„Nicht die Zeit am Stuhl zu kleben“ - Lesen Sie hier Langs und Nouripours Statement zum Grünen-Beben im Wortlaut

Ricarda Lang (r) und Omid Nouripour, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen<span class="copyright">Michael Kappeler/dpa</span>
Ricarda Lang (r) und Omid Nouripour, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die GrünenMichael Kappeler/dpa

Politisches Erdbeben am Mittwoch! Der Bundesvorstand der Grünen tritt nach den jüngsten Wahlpleiten in Sachsen, Thüringen und Brandenburg geschlossen zurück. Lesen Sie hier das Statement im Wortlaut.

Omid Nouripour: „Das Wahlergebnis am Sonntag in Brandenburg ist ein Zeugnis der tiefsten Krise unserer Partei seit einer Dekade. Es ist notwendig, und es ist möglich, diese Krise zu überwinden. Dabei geht es nicht um das Schicksal einer Partei allein, es geht um die fundamentale Frage, ob in Zukunft in Deutschland, dem Land mit der größten Verantwortung in der Europäischen Union, es weiterhin möglich ist, gute Politik zu machen – für Frieden, für Freiheit, für Gerechtigkeit, für Wohlstand und für Klimaschutz. Dafür braucht es Veränderungen.

Unsere Partei hat uns das Vertrauen geschenkt, sie als Vorsitzende zu führen. Das ist Ehre, Privileg und Verpflichtung zur Verantwortung zugleich. Wir übernehmen diese Verantwortung. Wir haben in den letzten Tagen im Bundesvorstand gemeinsam und intensiv darüber beraten, welche Veränderungen es braucht, und sind zu einem Ergebnis gekommen: Es braucht einen Neustart. Wir haben heute im Bundesvorstand entschieden, dass es Zeit ist, die Geschicke dieser großartigen Partei in neue Hände zu legen, und bitten deshalb Bündnis 90/Die Grünen, unsere geliebte Partei, auf dem anstehenden Parteitag in Wiesbaden einen neuen Vorstand zu wählen.“

Ricarda Lang zum Grünen-Beben: „Jetzt ist nicht die Zeit am eigenen Stuhl zu kleben“

Ricarda Lang: „Es braucht neue Gesichter, um die Partei aus dieser Krise zu führen. Sie können sich vorstellen, dass diese Entscheidung nicht leicht fällt, aber wir treffen sie aus Überzeugung. Sie kann ein Baustein für die strategische Neuausrichtung dieser Partei sein, und diese ist notwendig, denn die Bundestagswahl im nächsten Jahr ist nicht einfach irgendeine Wahl. Wir entscheiden darüber, wie sich Deutschland in Zukunft entwickelt, und ein bisschen auch darüber, wer dieses Land eigentlich sein will. Ein Land, in dem wir den Kurs der Klimaneutralität halten und Wohlstand und Zusammenhalt sichern – heute und morgen. Oder landen wir bei denen, die nur Rückschritt wollen? Wir entscheiden auch darüber, welche Rolle Bündnis 90/Die Grünen in Zukunft in einem Parteiensystem einnehmen wird, das sich gerade fundamental verändert, wie wir es in vielen anderen europäischen Ländern schon gesehen haben.

Wir wollen, dass unsere Partei mit größtmöglicher Stärke in den Wettbewerb um die Zukunft des Landes und die Zukunft Europas eintritt. Jetzt ist nicht die Zeit, um am eigenen Stuhl zu kleben; jetzt ist die Zeit, Verantwortung zu übernehmen, und wir übernehmen diese Verantwortung, indem wir einen Neustart ermöglichen. Ich – und wir – sind unfassbar stolz darauf, was wir in den letzten Jahren mit diesem Bundesvorstand erreicht haben. Wir haben in schwierigen Zeiten Kurs gehalten und die Partei immer wieder zusammengeführt. Was heißt das jetzt ganz konkret? Der gesamte Bundesvorstand legt mit Wirkung zum Parteitag in Wiesbaden sein Amt nieder, und bis dahin führen wir die Geschäfte. Ich möchte an dieser Stelle einen ganz besonderen Dank aussprechen, und zwar an die großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Hauses, die mit hoher Expertise und riesigem Einsatz an grüner Politik für dieses Land arbeiten. Es war mir – es war uns – eine große Ehre, dieser Partei zu dienen. Vielen Dank.“