"1923" mit Harrison Ford und Helen Mirren: Amerikas Kultserie jetzt auch in Deutschland
Taylor Sheridans Serienkosmos um mehrere Generationen der einflussreichen Rancherfamilie Dutton ("Yellowstone", "1883") lockt in den USA ein riesiges Publikum vor die Bildschirme. Nun erzählt Superstar Harrison Ford in seiner ersten TV-Hauptrolle den Mittelteil der Geschichte.
Amerika ist süchtig nach Dutton. Verantwortlich dafür ist Serienmacher Taylor Sheridan, der mit seiner Kevin-Costner-Serie "Yellowstone" (bisher fünf Staffeln) eine moderne, qualitativ sehr viel anspruchsvollere Variante von "Dallas" erschaffen hat. Über die Saga einer einflussreichen Rancherfamilie verknüpft er Amerikas Geschichte mit der Situation der USA heute. Weil mittlerweile etwa zehn Millionen einschalten, wenn eine neue Staffel "Yellowstone" ansteht, hat Sheridan (oscarnominiert 2017 für sein Drehbuch zu "Hell or High Water") über die letzten Jahre ein wahres Spin-Off Universum erfunden, um die Geschichte der Familie Dutton von der (weißen) Eroberung Montanas bis in die Gegenwart nachzuerzählen.
Nachdem die Urgeschichte "1883" mit den Countrystars Faith Hill und Tim McGraw sowie "Yellowstone" schon länger bei Paramount+ zu sehen sind, folgt jetzt auch "1923", der Mittelteil der Erzählung. Die acht Episoden der ersten Staffel (eine zweite und letzte ist bereits bestellt) starten in Deutschland mit einer Doppelfolge am Samstag, 27. Mai, bei Paramount+. Die restlichen sechs Episoden laufen im Wochenrhythmus bis zum 8. Juli.
In den USA war das "Yellowstone"-Prequel mit 7,4 Millionen Zuschauern einer der erfolgreichsten Streaming-Serienstarts des Jahres und der erfolgreichste Auftakt einer Serie bei Paramount+ überhaupt. Dafür gibt es natürlich Gründe: Neben der allgemeinen Begeisterung für das "Yellowstone"-Universum, der wieder entflammten Begeisterung für das Western-Genre und des Interesses an der eigenen Geschichte, sehen die Amerikaner mit dem 80-jährigen Harrison Ford einen der größten Kinostars der letzten fünf Jahrzehnte in seiner ersten TV-Rolle. Gut, aufmerksame Serienschauer mögen bemerken, dass Ford in der Comedy-Serie "Shrinking" bei Apple TV+ einen Psychotherapeuten spielt - aber die neue Serie der "Ted Lasso"-Macher startete in den USA erst nach "1923", das dort schon im Dezember 2022 gelauncht wurde.
Harrison Ford als bärbeißiger Western-Oldie
Doch worum geht es? Jacob Dutton (Ford) lebt mit seiner Frau Cara, gespielt von Helen Mirren (Oscar für "The Queen"), auf seiner riesigen Rinderfarm in Montana. Doch sechs Jahre vor dem offiziellen Beginn der großen Wirtschaftsdepression 1929 sind auch im weitläufigen Westen des Landes die schweren Zeiten bereits zu spüren: Eine extreme Dürre führte dazu, dass es auf den Weiden kaum mehr Gras gibt. Das lebensnotwendige Futter für Duttons Tiere wird knapp. Zudem gibt es immer mehr Heuschrecken in der Gegend.
Die wenigen Ressourcen müssen sich die Rinderbarone mit den Schafzüchtern teilen, die viel weniger Land zur Verfügung haben und ihre Tiere gegen dessen Willen auf Dutton-Land grasen lassen. Dies führt zu erbitterten Kämpfen mit den Schafzüchtern um Banner Creighton (Jerome Flynn). Gleichzeitig wird auch das Leben der Dutton-Nachkommen sowie das Schicksal einer indigenen jungen Frau erzählt: Teonna (Aminah Nieves), die in einem christlichen Erziehungsheim zu einem "guten Menschen" erzogen werden soll. In Wirklichkeit regieren dort Züchtigung und Angst.
Kulturanthropologen und TV-Fachleute glauben zu wissen, warum Sheridans Serienkosmos so viele Menschen in den USA begeistert. Sie glauben dort die Ursuppe für die heute zutiefst gespaltene Gesellschaft der USA zu finden: Die Duttons und ihre Widersacher sind die amerikanischen Urtypen der "Landnehmer" und Familienverteidiger, deren Werte gerade im Trump-Lager bis heute geteilt werden. Demokratie, schön und gut. Aber wenn es ums Ganze geht, ist Blut dicker als Wasser und eine geladene Flinte der beste Freund.
Wer Freude an archaischen Familiengeschichte mit starkem Schauspiel, ebensolchen Dialogen und epischen Kino-Bildern hat, ist bei "1923" gut aufgehoben. Dass die im besten Sinne altmodische Drama-Serie in Deutschland eine ebenso große Welle erzeugt wie in den USA, ist aber eher nicht zu erwarten. Auch, wenn Harrison Ford als bärbeißiger Western-Oldie wieder mal eine Klasse für sich ist.