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Nach Zerfall des Über-Teams - wie Miami die NBA überlistete

Als LeBron James nach der 1:4-Niederlage gegen die San Antonio Spurs in den NBA Finals 2014 zu den Cleveland Cavaliers zurückkehrte, standen den Miami Heat düstere Zeiten bevor.

Zwar schaltete die Franchise aufgrund der Stars Dwyane Wade und Chris Bosh nicht sofort in den Rebuild-Modus, doch das Ende des Superteams war besiegelt. Ohne den besten Spieler seiner Generation und mit einem mit Gesundheitsproblemen kämpfenden Bosh waren die Heat kein Titelkandidat mehr.

Das bestätigten die Ergebnisse in den folgenden beiden Jahren und nach dem Trade von Wade 2016 kündigte Heat-Präsident Pat Riley an, dass man auch nicht mehr mit Bosh plant und die Franchise einen neuen Weg einschlagen wird.

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"Jetzt werden wir einen Rebuild einleiten, und ich meine einen richtigen Rebuild", sagte Riley: "Wir nehmen nicht kleine Änderungen vor wie während der Big-Three-Ära und wir 'retoolen' nicht wie nach dem Abgang von LeBron James. Wir müssen uns neu aufbauen, aber ich freue mich darauf."

Miami Heat verzichten auf Tanking

Unter dem "richtigen Rebuild-Weg" haben Teams in der jüngeren NBA-Geschichte Teamso vor allem eines verstanden: Tanking. Also so schnell wie möglich so schlecht wie möglich werden, quasi freiwillig eine oder sogar mehrere Saisons Herschenken (Stichwort Philadelphia 76ers), um dann mit hohen Draftpicks vielversprechende jungen Spieler ergattern zu können.

Miami aber ging einen komplett anderen Weg - und das, obwohl die Zukunft eigentlich auf Jahre hinaus besonders schwarz aussah, wegen schlechter Verträge und fehlenden Picks. So fehlte dem Team der Erstrundenpick 2018, da dieser in einen Trade für Goran Dragic gepackt wurde.

Umso erstaunlicher, dass Miami dennoch nicht eine Saison abschenkte - auch wenn in zwei von drei Jahren die Playoffs knapp verpasst wurden. Der Tanking-Verzicht hatte zur Folge, dass die Heat seit dem Abgang von James nie einen Draft-Pick höher als 10 hatten.

Doch den ehrgeizigen Riley konnte das nicht stoppen. Fehler wie die viel zu lukrativen Vertrage für Hassan Whiteside, James Johnson und Dion Waiters korrigierte er in den vergangenen Jahren mit genialen Draft-Picks, der Entwicklung von Nobodys zu Leistungsträgern und cleveren Trades.

Heat finden Stars mit mittleren Picks

So wählte Miami 2015 an 40. Stelle den defensivstarken Josh Richardson, an 14. Stelle 2017 den heutigen Top-Center Bam Adebayo und im Folgejahr Scharfschütze Tyler Herro an Position 13. Aus Richardson wurde schließlich in einem Vier-Team-Trade vor dieser Saison Jimmy Butler.

Diese drei zuletzt aufgezählten Spieler sind zusammen mit dem 2015 geholten Dragic entscheidend dafür, dass die Heat nach so kurzer Zeit des Rebuilds wieder in den Finals stehen – und das als erstes an Nummer 5 gesetzte Team in der NBA-Historie.

Adebayo wurde zum Beispiel in Kürze zu einem der besten Center der Liga und zerlegte die Celtics in Spiel 6 im Alleingang. "Er ist das Herz und die Seele des Ganzen hier, das ist er wirklich. Ich sage es erneut, er wird der Grund sein, warum wir eine Championship gewinnen", lobte Butler.

Einen der besten Dreierschützen der Liga hatten sich die Heat bereits 2018 geholt - obwohl die Franchise damals gar keinen Draft-Pick hatte. Doch da niemand Duncan Robinson beim Draft auswählte, durfte er in Miami in der NBA Summer League ran und verdiente sich einen Two-Way-Vertrag. Die vergangene Saison verbrachte er noch in der G-League - jetzt ist er einer der gefährlichsten Distanzschützen der NBA.

Erfolgstrainer Spoelstra entwickelt Spieler

Damit aus Talenten wie Robinson, Herro und Adebayo jedoch drei Topspieler eines Finals-Teams werden, braucht es neben gutem Scouting auch einen hervorragenden Trainer. Miami hat diesen mit Erik Spoelstra, der seit 2008 die Zügel in der Hand hält.

Zusammen mit dem ausgebufften Riley bildet Spoelstra das perfekte Gespann. Bestes Beispiel ist Rileys Trade für die in den Playoffs wertvollen Rollenspieler Andre Iguadola und Jaw Crowder, für die nur Spieler abgegeben wurden, die sowieso keine große Rolle mehr spielten.

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Nach dem Trade sagte Riley: "Wir sind entschlossen, wieder in den Kreis der Titelkandidaten zu stoßen. Wir werden Spieler holen und in den nächsten ein, zwei Jahres das kriegen, was wir dafür brauchen. Wir werden Jimmy Butlers Jahre nicht verschwenden und das Beste rausholen."

Das Beste könnte bereits früher als erwartet Realität werden. Denn mit den sieben erwähnten Spielern mischen die Heat zurzeit die NBA auf. Miami hat in vielen Belangen die Liga überlistet, cleverer agiert als die vielen anderen Teams, die trotz jahrelangem Tanking nie auf das Niveau kamen, das die Heat nun schon wieder haben.

Miami trifft auf Ex-Spieler LeBron James

Nun kommt es in den NBA Finals ausgerechnet zum Duell mit jenem Mann, der den Neuaufbau bei Miami auslöste: LeBron James. Der 35-Jährige läuft inzwischen bei den Los Angeles Lakers auf und führte diese mit Co-Star Anthony Davis in die Finalserie.

Nach seinem Abgang und den folgenden seiner Co-Stars hätte der viermalige MVP wohl kaum erwartet, seine Ex-Franchise im Laufe seiner Karriere noch einmal in den Finals zu treffen.

Zumal die jetzige Miami-Truppe ziemlich das Gegenteil des damaligen Heat-Superteams um James ist. Strenggenommen hat das Team nicht einmal einen richtigen Superstar.

Butler ist zwar der größte Name im Kader der Heat, doch er muss sein Team nicht auf die gleiche Art und Weise tragen, wie es für James und Davis bei den Lakers von Nöten ist. Dennoch ist "Jimmy Buckets" für Miami nicht nur mit seinen spielerischen Fähigkeiten wertvoll.

Butler geht als Führungsspieler voran

Nachdem seine Zeit bei den Chicago Bulls, Minnesota Timberwolves und Philadelphia 76ers jedes Mal unschön endete, präsentiert er sich bei den Heat als idealer Führungspieler. Für den in den Playoffs überragend aufspielenden Herro ist er sogar wie ein "großer Bruder".

Auch gegen die Celtics tauchte Butler in den Spielen streckenweise ab, um am Ende doch meist zur Stelle zu sein. Damit steht er stellvertretend für das ganze Team, welches in der Serie insgesamt weniger Punkte als Boston erzielte und dennoch vier der sechs Spiele gewann.

Nun trifft Butler mit James allerdings auf den Meister in dieser Disziplin. Der 35-Jährige weiß wie kein Zweiter, wann er sich zurücknehmen und Davis die Hauptlast tragen lassen kann - und wann er wieder übernehmen muss. So spart sich der viermalige MVP die nötige Kraft für die entscheidenden Momente.

Für Butler steht deshalb außer Frage: "Es ist schon seit langsam so: Wenn du gewinnen willst, musst du ein von LeBron James angeführtes Team besiegen. Du kriegst diesen Test immer und immer wieder, bis du ihn bestehst. Dieser Test heißt LeBron James."

Allein wird auch Butler den Test nicht bestehen können - doch dank Riley und Spoelstra hat der 31-Jährige für diese Prüfung bei Miami reichlich Unterstützung.