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ZDF-Doku: Deutsches Paar reiste in den Krieg - um sein Kind von der Leihmutter abzuholen

Weil Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, greifen viele Paare mit Kinderwunsch auf Angebote in der Ukraine zurück. Eine ZDF-Dokumentation zeigte nun, wie der Krieg das Geschäft mit der Schwangerschaft verändert hat.

Beim ersten Familienspaziergang mit Tochter Lena schlenderten Doreen und Sven an mit Sandsäcken befestigten Gebäuden vorbei. (Bild: ZDF/Bettina Wobst)
Beim ersten Familienspaziergang mit Tochter Lena schlenderten Doreen und Sven an mit Sandsäcken befestigten Gebäuden vorbei. (Bild: ZDF/Bettina Wobst)

"Ich hatte den ersten Nervenzusammenbruch meines Lebens", erinnerte sich die 36-jährige Doreen an den Moment, als sie zum ersten Mal vom Ausbruch des Krieges in der Ukraine gehört hat. "Ich habe mir die schlimmsten Sachen ausgemalt und dachte: Wir werden nie unser Kind holen können, wir werden nie in das Land reisen können."

Ausgerechnet im kriegsgebeutelten Land sollte für Doreen und ihren Partner Sven ein Herzenswunsch in Erfüllung gehen. Die Ukraine sei "ihre letzte Hoffnung auf ein eigenes Kind" gewesen, erzählte das Paar aus dem sächsischen Neukirchen in der am Dienstagabend ausgestrahlten "37°"-Dokumentation "Unser Wunschkind und der Krieg - Leihmutterschaft in der Ukraine". Und tatsächlich: Lena, die kleine Tochter der beiden, wurde gesund geboren. Zur Welt gebracht hat sie Anna, eine ukrainische Leihmutter - während des Krieges.

Ukraine als letzte Hoffnung

Wie Sven und Doreen im bewegenden ZDF-Film berichteten, versuchten sie nach sechs erfolglosen künstlichen Befruchtungen 2021 ihr Glück mit Leihmutterschaft, die in der Ukraine (im Gegensatz zu Deutschland) legal und (im Gegensatz zu den USA) finanziell tragbar ist. Etwa 45.000 Euro zahlen ungewollt Kinderlose im Schnitt für eine ukrainische Leihmutterschaft. In den Vereinigten Staaten belaufen sich die Kosten häufig auf Summen im dreistelligen Bereich.

Olena erklärte, gerne Leihmutter zu sein - auch während des Krieges. (Bild: ZDF/Bettina Wobst)
Olena erklärte, gerne Leihmutter zu sein - auch während des Krieges. (Bild: ZDF/Bettina Wobst)

Traumjob oder traumatische Erfahrung?

Vier Wochen lang mussten Sven und Doreen nach der Geburt ihrer Tochter in der Ukraine bleiben. Während wenige Kilometer entfernt Bomben einschlugen, war das deutsche Paar mit Behördengängen beschäftigt. Auch die Filmemacherin Bettina Wobst reiste für ihre Dokumentation mit in die Ukraine. Sie zeigte die junge Familie beim ersten gemeinsamen Spaziergang, der an Sandsäcken vorbeiführte. Im Hintergrund war ein Sirenenalarm zu hören.

So absurd derartige Bilder auch anmuteten: Sven und Doreen erklärten, das Risiko gerne in Kauf zu nehmen. "Viele haben gefragt, warum gebt ihr nicht auf? Aber wir konnten nicht. Wir haben uns so sehr ein Kind gewünscht!", beteuerte Doreen. Wie der Film zeigte, ist die kommerzielle Schwangerschaft aus Sicht vieler Leihmütter ein Segen.

"Mir macht es einfach Freude, Paaren, die kinderlos sind, ein Baby zu schenken. Und ich kann damit meiner eigenen Familie helfen und uns etwas aufbauen", sagte beispielsweise Olena, die während den Dreharbeiten ebenfalls gerade ein Kind für deutsche Eltern austrug. Für sie sei die Leihmutterschaft eine willkommene Gelegenheit, die eigene Familienkasse aufzustocken.

Vier Wochen mussten Sven und Doreen warten, bis sie mit ihrer Tochter aus der Ukraine ausreisen durften. (Bild: ZDF/Bettina Wobst)
Vier Wochen mussten Sven und Doreen warten, bis sie mit ihrer Tochter aus der Ukraine ausreisen durften. (Bild: ZDF/Bettina Wobst)

"Einige Frauen haben im Keller entbunden"

Doch nicht alle Leihmütter, die Wobst in ihrem Film zu Wort kommen ließ, waren so glücklich wie Olena. Viktoria etwa erzählte, ihre Entscheidung zutiefst zu bereuen. Während sie das Kind eines deutschen Paares zur Welt brachte, wurde ihr Heimatland mit Raketen angegriffen.

Sieben Tage musste sie danach noch mit dem Neugeborenen verbringen, da es aufgrund des Krieges nicht möglich war, das Kind früher abzugeben. "Ich wollte zu meiner Tochter. Als der Sirenenalarm einsetzte, haben sie uns in den Keller gebracht. Dort war es sehr unheimlich und es war nichts vorbereitet. Einige Frauen haben im Keller entbunden, das war sehr beängstigend."

Eine ukrainische Leihmutter sei
Eine ukrainische Leihmutter sei "ihre letzte Hoffnung auf ein eigenes Kind" gewesen, erzählte Doreen. (Bild: ZDF/Bettina Wobst)

Sie habe die ganze Zeit geweint, erinnerte sich die 30-Jährige. Nichtsdestotrotz habe sie während ihres Krankenhausaufenthaltes versucht, die Wunscheltern ihres Leihbabys per Telefon zu beruhigen. Ein durch und durch traumatisches Erlebnis, das Viktoria zu einem glasklaren Entschluss bewegt hat: Sie will nie wieder Leihmutter sein.

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