Minderjähriger löst jahrzehntealtes Matherätsel

Es gibt Pseudoprimzahlen, die auf den ersten Blick wie Primzahlen aussehen. Wie häufig sie vorkommen, dazu gab es eine Theorie, die aber niemand beweisen konnte. Das ist kürzlich einem 17-Jährigen gelungen.

Alle Primzahlen bis 100
Primzahlen sind nicht immer Primzahlen, es gibt auch sogenannte Carmichael-Zahlen. Foto: Symbolbild / gettyimages

Wenn Begabung und Förderung zusammenkommen, könnten daraus Fähigkeiten entstehen, wie sie mittlerweile der US-Amerikaner Daniel Larsen besitzt. Der Sohn zweier Mathematiker hat kürzlich Schlagzeilen geschrieben, weil er ein jahrzehntealtes Matherätsel lösen konnte.

Jüngster Rätselersteller der New York Times

Daniel Larsen wird in Medienberichten oft als neugierig, hochintelligent und extrem ausdauernd beschrieben. So hatte er sich beispielsweise als Teenager in den Kopf gesetzt, ein Kreuzworträtsel für die New York Times (NYT) zu kreieren. Doch seine ersten acht Versuche wurden abgelehnt – zu schwierig seien die gesuchten Worte, wie unter anderem die FAZ nacherzählt.

Doch Larsen ließ sich nicht beirren, er schrieb ein Computerprogramm, das ihm bei seinem Rätsel helfen sollte und tatsächlich war seine neunte Einsendung erfolgreich. So wurde er zum jüngsten Rätselersteller in der NYT bis heute.

Seit einiger Zeit sind es nicht mehr Worträtsel, sondern Fragestellungen rund um Primzahlen, die es Larsen angetan haben. Vor allem eine, die bislang nicht beantwortet werden konnte: Gibt es einen Zusammenhang bei den Lücken zwischen sogenannten Carmichael-Zahlen?

Primzahl oder nicht?

Carmichael-Zahlen könnte man als Pseudo-Primzahlen bezeichnen. Wie das Quanta Magazine schreibt, würden sich Carmichael-Zahlen in bestimmten mathematischen Tests wie Primzahlen verhalten.

Primzahlen sind Zahlen, die nur durch sich selbst und 1 teilbar sind. Für sie gilt ausnahmslos der „kleine fermatsche Satz“, aufgestellt in der Mitte des 17. Jahrhunderts von Pierre de Fermat. Damals erkannte dieser, wenn er eine ganze Zahl mit einer beliebigen Primzahl potenziert und die ganze Zahl wieder abzieht, dass das Ergebnis ein Vielfaches der Primzahl ist.

Beispiel: 3 ist eine Primzahl. 4³-4 ergibt 60. 60 ist teilbar durch 3. In der Folge wollten Mathematiker*innen diesen Test nutzen, um schnell herauszufinden: Ist eine Zahl eine Primzahl oder nicht. Der Test ist durchaus nützlich. Doch wie sich herausstellte, gibt es seltene Ausnahmen: die Carmichael-Zahlen. Die kleinste unter ihnen ist die 561.

Bekannt ist mittlerweile, dass für Carmichael-Zahlen gewisse Voraussetzungen gelten. Eine davon lautet, dass sie sich aus dem Produkt mehrerer Primzahlen, die sich nicht wiederholen dürfen, zusammensetzen. 561 ist das Ergebnis von 3 × 11 × 17. So wie es unendlich viele Primzahlen gibt, gibt es auch unendlich viele Carmichael-Zahlen. Doch auch wenn das schon lange bekannt ist, ist wenig über die Verteilung von Carmichael-Zahlen bekannt – oder anders ausgedrückt: über die Lücken zwischen ihnen.

Brillante Ideen

Es gab allerdings diese Theorie: Dass es immer eine Carmichael-Zahl im Intervall zwischen x und 2x gibt, wenn x eine hinreichend große natürliche Zahl ist. Die hatte unter anderem der Mathematiker Andrew Granville im Jahr 1994 aufgestellt – konnte sie aber nie beweisen. Genau das aber war Larsen gelungen.

Der war gerade in seinem Abschussjahr der High School und hatte sich lange mit der Theorie beschäftigt. Als er glaubte, sie bewiesen zu haben, schrieb er Granville eine Mail. Das war im November 2021.

Im Gespräch mit dem Quanta Magazine sagte dieser über den Moment, als er die Mail las: „Es war nicht die einfachste Lektüre. Aber mir wurde schnell klar, dass der Junge nicht herumalbert. Und er hatte brillante Ideen.“ Der Beweis, der dem Minderjährigen gelungen sei, sei gut genug für eine Arbeit, auf die jeder Mathematiker und jede Mathematikerin stolz wäre. Und genau die hat Larsen nun im Journal International Mathematics Research Notices veröffentlicht. Vielleicht hat er damit nicht nur das Rätsel gelöst, sondern auch die Primzahlen hinter sich gelassen.

Welches Problem kommt jetzt?

Denn seit kurzem studiert Larsen am Massachusetts Institute of Technology – wenig überraschend – Mathematik. Dem Quanta Magazine sagte er, dass er derzeit noch nicht wisse, mit welchem mathematischen Problem er sich in Zukunft beschäftigen wolle. Er sei gerade einfach begierig, zu lernen und zu erkunden: „Ich belege jetzt erstmal Kurse und versuche, aufgeschlossen zu sein.“

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