10 Fakten: Was man zur WM über die deutsche Frauennationalmannschaft wissen sollte

In der kommenden Woche beginnt die Frauen-Weltmeisterschaft. Die deutsche Nationalmannschaft fährt als einer der Favoriten nach Australien und Neuseeland.

Der letzte WM-Titel ist schon eine Weile her: In China konnte die DFB-Elf ihren WM Titel 2007 verteidigen. (Bild: Action Images/Alex Morton)
Der letzte WM-Titel ist schon eine Weile her: In China konnte die DFB-Elf ihren WM Titel 2007 verteidigen. (Bild: Action Images/Alex Morton)

Am 24. Juli steigt die deutsche Nationalmannschaft in das WM-Turnier "Down Under" ein. Nach der Finalteilnahme und der knappen Niederlage gegen England bei der Europameisterschaft im vergangenen Sommer sind die Hoffnungen auf den ersten Titel seit zehn Jahren beim DFB groß. Doch in der Vorbereitung stolperte die Mannschaft zuletzt. Ein Blick auf die wichtigsten Fakten rund um die Nationalmannschaft der Frauen.

Das allererste Spiel

Lange Zeit gab es keinen offiziellen Spielbetrieb im Frauenfußball. Das galt nicht nur für die Bundesliga, sondern auch auf Nationalmannschaftsebene. Deshalb bestritt die DFB-Elf der Frauen ihr erstes Länderspiel erst am 10. November 1982. Die Gegnerinnen kamen aus der Schweiz, gegen die auch die Männernationalmannschaft ihr allererstes Länderspiel bestritten hatte - allerdings bereits 1908. Mit dabei war beim 5:1-Debüt-Sieg 1982 bereits die spätere Nationaltrainerin Silvia Neid. Neid führte die Mannschaft auch bei der ersten EM-Teilnahme 1989 direkt im eigenen Land zum Titel. Es folgten sieben weitere EM-Titel und der Aufstieg in die Weltspitze, der in zwei WM-Titeln und olympischem Gold in Rio 2016 gipfelte.

Die Anfänge: Silvia Neid (links) feiert mit Pia Wunderlich ein Tor gegen Brasilien. (Bild: Reuters)
Die Anfänge: Silvia Neid (links) feiert mit Pia Wunderlich ein Tor gegen Brasilien. (Bild: Reuters)

WM-Geschichte der DFB-Frauen

Die erste offizielle WM des Frauenfußballs wurde 1991 in China ausgetragen. Bei der Premiere erreichte die DFB-Elf das Spiel um Platz Drei, verlor dort aber gegen Schweden. 1995 ging das Finale gegen Norwegen verloren, gegen die dominanten US-Amerikanerinnen gab es 1999 einen Viertelfinal-Thriller, der mit einer bitteren 2:3 Niederlage endete. Doch die Revanche glückte beim nächsten Turnier 2003 in den USA. Im Finale gewann die deutsche Elf um Birgit Prinz dank eines Golden Goals von Nia Künzer gegen Schweden und krönte sich zu Weltmeisterinnen. Vier Jahre später verteidigte das Team als erste Frauenmannschaft den Titel in China, diesmal hieß der Finalgegner Brasilien mit Weltfußballerin Marta. Ausgerechnet bei der Heim-WM 2011 gab es ein enttäuschendes frühes Aus im Viertelfinale, der dem Frauenfußball hierzulande den erhofften Schwung etwas raubte. 2015 war es in Kanada wieder ein vierter Platz nach einer Niederlage gegen England im Platzierungsspiel. Und bei der bislang letzten WM in Frankreich 2019 war abermals im Viertelfinale gegen die Schwedinnen Schluss.

Kurz nach diesem Moment geht alles im Jubel unter: Nia Künzer köpft Deutschland mit ihrem GHolden Goal im Finale gegen Schweden 2003 zum ersten WM-Titel. (Bild: Ben Radford/Getty Images)
Kurz nach diesem Moment geht alles im Jubel unter: Nia Künzer köpft Deutschland mit ihrem GHolden Goal im Finale gegen Schweden 2003 zum ersten WM-Titel. (Bild: Ben Radford/Getty Images)

Der WM-Kader

Nachdem das letzte Testspiel gegen die Underdogs aus Sambia überraschend mit 2:3 verloren ging, hat Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg nun ihren endgültigen 23-köpfigen WM-Kader bekannt gegeben. 19 der Spielerinnen standen bereits bei der erfolgreichen EM im Sommer 2022 im Kader.

Aus dem 29-köpfigen vorläufigen DFB-Kader mussten noch sechs Spielerinnen weichen. (Bild: REUTERS/Heiko Becker)
Aus dem 29-köpfigen vorläufigen DFB-Kader mussten noch sechs Spielerinnen weichen. (Bild: REUTERS/Heiko Becker)

Tor: Ann-Katrin Berger (FC Chelsea), Merle Frohms (VfL Wolfsburg), Stina Johannes (Eintr. Frankfurt) Abwehr: Sara Doorsoun (Eintr. Frankfurt), Chantal Hagel (VfL Wolfsburg), Marina Hegering (VfL Wolfsburg), Kathrin Hendrich (VfL Wolfsburg), Sophia Kleinherne (Eintr. Frankfurt), Sjoeke Nüsken (FC Chelsea), Felicitas Rauch (VfL Wolfsburg) 

Mittelfeld: Jule Brand (VfL Wolfsburg), Sara Däbritz (Olympique Lyon), Svenja Huth (VfL Wolfsburg), Lena Lattwein (VfL Wolfsburg), Melanie Leupolz (FC Chelsea), Sydney Lohmann (Bayern München), Lina Magull (Bayern München), Lena Oberdorf (VfL Wolfsburg)

Sturm: Nicole Anyomi (Eintr. Frankfurt), Klara Bühl (Bayern München), Laura Freigang (Eintr. Frankfurt), Alexandra Popp (VfL Wolfsburg), Lea Schüller (Bayern München)

Als Ersatz fährt zudem noch die Freiburgerin Janina Minge mit, die bei einem Ausfall kurzfristig nachnominiert werden könnte.

WM 2023: Der DFB-Kader in Bildern

Die Gruppengegnerinnen

In der deutschen Gruppe H warten Kolumbien, Marokko und Südkorea auf die Mannschaft von Voss-Tecklenburg. Das sind auf dem Papier lösbare Aufgaben, erst im Achtelfinale könnten nominell größere Teams wie Brasilien oder Frankreich warten, die amtierenden Weltmeisterinnen aus den USA können die Deutschen frühestens im Finale treffen. Aber die drei Gruppengegnerinnen sind allesamt unbeschriebene Blätter für das DFB-Team. Gegen keins der Länder gab es bisher ein Pflichtspiel.

Die Südkoreanerin So-yun Ji gewann mit Chelsea viermal die englische Liga und ist mit 144 Länderspielen eine der erfahrensten Spielerinnen der WM. (Bild: Action Images via Reuters/Adam Holt)
Die Südkoreanerin So-yun Ji gewann mit Chelsea viermal die englische Liga und ist mit 144 Länderspielen eine der erfahrensten Spielerinnen der WM. (Bild: Action Images via Reuters/Adam Holt)

Zunächst wartet mit Marokko der Weltranglisten-73. Die Nordafrikanerinnen waren bislang noch nie für eine WM qualifiziert, die wenigsten Spielerinnen haben Auslandserfahrung. Star des Teams ist Rosella Ayane. Die 27-jährige Mittelfeldspielerin ist in England aufgewachsen und spielt dort auch für Tottenham Hotspur. Seit 2021 läuft sie für Marokko auf und erreichte mit den "Atlas Löwinnen" im vergangenen Jahr das Finale des Africa-Cups erreichte, was gleichbedeutend mit der WM-Qualifikation war.

Kolumbien könnte ein unangenehmerer Gegner werden, auch wenn der Weltranglistenrang 26 das nicht unbedingt vermuten lässt. Auch in Lateinamerika hat sich der Frauenfußball in den vergangenen Jahren rasant weiter entwickelt. Die meisten der kolumbianischen Spielerinnen spielen in Lateinamerika, einige Stars des Teams kicken allerdings in Spanien. Mit dem erfahrenen Trio Daniela Montoya, Diana Ospina und vor allem Stürmerin Catalina Usme sind drei Köpfe der Mannschaft älter als 32 und haben allesamt mehr als 50 Länderspiele gesammelt. Ein spannendes Talent ist dagegen die erst 18 jährige Linda Caicedo, die für Real Madrid auf Tore-Jagd geht.

Als Letztes wartet in der Gruppe am 3. August mit Südkorea ein echter Prüfstein. Die Asiatinnen erreichten bei der Asienmeisterschaft ebenfalls das Finale, viele der Spielerinnen sind in Europa unter Vertrag, wie So-hyun Cho, die in Tottenham Mitspielerin der Marokkanerin Ayane ist. MIt 143 Länderspielen ist sie neben So-yun Ji (144) die erfahrenste im Kader. Auch wenn es bei der letzten WM nicht für das Überstehen der Gruppenphase reichte, ist mit den lauf- und kampfstarken Südkoreanerinnen zu rechnen.

Das liebe Geld

Nicht erst seit dem aufsehenerregenden Protest der US-Spielerinnen um Megan Rapinoe gibt es Debatten um die Bezahlung von Profifußballerinnen. Auch wenn die Zeiten eines Kaffee-Services als Prämie für einen Titel, wie beim ersten EM-Sieg 1989, glücklicherweise vorbei sind, sind die Frauen noch weit davon entfernt, ähnliche Summen zu erhalten, wie die Männer. Bei der WM in Australien und Neuseeland werden die Prämien erstmals direkt von der FIFA an die Spielerinnen ausbezahlt.

Wir haben 2022. Frauen und Männer sollten gleich bezahlt werden.Bundeskanzler Olaf Scholz bei der EM 2022 über "Equal Pay"

Der DFB entschied sich, darüber hinaus keine weiteren Prämien im Erfolgsfall auszuloben. Zum Vergleich: Im Falle eines WM-Gewinns in Katar hätten die männlichen Nationalspieler vom DFB 400.000 Euro erhalten. Jeder. Immerhin, die FIFA-Prämie bei einem WM-Sieg ist auch nicht schlecht: Die Spielerinnen des Weltmeisterteams bekommen von der FIFA jeweils rund 250.000 Euro ausgezahlt, so viel wie nie zuvor. Bei der EM im letzten Jahr bekamen die DFB-Spielerinnen für den Finaleinzug je 30.000 Euro, bei einem Sieg hätte sich die Summe verdoppelt.

U.S. Women's National Soccer Team player Megan Rapinoe delivers remSie ist die Vorreiterin der Bewegung: US-Star Megan Rapinoe setzt sich für gerechte Bezahlung im Frauensport ein und wurde dafür bereits in Weiße Haus eingeladen. (Bild: REUTERS/Jonathan Ernst)arks as she joins U.S. President Joe Biden and first lady Jill Biden for an Equal Pay for women proclamation at the White House in Washington, U.S. March 24, 2021.  REUTERS/Jonathan Ernst
Sie ist die Vorreiterin der Bewegung: US-Star Megan Rapinoe setzt sich für gerechte Bezahlung im Frauensport ein und wurde dafür bereits in Weiße Haus eingeladen. (Bild: REUTERS/Jonathan Ernst)

Die Rekordhalterin

Die erfolgreichsten Jahre der DFB-Elf prägte vor allem eine Spielerin: Birgit Prinz. Prinz hält nicht nur den scheinbar uneinholbaren Rekord von 214 Länderspielen, die Stürmerin hat dabei auch noch unfassbare 128 Tore erzielt. Die nächstbeste Torschützin der DFB-Geschichte hieß Heidi Mohr und hat mit ihren 83 Treffern 45 Tore Abstand auf Prinz, die von 1994 bis 2003 als Nationalspielerin auflief. Dabei wurde sie fünfmal Europameisterin und gewann 2003 und 2007 die beiden bisher einzigen WM-Titel für Deutschland. Bei den Männern hat Lothar Matthäus übrigens mit 150 die meisten Einsätze, Miroslav Klose reichten 71 Tore für den Platz als bester Nationalmannschafts-Torjäger.

So oft wie sie jubelte keine: Birgit Prinz traf im DFB-Dress insgesamt 128 mal. (Bild: REUTERS/Claro Cortes)
So oft wie sie jubelte keine: Birgit Prinz traf im DFB-Dress insgesamt 128 mal. (Bild: REUTERS/Claro Cortes)

Die Jüngste

Jule Brand ist am 16. Oktober 2002 geboren und somit im Alter von 20 Jahren die jüngste deutsche Spielerin im WM-Kader. Die Wolfsburgerin hat aber dennoch schon 32 Länderspiele auf dem Buckel und dabei sieben Treffer erzielt. Bei der EM in England stand sie in allen sechs Partien auf dem Feld. Mit der U17 holte sie bereits einen EM-Titel, 2022 wurde sie zur besten U21-Spielerin Europas gewählt. Im DFB-Team ist sie eine von insgesamt zehn Spielerinnen des VfL Wolfsburg. Auch ihr älterer Bruder Felix ist übrigens Fußballprofi, allerdings spielt er beim FSV Zwickau in der Dritten Liga.

Jule Brand (rechts) ist mit 20 Jahren die Jüngste im deutschen Kader. (Bild: REUTERS/Molly Darlington)
Jule Brand (rechts) ist mit 20 Jahren die Jüngste im deutschen Kader. (Bild: REUTERS/Molly Darlington)

Das WM-Quartier

Am 11. Juli steigt die Nationalmannschaft in den Flieger nach Australien. Bis zum Auftaktspiel haben die Spielerinnen dann zwölf Tage Zeit, sich an das Klima und vor allem den großen Zeitunterschied zu gewöhnen. Australien ist der mitteleuropäischen Zeit acht Stunden voraus. Nach der Landung in Sydney wird der DFB-Tross Quartier im "Regional Sporting & Recreation Complex in Central Coast" beziehen. Das großflächige Freizeit- und Sportareal verfügt über zahlreiche Rasenplätze und Fitnesseinrichtungen. Es liegt in Tuggerah, etwa 85 Kilometer nördlich an der Küste von Sydney entfernt. Dort wird dann auch das zweite Gruppenspiel gegen Kolumbien am 30.7., 11:30 Uhr stattfinden.

Im Rectangular Stadium in Melbourne wird die DFB-Elf das erste Gruppenspiel austragen. (Bild: Darrian Traynor/Getty Images)
Im Rectangular Stadium in Melbourne wird die DFB-Elf das erste Gruppenspiel austragen. (Bild: Darrian Traynor/Getty Images)

Das WM-Quartier liegt ziemlich genau auf der Mitte der anderen beiden Spielorte. Das Auftaktmatch gegen Marokko wird in Melbourne ausgetragen (24.7., 10:30 Uhr), eine Anreise von fast tausend Kilometern. In Brisbane, etwa 850 Kilometer nördlich vom Quartier findet dann das letzte Vorrundenspiel gegen Südkorea am 3.8., 12:00 Uhr statt. Beim Gruppensieg ginge es im Achtelfinale in Melbourne weiter, als Gruppenzweite würden die Deutschen in Adelaide spielen.

DFB-Star als TV-Expertin

Bis zuletzt hatte sie gehofft, am Ende lief ihr die Zeit davon. Nach ihrer schweren Knieverletzung im Oktober 2022 schaffte es Giulia Gwinn nicht mehr rechtzeitig vor der WM auf Wettkampfniveau zurück zu kommen. Bei allem Verständnis litt die 24-jährige Bayern-Spielerin und sagte nach Bekanntgabe der Entscheidung: "Das Sportlerherz blutet natürlich, wenn man bei der Nominierung nicht berücksichtigt wird wegen des Kreuzbandrisses und der fehlenden Spielpraxis." Doch ihr neuer Job dürfte mehr als ein kleines Trostpflaster sein.

Wie das ZDF bekannt gab, wird Gwinn nämlich doch mit nach Australien reisen. Dort soll die 33-fache Nationalspielerin als TV-Expertin über die WM und natürlich auch als Insiderin über die deutsche Nationalmannschaft berichten, wie sie im ZDF-Sportstudio am vergangenen Samstag verriet. "Ich freue mich riesig, dass ich das Team trotzdem irgendwie begleiten darf und als verlängerter Arm dabei sein kann", verriet Gwinn in der Sendung.

Die Anführerin

Klar, nach dem Auftritt bei der EM in England richten sich auch in Australien alle Augen auf Alexandra Popp. Die Urgewalt im Sturm war bei der Europameisterschaft mit sechs Treffern beste Torschützin. Sie ist mit ihren 128 Länderspielen nicht nur die erfahrenste im deutschen Kader, sondern mit 62 Toren auch beste aktive Torschützin und auf Platz fünf der ewigen Bestenliste. Dort könnte sie bei der WM zwei Plätze gutmachen, dafür fehlen ihr noch zwei Treffer.

Alexandra Popp bejubelt ihren Treffer im EM-Halbfinale gegen Frankreich. (Bild: REUTERS/John Sibley)
Alexandra Popp bejubelt ihren Treffer im EM-Halbfinale gegen Frankreich. (Bild: REUTERS/John Sibley)

Noch mehr als ihre Tore schätzen Fans und Trainerin allerdings ihre Qualitäten als emotionale Leaderin auf dem Platz. Selbst wenn es bei der gelernten Tierpflegerin mal nicht so läuft, geht sie immer mit vollem Einsatz voran und kann die Mannschaft so in schwierigen Situationen mitziehen. Durch ihre schwierige Verletzungshstorie bringt sie auch die entscheidenden Fähigkeiten mit, Hindernisse zu überwinden und hat als Kapitänin ein anerkanntes Standing in der Mannschaft. Mit der U20 wurde sie schon Weltmeisterin, mit der A-Nationalmannschaft Olympiasiegerin in Rio. Der WM-Titel "Down Under" wäre der krönende Abschluss einer großartigen Karriere für die 32-jährige Wolfsburgerin.