2022: Besonders seltsame Stories aus der Forschung

Nicht jede Studie ruft Staunen in der Wissenschafts-Community hervor. Meist beschreiben die Erkenntnisse kleine Fortschritte. Doch manchmal gibt es Ausreißer: Auch 2022 gab es einige skurrile Forschungsergebnisse.

Nur, weil eine Erkenntnis aus einem Labor stammt, muss sie noch lange nicht wegweisend sein. Es gibt auch Forschung, die erstmal für Stirnrunzeln sorgt. (Symbolbild: Getty Images)
Nur, weil eine Erkenntnis aus einem Labor stammt, muss sie noch lange nicht wegweisend sein. Es gibt auch Forschung, die erstmal für Stirnrunzeln sorgt. (Symbolbild: Getty Images)

Gerade erst fand die Verleihung der Nobelpreise statt, die jedes Jahr herausragende Leistungen von Wissenschaftler*innen ehrt. Doch nicht immer gipfelt Forschung in bahnbrechenden Erkenntnissen.

Im Gegenteil: Die Regel sind kleine Fortschritte in einem nischigen Forschungsbereich. Und manchmal, da gelingt nicht einmal das. Auch 2022 wurden, vorsichtig formuliert, einige abwegige Forschungsergebnisse präsentiert. Ein Jahresrückblick mit fünf skurrilen Beispielen.

Lachen und Nachdenken

Den Anfang machen zwei Sieger des diesjährigen Ig-Nobelpreis. Ig steht dabei für „ignoble“, was übersetzt in etwa unwürdig oder schändlich bedeutet. Aber ganz so schlimm ist es gar nicht, den Preis zu erhalten. Die Jury geht sogar soweit, zu schreiben, dass es durchaus als eine Ehre verstanden werden könnte. Denn der „Gegenentwurf zum Nobelpreis“ will Forscher*innen nicht bloßstellen, sondern kürt Untersuchungen, die „Menschen zuerst zum Lachen bringen und dann zum Nachdenken“.

Eis statt Chemo: weniger Nebenwirkungen

Dennoch haben die Sieger-Studien oft gemein, dass ihre Ergebnisse wenig überraschend bis trivial klingen. So auch der Ig-Nobelpreis, der dieses Jahr in der Kategorie „Medizin“ verliehen wurde.

Er wurde einem polnischen Forschungsteam verliehen, das zeigen konnte, dass Patient*innen infolge einer Chemotherapie weniger Nebenwirkungen bekamen, wenn statt eines „typischen Bestandteil“ des Verfahrens Eiscreme verabreicht wurde.

Tja, wer hätte gedacht, dass Eiscreme im Körper weniger Schaden anrichtet als Medikamente, die zum Ziel haben, wildwuchernde Zellen zu zerstören?

Verstopfte Skorpione

Es gibt aber auch Forschungsergebnisse, die werfen beim ersten Blick mehr Fragen auf, als sie Antworten liefern. In diesen Bereich dürfte auch der diesjährige Ig-Nobelpreis in Biologie fallen, den ein internationales Forscher-Duo aus Kolumbien und Brasilien erhielt.

Sie heißen Solimary García-Hernández und Glauco Machado und konnten zeigen, dass der nicht-tödliche Verlust des Schwanzes bei Skorpionen zu Verstopfung führen und damit Einfluss auf die Paarungsaussichten der Tiere haben kann. Gut zu wissen. Vermutlich.

Fahrende Fische

Neben der Ig-Noble-Jury hat auch das Cosmos Magazine in einer Art Rückschau auf das Jahr skurrile Studien gekürt, die bei dem einen oder der anderen für Kopfschütteln sorgen dürfte.

Zunächst müssen da die israelischen Wissenschaftler*innen genannt werden, die die drängende Frage beantwortet haben: Wie würden Goldfische fahren, wenn sie ein Fahrzeug steuern könnten? Dazu haben sie einem Aquarium Rollen verpasst, die in jede Richtung lenken können. Apropos lenken: Kann das ein Goldfisch? Ja, via Schwimmrichtung! Dazu wurde eine Kamera installiert, die jede Bewegung der Fische aufnimmt und ihre Schwimmrichtung an die Rollen sendet, die sich entsprechend bewegen.

Laut den Wissenschaftler*innen waren die tierischen Probanden nach nur wenigen Tage Training ziemlich gut hinter dem Steuer. Sie konnten Hindernisse umfahren und Sackgassen vermeiden, um an ihr Ziel zu kommen. Und, wichtige Frage: Wozu das alles? Das Ziel der Studie war, herauszufinden, wie Tiere in für sie unbekannter Umgebung navigieren. Warum dafür Fische fahren müssen? Wer weiß.

Allergisch auf was genau?

Der folgende wissenschaftliche Beitrag beschreibt die seltene Ausprägung einer Volkskrankheit. Viele kennen es: Nase zu, Augen geschwollen, das Atmen fällt schwer. Allergiezeit – für unzählige Menschen ein Gräuel. Vor allem Gräser und Pollen machen das Leben schwer.

Doch laut einem Bericht, der dieses Jahr in Urology Case Reports veröffentlicht wurde, gibt es offenbar Männer, die am „Post orgasmic illness syndrome“ leiden. Sie sind allergisch auf ihre Orgasmen. Beschrieben wird dabei der Fall eines 27-Jährigen, der – ansonsten gesund – nach Selbstbefriedigung oder Sex grippeähnliche Symptome entwickelt. Das reicht von Husten und Schnupfen bis hin zu geschwollenen Lymphknoten und einem juckenden Ausschlag auf seinen Armen.

Offenbar leidet der Mann schon seit seinem 18. Lebensjahr daran und macht deshalb um Beziehungen und Sex einen großen Bogen. Jetzt konnte ihm endlich eine Diagnose gestellt werden und er erhielt Antihistaminika, ein typisches Mittel gegen Allergien. Tatsächlich verschwanden seine Symptome fast vollständig. Das Problem: Die Diagnose muss erstmal gestellt werden. Denn: Die Orgasmus-Allergie ist kaum bekannt und überaus selten. Bislang sind weniger als 60 Fälle dokumentiert.

Tote Greifarmspinne

Zum Schluss noch einmal eine absonderliche tierische Forschung. Menschen mit Angst vor Spinnen müssen jetzt ganz stark sein, denn Wissenschaftler*innen haben einen sogenannten „Necrobot“ entwickelt – eine Art Greifarm aus einer toten Wolfsspinne.

Der Grund, eine Spinne auszuwählen, lag nicht im Gruselfaktor. Es war Ergebnis ganz praktischer Überlegungen: Spinnen nutzen zur Fortbewegung nicht Muskelpaare wie der Mensch, wo ein Muskel zum Beugen und ein zweiter „Gegenspielermuskel“ zum Strecken eines Beines oder Armes da ist – Spinnen nutzen stattdessen zum Strecken ihrer Beine ein Flüssigkeitssystem.

Sie haben dafür ein spezielles Organ, das Flüssigkeit mit Druck in die Beine lenkt und diese so streckt. Das nutzen die Forscher*innen jetzt aus, indem sie mit einer Nadel den Druck in einer toten Spinne gezielt erhöhen oder senken und so die Beine öffnen oder schließen. Sie haben so eine Art Greifarm konstruiert. Mögliche Anwendungsgebiete: besonders gut getarnte Insektenfallen oder feingliedrige Werkzeuge in der Elektronikproduktion.

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