Mehrere Unfälle in NRW - Zugedröhnter LKW-Fahrer auf Autobahn: Nach Horrorfahrt stellt der ADAC etwas klar
Ein Lkw-Fahrer verursachte am Wochenenden auf NRW-Autobahnen mehrere Unfälle mit zum Teil lebensgefährlich Verletzten. Dann fanden Ermittler Tabletten, hochprozentigen Alkohol und weißes Pulver im Fahrerhaus. Sind das wirklich „Alltagsprobleme“, wie die NRW-Polizeigewerkschaft betonte?
Ist es inzwischen die Regel, dass Lkw-Fahrer, die auf deutschen Autobahnen unterwegs sind, sich mit Alkohol, Tabletten und Drogen zudröhnen? Diese Frage stand plötzlich im Raum, nachdem am Wochenende bei der Horrorfahrt eines Lkw auf Autobahnen in NRW sieben Personen schwer, eine Person lebensgefährlich und weitere elf Menschen leicht verletzt worden waren.
Wie FOCUS online kurz nach dem Unfall aus Ermittlerkreisen erfahren hatte, waren in der Kabine des aus Polen stammenden Lkw-Fahrers hochprozentiger Alkohol, Tabletten und möglicherweise Drogen gefunden worden. Michael Mertens, Chef des NRW-Landesverbandes der Gewerkschaft der Polizei, sprach von „alltäglichen Problemen“, was den Konsum von Suchtmitteln am Steuer von Lkw betrifft. Als möglichen Grund führte er einen „häufigen Druck“ an, dem die Trucker durch die Speditionen ausgesetzt seien. Liefertermine gingen oft vor gesetzlichen Ruhezeiten.
ADAC: Suchtmittel kein spezifisches Problem von Lkw-Fahrern
Der ADAC will darin allerdings keine Besonderheit in Bezug auf Lkw-Fahrer erkennen. „Aus unserer Sicht sind Lkw-Fahrer nicht mehr oder weniger vom Konsum von Suchtmitteln während der Fahrt betroffen als normale Autofahrer“, erklärt Ulrich Chiellino, Leiter der ADAC-Verkehrspolitik, auf Nachfrage von FOCUS online.
Deutlicher Rückgang tödlicher Unfälle, die Lkw verursachen
Gleichwohl konstatiert der ADAC eine neue Entwicklung in der Unfallstatistik, die durchaus erfreulich ist. „Die Zahl der Menschen, die bei durch Lkw verursachten Unfällen auf Autobahnen ums Leben gekommen sind, ist 2023 im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie bei vergleichbarem Verkehrsaufkommen von 70 um mehr als die Hälfte auf 34 gesunken“, so Chiellino. Und dies, obgleich die Gesamtzahl der Verkehrsopfer 2023 bundesweit leicht um 1,8 Prozent auf 2839 Menschen gestiegen sei.
Mehr Assistenzsysteme, weniger Geisterfahrer
Die Zahl sei auch deshalb bemerkenswert, weil das Verkehrsaufkommen sich im vergangenen Jahr erstmals wieder auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie stabilisiert habe, ergänzt der ADAC-Experte. Die Halbierung der Opferzahlen führt Chiellino neben einem Rückgang der Zahl von Geisterfahrern unter anderem auf die positiven Effekte von neuen Assistenzsystemen in den Lkw zurück.
Was Rastmöglichkeiten, deren Versorgung mit Sanitärplätzen und Pausenzeiten für Lkw-Fahrer angehe, befinde sich die Branche hingegen „seit Jahren im roten Bereich“, so der Verkehrsexperte. „Es gibt aber Lösungsansätze wie die Einführung von Apps mit zusätzlichen Rastplätzen, die endlich für Abhilfe bei diesem dringenden Problem sorgen könnten.“