25 Jahre Karfreitagsabkommen in Nordirland: Ein steiniger Weg zum Frieden
Am 10. April 1998 wurde in Nordirland das historische Karfreitagsabkommen geschlossen. Es beendete fast 30 Jahre eines blutigen Bürgerkriegs zwischen irischen Katholiken und britischen Protestanten um Status der Region im nördlichen Teil der irischen Insel. Doch was hat das Friedensabkommen tatsächlich bewirkt? Und wie sieht es auf politischer Ebene aus? Ein Bericht aus Belfast.
Nordirland: Friedensmauern trennen Bevölkerungsgruppen
Joe O'Donnell passiert die sogenannte Friedensmauer in Belfast. Sie trennt noch immer britische Protestanten und benachbarte irische Katholiken. Aus seiner Sicht hat das Karfreitagsabkommen von 1998 zwar Frieden gebracht, die Spannungen aber dauern bis heute an:
"Keiner würde sagen, dass der Friedensprozess nach 25 Jahren seine Ziele vollständig erreicht hat, und er hat wahrscheinlich nicht so viel erreicht, wie die Menschen nach 25 Jahren erhofft oder erwartet hätten."
Im Nordirland-Konflikt wurden zwischen 1969 und 1998 mehr als 3.700 Menschen getötet, mehr als 47.500 verletzt.
Die Generation, die seit 1998 geboren wurde und die nie Gewalt erlebt hat, findet, dass das Karfreitagsabkommen weniger hält, als es versprochen hat:
"Es hat auf jeden Fall etwas gebracht, aber es gibt definitiv noch mehr Dinge, die getan werden könnten", meint eine Passantin.
Politischer Stillstand frustriert
"Wir leben in relativem Frieden und ich fühle mich sehr privilegiert, das zu erleben. Wenn ich meinen Eltern zuhöre, sprechen sie von furchtbaren Zeiten. Offensichtlich ist der politische Prozess eine andere Frage. Das nordirische Parlament hat weniger Zeit funktioniert als es etwas bewegt hätte, und ich glaube, das ist etwas, was die Menschen hier frustriert", sagt ein junger Mann auf der Straße.
Derzeit blockiert die Unionspartei DUP die Bildung einer neuen Regionalregierung mit der republikanischen Sinn Féin - aus Protest gegen Post-Brexit-Regeln für Nordirland. Sinn Féin war bei Wahlen 2022 erstmals als stärkste Kraft hervorgegangen.
Expert:innen sind der Ansicht, dass das Karfreitagsabkommen dennoch dazu beigetragen hat, die beiden verfeindeten Bevölkerungsgruppen einander näher zu bringen.
Karfreitagsabkommen: eine bemerkenswerte Leistung
"Viele Nationalisten und viele Unionisten sind mit vielen Vereinbarungen im Karfreitagsabkommen unzufrieden, aber aus einer Perspektive anderer Konflikte heraus, in anderen Teilen der Welt, ist die Verwirklichung eines substantiellen Friedens in einem scheinbar unlösbaren Konflikt, in einem Konflikt, der einfach nicht enden wollte, eine bemerkenswerte Leistung", erklärt Richard English, Professor für Politik an der Queen's University Belfast.
Euronews-Korrespondent Ken Murray fasst zusammen:
"Hier in Belfast gibt es über 100 Friedensmauern wie diese, die pro-irische Katholiken von pro-britischen Protestanten trennen. Allein die Tatsache, dass es diese Mauern überhaupt gibt, ist der lebende Beweis dafür, dass es bei der Umsetzung des Friedensabkommens von 1998 noch viel zu tun gibt."