Zukunftsforscher Thomas Druyen - Roboterarmeen und KI-Drohnen: So beängstigend ist die Zukunft der Kriegsführung

Autonome Waffensysteme und Künstliche Intelligenz (KI) werden die Kriegsführung der Zukunft radikal verändern.<span class="copyright">Getty Images/ Diy13/ AXEL HEIMKEN/ Milan_Jovic</span>
Autonome Waffensysteme und Künstliche Intelligenz (KI) werden die Kriegsführung der Zukunft radikal verändern.Getty Images/ Diy13/ AXEL HEIMKEN/ Milan_Jovic

Die Schlachtfelder von morgen sind digital, und sie verändern sich schneller, als wir es uns vorstellen können. Zukunftsforscher Thomas Druyen zeigt auf, was uns erwartet.

Wie werden autonome Waffensysteme und Künstliche Intelligenz die Kriegsführung der Zukunft verändern?

Autonome Waffensysteme und Künstliche Intelligenz (KI) werden die Kriegsführung der Zukunft radikal verändern. Diese Technologien ermöglichen es, dass Kriege in einer Geschwindigkeit und Präzision geführt werden, die bisher unvorstellbar waren. Autonome Waffensysteme können ohne menschliches Eingreifen agieren, Ziele identifizieren, analysieren und eliminieren. Beispielhaft seien hier Kampfdrohnen, robotergestützte Bodensysteme für bewaffnete Patrouillen und Verteidigungsaufgaben, Unterwasserdrohnen oder proaktive Flugabwehrsysteme genannt. Diese Technologien verändern die Art und Weise, wie Entscheidungen für ein „unbegrenztes Schlachtfeld“ getroffen werden, da Maschinen anstelle von Menschen die operative Kontrolle übernehmen.

Die Integration von KI in militärische Strategien wird die Entscheidungsprozesse beschleunigen. KI-Systeme können riesige Datenmengen in Echtzeit analysieren, Muster erkennen und Handlungsempfehlungen geben, die weit über die menschliche Kapazität hinausgehen. Dies führt zu einer höheren Effizienz und Präzision in der Kriegsführung. Gleichzeitig reduziert sich die Notwendigkeit, menschliche Soldaten direkt in Gefahr zu bringen, was potenziell die Hemmschwelle für militärische Interventionen senkt. Die Geschwindigkeit, mit der autonome Systeme Entscheidungen treffen, könnte zu einem „Blitzkrieg“ der modernen Art führen, bei dem der Gegner kaum Zeit hat, auf Angriffe zu reagieren.

Diese Technologien bergen jedoch erhebliche Risiken. Autonome Systeme könnten Fehlentscheidungen treffen, insbesondere wenn sie mit unvorhergesehenen Situationen konfrontiert werden, die nicht in ihren Algorithmen berücksichtigt sind. Ein System könnte beispielsweise zivile Ziele fälschlicherweise als militärische Bedrohungen identifizieren. Ein weiterer wesentlicher Risikofaktor ist die Möglichkeit, dass solche Systeme gehackt oder manipuliert werden. In einem solchen Fall könnten feindliche Akteure die Kontrolle über diese Waffen übernehmen und sie gegen ihre ursprünglichen Betreiber einsetzen.

Insofern ist die Zukunft der Kriege grenzenlos. Alles kann aus kriegerischen, terroristischen und widerwärtigen Gründen jederzeit und überall angegriffen werden. Aber auch die Sicherkräfte in aller Welt haben Zugang zu diesen Technologien. Insofern gibt es keine systemische Hilflosigkeit. Aber Früherkennung, Prävention und der absolute Wille zur Wehrhaftigkeit sind ultimativ und existentiell. Nur Handeln zählt.

 

Welche Bedrohungen stellen Cyberkriege für unsere kritischen Infrastrukturen wie Stromnetze, Kommunikationsinfrastrukturen und Finanzsysteme dar?

Die Bedrohung ist gigantisch und wie immer zweischneidig. In Cyberkriegen werden gezielt Computersysteme, Netzwerke und digitale. kritische Infrastrukturen angegriffen, um ihre existentielle Funktionstüchtigkeit zu torpedieren. Diese Infrastrukturen sind das Rückgrat moderner Gesellschaften, und ihre Störung könnte verheerende Folgen haben. Die Hauptgefahren liegt zum Beispiel bei Stromnetzen, da sie für nahezu alle anderen kritischen Infrastrukturen essenziell sind. Ein gezielter Cyberangriff könnte zu weitreichenden Stromausfällen führen, die ganze Städte oder Regionen lahmlegen. Dies kann durch Angriffe auf Steuerungssysteme, wie die sogenannten SCADA-Systeme (Supervisory Control and Data Acquisition), geschehen, die den Betrieb der Stromnetze überwachen und steuern. Ein erfolgreicher Angriff könnte auch dazu führen, dass Kraftwerke abgeschaltet, Umspannwerke beschädigt oder die Stromverteilung manipuliert wird. Die Auswirkungen wären katastrophal: Krankenhäuser könnten ausfallen, die Wasserversorgung könnte unterbrochen werden, und Transport- sowie Kommunikationssysteme könnten stillgelegt werden.

Natürlich sind Kommunikationsinfrastrukturen, wie Mobilfunknetze, das Internet und Satellitenverbindungen ebenfalls hochgradig anfällig für Cyberangriffe. Ein Angriff auf diese Systeme könnte die Kommunikation zwischen Regierungen, Militärs und Notfalldiensten massiv stören oder vollständig unterbrechen. Besonders gefährlich sind Angriffe, die die Datenintegrität oder -verfügbarkeit beeinträchtigen, wie etwa durch Distributed Denial of Service (DDoS)-Angriffe, bei denen Netzwerke durch massenhafte Anfragen überlastet werden. Auch das Abhören oder Manipulieren von Kommunikationsdaten stellt eine erhebliche Bedrohung dar.

Ein weiteres vorrangiges Ziel sind Finanzsysteme. Angriffe auf Banken, Börsen oder Zahlungssysteme könnten das Vertrauen in die Wirtschaft erschüttern, Märkte destabilisieren und sogar zu einem globalen Finanzcrash führen. Hacker könnten versuchen, Finanztransaktionen zu manipulieren, Datenbanken zu löschen oder gefälschte Transaktionen auszulösen, was Chaos im gesamten Wirtschaftssystem verursachen würde. Die Liste der Bedrohungen ist lang und wird in der Zukunft ständig durch neue Innovationen erweitert. Aber auch in dieser Thematik macht es keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken, im Gegenteil. Die gigantischen Technologien nutzen nachhaltig ebenso zur Früherkennung, zur Vermeidung und zur Entschärfung.

 

Wie tragen Desinformation und psychologische Kriegsführung zur Eskalation von Konflikten bei und wie kann man sich davor schützen?

Im Zeitalter des Fakes und der Lügen ist die Desinformation eine der vordringlichsten Kommunikations- und Kriegsquellen. Diese Taktiken zielen darauf ab, das Vertrauen in Institutionen zu untergraben, soziale Spaltungen zu vertiefen und die öffentliche Meinung zu manipulieren. Durch die Verbreitung falscher Informationen und die gezielte Beeinflussung von Emotionen und Meinungen wird ein Klima der Unsicherheit und des Misstrauens geschaffen, das die Gesellschaft destabilisiert und potenziell zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führt.

Desinformation wird gezielt eingesetzt, um sie wie Heftzwecken in die Öffentlichkeit zu streuen. Dies kann durch gefälschte Nachrichten, manipulierte Bilder oder Videos, und durch das Verbreiten von Lügen und Halbwahrheiten geschehen. Diese Taktiken nutzen oft soziale Medien als Verbreitungskanäle, da diese Plattformen es ermöglichen, Informationen viral und weitreichend zu verbreiten. Beispielsweise können falsche Berichte über politische Ereignisse, gefälschte Wahlergebnisse oder manipulierte Gesundheitsinformationen große Teile der Bevölkerung irreführen und extreme Reaktionen hervorrufen.

Psychologische Kriegsführung zielt darauf ab, die Moral und den Zusammenhalt des Gegners zu untergraben. Dies kann durch Angriffe auf den nationalen Stolz, die Schaffung von Angst oder Verwirrung und die Förderung von Misstrauen innerhalb der Gesellschaft geschehen. Durch gezielte Kampagnen können bestimmte Gruppen gegeneinander aufgebracht werden, was soziale Unruhen fördert und die Stabilität eines Landes gefährdet.

Desinformation und psychologische Kriegsführung führen zu einer schnellen Eskalation von Konflikten, indem sie die öffentliche Wahrnehmung verzerren und die Bereitschaft zu aggressiven Handlungen erhöhen. Wenn die Bevölkerung verunsichert oder radikalisiert wird, können selbst kleine Zwischenfälle zu groß angelegten Tumulten führen. Dies ist besonders gefährlich in angespannten geopolitischen Situationen, wo Missverständnisse oder Fehlinformationen direkt zu militärischen Auseinandersetzungen führen können.

Also wieder stehen wir vor einem Berg von Katastrophenszenarien. Die Menschen sind es absolut satt. Worin liegt nun die Ursache dieser Negativitätswelle? Die Ursachen liegen in der Armut, der Ungerechtigkeit, der Versklavung, der Entmündigung und des Machtmissbrauchs. Insofern ist nicht die Welt schlecht, sondern jene Protagonisten, die das Böse zu ihrer Methode gemacht haben. Dagegen sollten wir uns alle auflehnen.

 

Sie sprechen immer wieder von einem Krieg der Scheinheiligkeit? Was bedeutet das?

Die Scheinheiligkeit in der globalen Politik, wenn es um die Verhinderung von Kriegen geht, resultiert aus einer komplexen Mischung aus Eigeninteressen, Machtpolitik und geopolitischen Realitäten. Viele Staaten, insbesondere mächtige Nationen, betonen rhetorisch ihr Engagement für den Frieden und die Verhinderung von Konflikten, aber ihre Handlungen zeigen oft ein anderes Bild. Dies ist besonders offensichtlich in den ärmsten Regionen der Welt, wo Konflikte oft als Nebenschauplatz behandelt werden, solange sie nicht die strategischen oder wirtschaftlichen Interessen der großen Mächte bedrohen.

Staaten handeln primär nach ihren eigenen Sicherheits- und Machtinteressen. Die internationale Politik wird durch das Streben nach Macht und Einfluss geprägt, was dazu führt, dass Regierungen die Stabilität und den Frieden in anderen Regionen opfern, wenn es ihren eigenen Zielen dient. So unterstützen mächtige Staaten manchmal Kriegsparteien in Konflikten, um ihre eigenen geopolitischen Ziele zu verfolgen, selbst wenn dies zu einer Eskalation der Gewalt führt.

Ressourcenreichtum in Konfliktregionen, wie Öl, Gas oder seltene Erden, kann die Bereitschaft reduzieren, wirkliche Friedensbemühungen zu unterstützen. Stattdessen werden oft Regierungen oder Gruppierungen unterstützt, die den Zugang zu diesen Ressourcen sichern, selbst wenn dies zu weiterer Instabilität führt. Das wirtschaftliche und egozentrische Eigeninteresse überwiegt oft das moralische Gebot, Konflikte zu beenden.

Die Verhinderung von Kriegen in anderen Teilen der Welt folgt der Logik des unmittelbarem Nutzens für die eigene politische Strategie. Internationale Krisen werden oft instrumentalisiert, um innenpolitische Unterstützung zu gewinnen oder von eigenen Problemen abzulenken. Dies führt zu einer Diskrepanz zwischen den öffentlichen Bekenntnissen zu Frieden und den tatsächlichen Handlungen auf der globalen Bühne.

Aus meiner Sicht ist das Phänomen der Scheinheiligkeit der psychologische Nährboden aller Konflikte. Es wird überall gelogen bis sich die Balken biegen. Aber anstatt dies aufzuklären und zu sanktionieren, bilden sich Fanclubs, die die Unwahrheit als eigene Propaganda verkaufen. Insofern kann man auch die Dummheit und die Skrupellosigkeit als größte Kriegsursachen wahrnehmen. Hinzu kommen Kriminalität, Darknet, Clans und viele andere parallele Welten, in der Menschenverachtung das Geschäftsmodell bestimmt. All dies ist kein Naturgesetz, sondern menschengemacht und daher veränderbar.