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Köln-Geiselnehmer hätte vielleicht abgeschoben werden können

Spurensicherung der Polizei in der Apotheke im Hauptbahnhof, in der sich zuvor eine Geiselnahme ereignet hatte. Vorn an der Scheibe sind Einschusslöcher der Polizei zu sehen. Foto: Marius Becker
Spurensicherung der Polizei in der Apotheke im Hauptbahnhof, in der sich zuvor eine Geiselnahme ereignet hatte. Vorn an der Scheibe sind Einschusslöcher der Polizei zu sehen. Foto: Marius Becker

Hätte Deutschland den späteren Kölner Geiselnehmer gar nicht aufnehmen müssen, als er 2015 aus Syrien kam? Jedenfalls reiste der Mann nicht direkt nach Deutschland ein, sondern über Tschechien.

Köln (dpa) - Der Geiselnehmer vom Kölner Hauptbahnhof hätte möglicherweise zu einem frühen Zeitpunkt seines Aufenthalts in Deutschland abgeschoben werden können.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bestätigte, dass ein Übernahme-Ersuchen innerhalb einer Frist von drei Monaten an Tschechien hätte gerichtet werden können, da der Mann über dieses Land nach Deutschland eingereist war. Nach dem Dublin-Abkommen muss ein Asylantrag in dem EU-Land gestellt und bearbeitet werden, das der Flüchtling als erstes erreicht.

Das Übernahme-Ersuchen blieb in diesem Fall jedoch aus. «Die Gründe, warum die Frist zum Stellen eines Übernahmeersuchens in diesem Einzelfall nicht eingehalten werden konnte, lassen sich nach mehr als dreieinhalb Jahren nicht mehr nachvollziehen», teilte ein Bamf-Sprecher mit. Über die verpasste Möglichkeit einer Abschiebung hatte der «Kölner Stadt-Anzeiger» berichtet.

Mohammed A. R. sei aufgrund eines durch die tschechische Botschaft in Beirut ausgestellten Schengen-Visums in den Schengen-Raum eingereist, teilte der Bamf-Sprecher mit. Eine Registrierung als Asylbewerber in Tschechien sei nach vorliegenden Erkenntnissen allerdings nicht erfolgt. Der Sprecher betonte: «Dass eine Überstellung nach Tschechien, bei fristgerechtem Übernahme-Ersuchen, erfolgt wäre, davon kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden.» In der Praxis hätten auch fristgerechte Ersuchen auf der Grundlage des Dublin-Abkommens nicht immer Erfolg.

Der heute 55-Jährige hatte am Montag Benzin in einem Schnellrestaurant im Kölner Hauptbahnhof in Brand gesetzt und dadurch eine 14 Jahre alte Kundin schwer verletzt. Anschließend nahm er eine Apothekenangestellte als Geisel, übergoss sie mit Benzin und wollte sie anzünden. Spezialkräfte der Polizei schossen ihn jedoch nieder. Die Polizei glaubt, dass der Mann eigentlich einen noch größeren Anschlag mit Gaskartuschen ausführen wollte. Die Bundesanwaltschaft prüft, ob es sich bei der Tat um einen islamistischen Terroranschlag handeln könnte.