: Das glaube ich nicht. Ich habe viel über dich gelernt in der Zeit, in der wir zusammen Interviews geben. Du schaust dir deine eigenen Filme nicht an?!

Hunnam: Okay, ertappt! Bis vor Kurzem hab ich das tatsächlich nicht (lacht). Aber ich habe damit angefangen, und ich freue mich darauf, diesen Film zu sehen. Doch ich möchte ihn mir mit einem Publikum in einem normalen Kino anschauen.

teleschau: Wie haben Sie es geschafft, am Set ein ernstes Gesicht zu behalten - viele Ihrer Dialoge sind zum Kreischen!

Hunnam: Hugh und ich haben ein ähnliches Angstgefühl, wenn wir am Set sind. Ich finde das Ganze furchtbar stressig. Es ist nicht wirklich so, als ob wir uns an der Schwelle vor einem Lachanfall befinden. Wir stehen eher kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

teleschau: Wieso das?

Grant: Nun, alle Dreharbeiten sind beängstigend, aber vor allem die Dreharbeiten mit Guy Ritchie. Sie wissen nie, wann er Ihnen plötzlich den Teppich unter den Füßen wegzieht und Ihnen drei neue Dialogseiten aufbrummt.

teleschau: Und, hat er Ihnen den Teppich weggezogen?

Grant: Das hat er. Einmal ging an mir vorbei und flüsterte in mein Ohr: "Du bist mit deiner Stimme eine Oktave höher gegangen, Kumpel." Mein Puls fing sofort an zu rasen und mein Herz zu klopfen: "Ich habe was gemacht?" "Deine Stimme ist eine Oktave höher als zuvor." "Wie lange habe ich das schon gemacht?" Und er meinte lässig: "Ich glaube, die letzten zwei Tage." Das war ein schrecklicher Moment, an den ich noch lange zurückdenken werde. Ich sagte ihm, dass ich jetzt auf keinen Fall weiterdrehen könne. Er setzte eine Pause für alle an. Guy und ich verzogen uns und schauten uns die kompletten Aufnahmen der letzten zwei Tage an, um zu entscheiden, ob meine Stimme tatsächlich eine Oktave höher war oder nicht.

telschau: War sie das?

Grant: Ich muss gestehen, ich bin mir bis heute nicht sicher. Wir haben ein paar Dialoge noch al gedreht, aber ich glaube, nur weil wir beide paranoid waren.

Die Chemie stimmt

teleschau: Und wieso sind die Dreharbeiten so stressig für Sie, Mr. Hunnam?

Hunnam: Es ist toll, wenn ich mich in der Sicherheit meiner eigenen vier Wänden auf einen Charakter vorbereiten kann. Doch wenn ich dann am Set stehe und eine Kamera ein paar Zentimeter von mir entfernt ist, dann ist das Stress pur. So viele Ideen - und so wenig Zeit. Ich will immer das Beste geben. Vielleicht sollte ich ohne zu große Ansprüche an mich selbst am Set erscheinen, das wäre besser. Je öfter ich drehe, desto lockerer werde ich, aber ich finde das Ganze noch immer ziemlich stressig.

teleschau: Glauben Sie, dass Sie deshalb den fertigen Film am Ende vielleicht nicht anschauen wollen?

Hunnam: Ich stand jahrelang für die Serie "Sons of Anarchy" vor der Kamera. Da ist es so: Der Regisseur einer Folge hat höchstens viereinhalb Tage, um nach Dreh eine Episode zu bearbeiten. Dann bekommt der Showrunner zwei Tage, um das Ganze zu schneiden. Auch wenn beide die besten Absichten haben, haben sie nicht die Zeit, sich jede Szene eines Darstellers anzusehen, um die beste Leistung herauszufiltern. Sie schneiden genau so, wie es im Drehbuch steht. Das war eine sehr unbefriedigende Erfahrung für mich. Man wird dann mit sich selbst unzufrieden und glaubt, man hätte es besser machen können. Und ich kann Ihnen versichern, das fühlt sich nicht gut an. Deshalb lieber nicht anschauen, dann kommen keine Selbstzweifel auf.

Grant: Du kannst dir "The Gentlemen" ruhig anschauen, du bist toll!

Hunnam: Vielen Dank!