Zwei Tote bei Messerangriff - Im Heimatort des Aschaffenburg-Verdächtigen ist der kein Unbekannter mehr
Nachdem bei einem Messerangriff in Aschaffenburg zwei Menschen sterben, wird der mutmaßliche Täter schnell gefasst. Der Mann ist dort kein Unbekannter – und wohnte in einem Hotel mitten im Ort.
Es ist eine Tat, die die Menschen in Deutschland schockiert. Bei einem Messerangriff in unterfränkischen Aschaffenburg sterben ein 41-jähriger Mann und ein zweijähriges Kind. Zudem werden eine 59-jährige Erzieherin, ein 72-Jähriger und ein weiteres Kind verletzt.
Der Hintergrund der Tat ist völlig unklar, Täter und Opfer sollen einander nicht gekannt haben. Der getötete 41-Jährige versuchte der Gruppe aus fünf Kindern und zwei Erziehern sogar nur zu helfen. Schnell wird ein Tatverdächtiger gefasst, ein 28-jähriger Afghane. Wegen ihm rückt nun eine Kleinstadt in den Fokus: Alzenau.
Neben Pizzeria und Barbershop: Hotel mit Asylsuchenden steht mitten in Alzenau
Rund 20.000 Einwohner hat der Ort in Unterfranken, der etwa 15 Kilometer entfernt von Aschaffenburg an der Grenze zu Hessen liegt. Dort wohnte Enamullah O. mit weiteren jungen Männern in einem Hotel, das als Asylunterkunft dient. Schon seit Beginn der Flüchtlingskrise leben dort Asylsuchende. In einem zweiten Gebäude, das zum Hotel gehört, leben neben den jungen Männern auch Frauen und Kinder aus der Ukraine.
Das Besondere: Die Unterkunft liegt mitten in Alzenau. Nur 150 Meter Fußweg sind es zum Rathaus der Kleinstadt, nebenan liegen unter anderem eine Pizzeria, ein Reisebüro, ein Barbershop oder auch ein Fahrradladen. Probleme gab es aber eher selten, berichtet ein Anwohner, der gerade vor dem Barbershop steht. „Da war es eigentlich meistens ruhig“, erklärt er. „Bis heute Nachmittag.“
Unter anderem Ukrainerin gewürgt – in Alzenau kennt man Enamullah O.
Gegen 13.30 Uhr kommt die Polizei mit einem Großaufgebot nach Alzenau. Mehrere Mannschaftswägen, teilweise mit vermummten Beamten, und ein Spezialeinsatzkommando (SEK) fahren vor. Sie durchkämmen über zwei Stunden das Hotel und tragen am Ende zahlreiche silberne Beutel heraus. „Ich dachte erst, die sind wegen Drogen da“, sagt eine Anwohnerin dem FOCUS-online-Reporter. „Dann dachte ich: Das könnte auch was mit Aschaffenburg zu tun haben.“
Dass dem so ist, sorgt in dem idyllischen Ort am Fluss Kahl für Aufregung. Ganz so ruhig sei es dort auch vor dem Großeinsatz der Polizei am Mittwoch nicht gewesen, monieren die Gäste einer Pizzeria zwei Häuser weiter. Als ich dort hereinkomme, ist in dem Restaurant kein Tisch mehr frei - nur rund drei Stunden nach der großen Polizeiaktion.
Zwei Gäste sagen, sie kennen Enamullah O. Wegen ihm sei die Polizei bereits mehrfach zu dem Asyl-Hotel gekommen. Das deckt sich mit Informationen von FOCUS online. Einmal soll er eine Ukrainerin aus dem Nachbargebäude gewürgt und bedroht haben. „So etwas wollen wir hier nicht haben“, sagt einer der beiden Männer, ein 59-Jähriger, der selbst Migrationshintergrund hat.
Anwohner: „Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich darüber spreche“
Seit 33 Jahren sei er in Deutschland, sagt der Mann, der in Alzenau arbeitet, aber in Aschaffenburg lebt, und wird dabei ein Stückchen größer. „Mehr als mein halbes Leben.“ Nun mache er sich allerdings Sorgen um seine Familie. „Meine Tochter und meine Enkel leben in Aschaffenburg.“ Die schreckliche Attacke vom Mittwoch bewegt ihn sichtlich. „Ich bekomme schon eine Gänsehaut, wenn ich darüber spreche“, sagt er und verzieht dabei das Gesicht, als hätte er Schmerzen.
Er kenne auch den Park, Schöntal, in dem sich die schreckliche Tat ereignete. „Dort gehe ich öfter mit meinem Hund spazieren. Doch aus dem Park ist ein - wie sagt man? Ja - Ghetto geworden.“ Überall würden sich kleine Gruppen in die Büsche schlagen, wenn es dunkel wird.
„Können wir ausschließen“, Polizei in Aschaffenburg widerspricht Scholz' Terror-Verdacht
Am Mittwoch war es nicht dunkel, sondern helllichter Tag, als zwei Menschen ihr Leben lassen mussten. Der Verdächtige, Enamullah O., wurde nach Gewalttaten schon dreimal in psychiatrische Einrichtungen eingewiesen, aber später wieder entlassen, bestätigt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).
Warum Enamullah O. die Kita-Gruppe verfolgte und dann mit einem Messer auf sie losging, ist derzeit noch völlig unklar. Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von einer „Terror-Tat“. Die Polizei verneint das. „Terror können wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen“, sagte ein Sprecher dem „Spiegel“.
Laut ZDF reiste der Afghane via Bulgarien nach Deutschland, konnte aufgrund einer verpassten Frist 2023 aber nicht mehr dorthin abgeschoben werden. Dennoch sei der Mann ausreisepflichtig gewesen, da er sich nicht mehr um Asyl in Deutschland bemühte, wie das „Main-Echo“ berichtet. Zuletzt habe er sich beim afghanischen Generalkonsulat um Papiere zur Ausreise bemühen wollen.