Israel im zweiten Corona-Lockdown

Einwohner Jerusalems erledigen vor dem Lockdown ihre Einkäufe (Bild: Reuters/Ronen Zvulun)
Einwohner Jerusalems erledigen vor dem Lockdown ihre Einkäufe (Bild: Reuters/Ronen Zvulun)

Nach Rekordzahlen will die israelische Regierung mit einem zweiten landesweiten Lockdown die Ausbreitung des Coronavirus in dem Land eindämmen. Seit Freitagnachmittag müssen sich die Israelis mit Einschränkungen arrangieren.

Schulen und Kindergärten bleiben geschlossen, auch Hotels und Einkaufszentren machen zu, Strandbesuche sind untersagt. Die Menschen dürfen sich nur in Ausnahmefällen - wie etwa dem Weg zur Arbeit oder zu Demonstrationen - weiter als 1000 Meter von ihrem Zuhause entfernen, Fahrten zwischen einzelnen Städten sind verboten.

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Auch Besuche in anderen Haushalten sind untersagt. Dagegen sind Lebensmitteleinkäufe und Arztbesuche wie auch Individualsport erlaubt.

Einschränkungen an wichtigen Feiertagen

Die Maßnahmen treten vor wichtigen jüdischen Feiertagen wie Rosch Haschana, dem jüdischen Neujahrsfest an diesem Freitag, und Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag Ende September, in Kraft. Sie sollen vorerst für drei Wochen gelten.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stellte bereits eine Verschärfung in Aussicht. Die Opposition hält seiner Regierung wegen des erneuten Lockdowns Versagen vor. Die Corona-Krise hat der Wirtschaft des Landes bereits schwer zugesetzt.

Jüdische Gläubige beim Morgengebet am Freitag in einer mit Plastikplanen abgeteilten Synagoge in Jerusalem (Bild: Reuters/Ronen Zvulun)
Jüdische Gläubige beim Morgengebet am Freitag in einer mit Plastikplanen abgeteilten Synagoge in Jerusalem (Bild: Reuters/Ronen Zvulun)

Viele Länder haben zuletzt mit regionalen Maßnahmen auf wieder gestiegene Corona-Zahlen reagiert. Mit seinen landesweiten Schritten ist Israel weltweit ein Vorreiter.

Schneller Anstieg nach Lockerungen

Israels Regierung hatte bereits im Frühjahr einen Lockdown verhängt, um die Pandemie einzudämmen. Damit erzielte sie Erfolge. Im Mai lag die Zahl der täglichen Neuinfektionen lange im zweistelligen Bereich. Nach Lockerungen stiegen die Zahlen jedoch wieder an.

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Experten warfen der Regierung vor, Maßnahmen wie Schulschließungen zu früh aufgehoben und das Land unzureichend auf eine zweite Corona-Welle vorbereitet zu haben. Die Regierung wiederum appellierte immer wieder an die Menschen, sich an Vorschriften wie das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen und Abstandsregeln zu halten.

Gläubige Muslime verrichten vor dem Lockdown auf dem Tempelberg das Freitagsgebet (Bild: Reuters/Ammar Awad)
Gläubige Muslime verrichten vor dem Lockdown auf dem Tempelberg das Freitagsgebet (Bild: Reuters/Ammar Awad)

Die Zahl der täglichen Neuinfektionen war in Israel zuletzt auf Rekordwerte geklettert. Sie lag deutlich über der Zahl in Deutschland - wobei Deutschland etwa neunmal so viele Einwohner hat. Die Sterblichkeit blieb in Israel im Vergleich zu anderen Ländern gering.

Opposition: Bürger für Versagen der Regierung bestraft

Oppositionsführer Jair Lapid sagte zuletzt, die Bürger würden bestraft, weil die Regierung versagt habe. “Dieser Lockdown ist ein Fehler, er ist ein Desaster.” Die Arbeitslosenquote lag im Sommer bei mehr als 20 Prozent. Wöchentlich gab es Proteste gegen Netanjahu, auch wegen dessen Corona-Politik.

Die Regierung will mit dem Lockdown einen Ausgleich schaffen zwischen gesundheitlichen und ökonomischen Zwängen. Ziel ist, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Unklar blieb, inwieweit die Bevölkerung den Regeln Folge leisten wird.

Polizisten erreichten auf einer Straße nach Jerusalem eine Sperre zur Durchsetzung des Lockdowns (Bild: Reuters/Ronen Zvulun)
Polizisten erreichten auf einer Straße nach Jerusalem eine Sperre zur Durchsetzung des Lockdowns (Bild: Reuters/Ronen Zvulun)

Kurz nach Beginn des Lockdowns waren im Zentrum von Tel Aviv die meisten Restaurants und Cafés geschlossen. Medien zufolge sollen 6000 Polizisten die Einhaltung der Regeln durchsetzen, unterstützt von 1000 Soldaten.

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Vom jüngsten Anstieg der Infektionszahlen sind arabische und ultraorthodoxe jüdische Wohnviertel am stärksten betroffen. Dort leben häufig größere Familien auf engem Raum zusammen, so dass Infektionsketten nur schwer unterbrochen werden können.

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