„Charlie Hebdo“-Filmer bereut Veröffentlichung des Videos

„Dummer Reflex“ führte zu Facebook-Post

Nie kamen Medien so schnell an Videomaterial, doch zu welchem Preis? (Screenshot: Jordi M.)
Nie kamen Medien so schnell an Videomaterial, doch zu welchem Preis? (Screenshot: Jordi M.)

Dieses Video wurde zum Dokument der Grausamkeit des Terroranschlags auf „Charlie Hebdo“, hat aber auch viel Kritik hervorgerufen. Ein Anwohner hatte die Attentäter vor der Redaktion der Pariser Satirezeitschrift gefilmt und auch die Ermordung des Polizisten Ahmed Merabet festgehalten. Der Mann postete das Video auf Facebook – eine Tat, die er mittlerweile bitter bereut.

Unmittelbar nach dem Terroranschlag auf die „Charlie Hebdo“-Redaktion mit zwölf Toten lief das Video weltweit in Endlosschleife. Er habe sich nie vorstellen können, dass seine Aufnahmen eine derartige Verbreitung finden würden, sagte Jordi M. der Nachrichtenagentur AP. Mittlerweile gilt der 42 Sekunden lange Clip des Anwohners gleichermaßen als positives wie negatives Beispiel für die Rolle sozialer Netzwerke bei der medialen Berichterstattung.

Das Video zeigt aus der Vogelperspektive die zwei vermummten Attentäter, die mit Gewehren die Straße im Pariser Zentrum entlang laufen. Dann rennt einer der Terroristen auf den am Boden liegenden Polizisten zu und schießt ihm in den Kopf. Vor allem dieser Abschnitt des Clips sorgte für Entsetzen und harsche Kritik.

Der Videofilmer bereut es mittlerweile sehr, die Aufnahmen bei Facebook gepostet zu haben. „Ich war völlig panisch“, schilderte der Ingenieur seinen Gemütszustand während des Terrorangriffs. Er hatte die Gewehrschüsse auf offener Straße zunächst einem Banküberfall zugeschrieben und die Attentäter Cherif und Said Kouachi anfangs für Polizisten gehalten. „Ich war alleine in meiner Wohnung. Ich habe das Video auf Facebook getan. Das war mein Fehler“, sagte M. Er löschte den Clip laut eigenem Bekunden nach 15 Minuten bereits wieder von seiner Facebook-Seite – nur um ihn dann auf seinem Fernsehbildschirm zu sehen. Seine 2.500 Follower hatten die Aufnahmen in Windeseile weiterverbreitet, ein User lud das Video bei YouTube hoch.

Die meisten Nachrichtenmedien machten die Exekution Merabets im Clip unkenntlich. Einige Medien hatten die Aufnahmen hingegen unbearbeitet veröffentlicht oder zumindest auf derartige Seiten verlinkt. Nicht nur die Familie des ermordeten Polizisten hat dieses Vorgehen öffentlich scharf verurteilt. Allerdings gab es auch Stimmen, die das Video als wichtiges Dokument für die Grausamkeit der islamistischen Attentäter würdigten, das zudem bei der breiten Mobilisierung der Öffentlichkeit geholfen habe.  

Heute würde M. den Clip nicht mehr online zugänglich machen. Er erklärte seine Handlung mit einem jahrelang antrainierten Automatismus. Er nehme ein Foto von einer Katze auf und poste es auf Facebook: „Es war derselbe dumme Reflex.“ Der Ingenieur entschuldigte sich bei der Familie des Polizisten und betonte, er habe Kaufangebote für sein Video abgelehnt. Außerdem habe er Medien aufgefordert, das Gesicht des Opfers unkenntlich zu machen.

Viele Sender hätte das Material jedoch ohne Erlaubnis verwendet.

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