"Wie im Zauberer von Oz": Los Angeles versinkt im Chaos

"Wie im Zauberer von Oz": Los Angeles versinkt im Chaos

Seit mehreren Tagen wüten in Los Angeles mehrere verheerende Waldbrände, die von starken Santa-Ana-Winden angefacht werden. Laut Cal Fire, der Abteilung für Forstwirtschaft und Feuerschutz, sind derzeit fünf Brände in Los Angeles County aktiv.

Der Behörde zufolge konnte beim größten Brand, dem "Palisades Fire", bereits 8 Prozent des Feuers eingedämmt werden. Beim zweitgrößten Brand, dem "Eaton Fire", hingegen sind bislang noch keine Fortschritte bei der Eindämmung zu verzeichnen.

Das Palisades-Feuer hat im Stadtteil Pacific Palisades in Los Angeles am Donnerstag, den 9. Januar 2025, ein Wohnviertel verwüstet.
Das Palisades-Feuer hat im Stadtteil Pacific Palisades in Los Angeles am Donnerstag, den 9. Januar 2025, ein Wohnviertel verwüstet. - Damian Dovarganes/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.

Rund 180.000 Menschen wurden bereits zur Flucht gezwungen. Für Tausende weitere besteht die Gefahr, dass sie in der nahen Zukunft auch zu ihrer Sicherheit ihre Häuser verlassen müssen.

WERBUNG

Euronews hat mit der US-amerikanischen Musikerin Elohim gesprochen. Aus Angst vor den Flammen hat sie bereits vor mehreren Tagen alles zurückgelassen und ist in das über zwei-Autostunden entfernte Palm Springs geflohen.

Elohim ist in Los Angeles aufgewachsen, Waldbrände sind für sie somit nichts Neues. Allein im Jahr 2023 wüteten Cal Fire zufolge über 7.100 Brände im westlichen Küstenstaat Kalifornien. Als Elohim von den Bränden hörte, war sie vorerst nicht sonderlich besorgt und plante, den Tag im Studio zu verbringen.

Mit Kollegen aus Deutschland, die das erste Mal in den USA waren, arbeitete sie an neuer Musik, bis sie neben den Anrufen ihrer Nachbarn und Eltern auch Warnmeldungen auf ihr Handy erhielt. "Die beiden Jungs aus Deutschland waren total irritiert, dass ich nicht panisch war. Wenn man hier aufwächst, sind Waldbrände nichts Außergewöhnliches", erklärt die Musikerin gegenüber Euronews.

"Um 19:30 ist dann der Strom ausgefallen. Das hat mich schon beunruhigt, denn das passiert normalerweise nicht", merkt Elohim an und ergänzt, dass sie daraufhin nach Hause gefahren sei. Die Musikerin wohnt am unteren Ende von Topanga, bei den Santa-Monica-Bergen.

"Die Fahrt nach Hause auf dem 101er Freeway fühlte sich an wie eine Szene aus 'Der Zauberer von Oz'. Trümmer flogen durch die Luft, zwei Spuren waren unbenutzbar, überall Chaos – surreal ist gar kein Ausdruck", erinnert sich Elohim.

Bäume schwanken bei starkem Wind, während das Eaton-Feuer am Mittwoch, 8. Januar 2025, in Altadena, Kalifornien, Gebäude abbrennt.
Bäume schwanken bei starkem Wind, während das Eaton-Feuer am Mittwoch, 8. Januar 2025, in Altadena, Kalifornien, Gebäude abbrennt. - Ethan Swope/Copyright 2025 The AP. All rights reserved

Als sie im Auto saß und die Verwüstung sowie die Flammen sah, wurde ihr klar, dass diese Brände mit nichts zu vergleichen waren, was sie zuvor erlebt hatte.

"Das Feuer kam immer näher"

Als sie zu Hause ankam, merkte sie, dass sie auch dort keinen Strom hatte. "Ich hatte auch keinen Empfang. Ich konnte Rauch riechen, wusste aber nicht, was los war und wie nah die Brände waren", erzählt Elohim. Sie verbrachte die Nacht zu Hause und entschloss sich am folgenden Morgen, zu flüchten. "Ich konnte vor Sorge die ganze Nacht nicht schlafen."

WERBUNG

"Das Feuer kam immer näher. Es roch so sehr nach Rauch. Jedes Mal, wenn ich einatmete, musste ich husten", erzählt die Musikerin. "Ich habe ein paar Festplatten mit den wichtigsten Sachen und meinen Computer eingepackt und mich auf den Weg nach Palm Springs gemacht."

Auf dem Weg sah sie sieben Lastwagen, die am Straßenrand umgekippt waren. "Das war super gruselig. Ich weiß nicht, warum die LKWs am Straßenrand lagen und zurückgelassen wurden."

Umgekippte LKWs am Straßenrand.
Umgekippte LKWs am Straßenrand. - Elohim

"Dann bin ich durch das Feuer in Altadena gefahren. Das war der Wahnsinn. Der Himmel war einfach schwarz und orange. Es sah aus wie die Apokalypse. Einfach unvorstellbar. Dabei wurde mir erneut klar, dass diese Feuer anders waren als alle, die ich bisher erlebt hatte." Was sie bei der Fahrt gesehen hatte, erinnerte sie an Szenen, die man aus apokalyptischen Filmen kennt.

Elohim erinnert sich an das Woolsey-Feuer im Jahr 2019, bei dem drei Menschen ums Leben kamen. Dabei wurden 39.234 Hektar Land zerstört. Dennoch hat sich das Feuer damals nicht so intensiv auf die Wohnviertel ausgebreitet wie die jetzigen. Die aktuellen Brände haben sich schnell auf Wohngebiete ausgebreitet, sodass hunderte Menschen ihre Häuser verloren haben.

WERBUNG

Obwohl sie nicht mehr in Los Angeles ist, verfolgt Elohim trotzdem die neuesten Updates zu den Bränden. Doch das ist Elohim zufolge gar nicht so einfach. "Wir haben uns alle ein bisschen verloren gefühlt, was das angeht.

Dann haben wir eine App namens 'Watch Duty' entdeckt, die ein wenig Licht ins Dunkle gebracht hat", erklärt Elohim. Die App und Website zeigen die aktuelle Lage der Brände auf einer Karte. So können Anwohner sehen, wie weit die Feuer von ihren Häusern entfernt sind und ermitteln, ob sie in Gefahr sind.

Ein Hubschrauber wirft am Dienstag, 7. Januar 2025, im Stadtteil Pacific Palisades von Los Angeles Wasser auf das sich ausbreitende Palisades-Feuer.
Ein Hubschrauber wirft am Dienstag, 7. Januar 2025, im Stadtteil Pacific Palisades von Los Angeles Wasser auf das sich ausbreitende Palisades-Feuer. - Ethan Swope/Copyright 2025 The AP. All rights reserved

Related

"Dann ist man natürlich auch in ständiger Kommunikation mit Freunden und Bekannten, von denen man unterschiedliche Informationen erhält." Eine Berichterstattung in dieser Form wünscht sich die Künstlerin auch von Nachrichtensendern. "Sie sollten über die Evakuierungen berichten und den Menschen sagen, wohin sie gehen sollen. Ich habe das Gefühl, stattdessen sieht man nur Chaos und brennende Gebäude."

WERBUNG

"Es ist ein weiteres Feuer ganz in der Nähe meines Hauses ausgebrochen", sagt Elohim. Bislang hat das Feuer ihr Haus nicht erreicht. Um die Lage im Auge zu behalten, hat Elohim Kontakt mit ihren Nachbarn aufgenommen, die sie auf dem Laufenden halten.

Obwohl es ihr schwerfällt, bereut sie ihre Entscheidung, nach Palm Springs geflüchtet zu sein, nicht. "Als ich dort ankam, hatte ich das Gefühl, dass ich buchstäblich wieder atmen konnte." Auch mit ihrer Rückkehr will die Künstlerin warten, bis die Brände unter Kontrolle sind.