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Im Zweiten Weltkrieg vergewaltigt: Wie eine Koreanerin um Gerechtigkeit kämpft

Kim Bok Dong war 14, als das Martyrium begann. Heute ist sie 92.

Es ist nur ein kurzer Blick, den Kim Bok Dong ins Freie wirft – über den hölzernen Fußboden hinaus auf den akkurat getrimmten Rasen, den Kirschbaum und die kleine Bank, die im Garten ihres Schutzhauses steht, das früher einmal eine christliche Kirche war. Doch die 91-Jährige kümmert sich nicht um die Idylle, in der sie zum Gespräch geladen hat. „Ich verlasse das Haus nicht“, sagt sie. „Außer mittwochs!“ Der Mittwoch ist ihr wichtig. Jeden Mittwoch sitzt sie vor der japanischen Botschaft in Südkoreas Hauptstadt Seoul, umgeben von Schülergruppen und Aktivisten, die gelbe Transparente in Richtung des Botschaftsgebäudes recken. Immer wieder rufen sie „Entschuldigt euch!“ durch den Gitterzaun. Jeden Mittwoch versammeln sich die Demonstranten, um für Frauen wie Kim Bok Dong die Gerechtigkeit einzufordern, die ihnen nun seit über 70 Jahren verwehrt bleibt: eine Entschuldigung Japans für das Schicksal der koreanischen Trostfrauen. Die Trostfrauen warten noch immer auf Gerechtigkeit Das Wort Trostfrau beschönigt das, was diesen Frauen widerfahren ist, auf zynische Weise. Mit falschen Versprechungen gelockt oder gar entführt, wurden während des Zweiten Weltkriegs Zehntausende Frauen in frontnahen japanischen Soldatenbordellen vergewaltigt – systematisch und über Jahre hinweg. Ein unvorstellbares Verbrechen, das noch nicht vollständig gesühnt ist. Die Trostfrauen warten noch immer auf Gerechtigkeit und vor allem auf eine aufrichtige Entschuldigung. Heute sind in Südkorea weniger als 40 von ihnen am Leben. Kim Bok Dong ist eine von ihnen. Jeden Mittwoch sitzt sie nun vor der japanischen Botschaft. Halmoni nennen sie hier alle, so wird eine Großmutter liebevoll auf Koreanisch genannt. Kim Bok Dong ist an den Rollstuhl gefesselt, sie wirkt ein wenig unscheinbar, ihr Blick ist wahlweise ausdruckslos oder stoisch. Doch Kim Bok Dong ist eine Kämpferin. Noch vor zwei Jahren demonstrierte sie bei einem Berlin-Besuch vor der japanischen Botschaft und rief durchs Megafon, dass sie notfalls um die ganze Welt ziehen würde, um Wiedergutmachung zu fordern. Mittlerweile reist sie nicht mehr, doch noch immer fordert sie: eine Entschuldigung. Historiker schätzen, dass bis zu 200.000 Frauen hauptsächlich aus der damaligen japanischen Kolonie Korea, aus China und den Philippinen, viele von ihnen noch minderjährig, zwangsprostituiert wurden. Die genaue Zahl ist bis heute Anlass kontrovers geführter Debatten. Gesichert scheint, dass ein Großteil von ihnen nicht einmal das Kriegsende erlebte. Im Jahr 1940 war Kim Bok Dong gerade einmal 14, als ein Japaner in gelber Kleidung, so erinnert sie sich, in ihr Dorf in der Nähe der heutigen Millionenstadt Busan kam. Sie solle sich zum Arbeitseinsatz in einer Textilfabrik melden, andererseits würden alle Mitglieder ihrer Familie als Verräter betrachtet. Doch eine Textilfabrik war nicht das Ziel. Stattdessen begann für Kim Bok Dong zusammen mit etwa 30 anderen jungen Frauen eine Odyssee durch Soldatenbordelle, angefangen in Taiwan, dann Malaysia, Singapur und Indonesien. Knapp fünf Jahre währte das Martyrium für Kim Bok Dong Die Bordelle lagen oftmals in unmittelbarer Frontnähe. Vor diesen Bordellen reihten sich japanische Soldaten auf. Unzählige Male wurde die jungen Frauen vergewaltigt, jede etwa 15 Mal an Wochentagen, manchmal 50 Mal und mehr an Wochenenden. Knapp fünf Jahre währte das Martyrium für Kim Bok Dong. Am Ende eines Tages blieb sie oft einfach liegen, weil...Lesen Sie den ganzen Artikel bei berliner-zeitung