Ältere Britin kritisiert Boris Johnson harsch – und trendet auf Twitter

Während seiner Rede auf dem Parteitag der Conservative Party Conference in Manchester. Längst nicht alle Wählerinnen und Wähler sind mit seinem Auftreten zufrieden. Foto: AP Photo / Frank Augstein
Während seiner Rede auf dem Parteitag der Conservative Party Conference in Manchester. Längst nicht alle Wählerinnen und Wähler sind mit seinem Auftreten zufrieden. Foto: AP Photo / Frank Augstein

Aus jedem ihrer Worte spricht die Frustration über den politischen Stillstand, den Boris Johnson ihrem Land beschert. Und die ältere Frau scheint damit einen Nerv zu treffen: Allein auf Twitter wurde ihr Video, in dem sie ihrem Ärger Luft macht, millionenfach aufgerufen.

Von wegen britisch-vornehme Zurückhaltung: Seit einigen Tagen geht auf dem Kurznachrichtendienst Twitter der Clip einer Dame viral, die von „Sky News“ im Londoner Vorort Uxbridge zu ihrem Premierminister befragt werden sollte. Doch anstatt einer ernsten Antwort, verhärtet sich ihr Gesicht, als sie besagten Namen hört. Mit zusammengekniffenen Augen sagt die unbekannte Frau dann aber doch: „Erwähnen Sie nie wieder seinen Namen in meiner Gegenwart, dieses dreckige Stück ‚toe rag‘.“

Ein toe rag wurde laut „urban dictionary“ früher als eine Art Socke verwendet, ein Lappen, den man sich im Mittelalter um den Fuß gebunden hat. Mit der Zeit, weil die sogenannten Ur-Socken nicht gewaschen wurden, begannen sie zu stinken. Umgangssprachlich wird toe rag heute benutzt, um eine unausstehliche Person zu titulieren.

Und Twitter hat seinen Spaß

Und natürlich dauerte es nicht lange, bis der #FilthyPieceOfToeRag auf Twitter trendete und zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer darunter ihre Unterstützung für die unverblümte Art der Frau aussprachen.

Apropos „please leave my town“ – mit diesem, äußerst freundlich vorgetragenen Satz, schüttelte ein Mann im September die Hand Johnsons und sagte ihm dabei ins Gesicht: Bitte, verlassen sie meine Stadt. Johnson bliebt daraufhin äußerst konsterniert zurück.

Kein gemeinsames Statement mit Boris Johnson

Währenddessen ist die Brexit-Diplomatie in vollem Gange. Ende des Monats, am 31. Oktober 2019, ist es – wieder einmal – soweit. Wieder einmal, weil der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU schon zweimal verschoben worden ist. Weder zum 29. März 2017, noch zwei Jahre später, zum 29. März 2019, gab es eine gemeinsame Antwort von Brüssel und London auf die zentrale Frage: Wie genau soll der Brexit vonstatten gehen? Und eine Antwort, die beide Seiten zufriedenstellt, gibt es weiterhin nicht.

Das zentrale Problem ist und bleibt die Grenzsituation zwischen der Republik Irland und Nordirland. Hier schlägt Johnson vor, dass Nordirland noch im Binnenmarkt der EU verbleiben könne, nicht aber in deren Zollunion. Wie die Briten allerdings Zölle ohne eine harte Grenze kontrollieren wollen, dafür haben sie noch keine Lösung präsentiert. Der vertraglich gesicherte Backstop der EU verhindert im Falle eines ungeordneten Brexits die Grenze zwischen den irischen Ländern, um den Nordirland-Konflikt, bei dem tausende Menschen starben, nicht wieder aufleben zu lassen.

Danke, kein Interesse

Auch deswegen war am Dienstag der Präsident des Europäischen Parlaments, David Sassoli, bei Boris Johnson zu Gast. Um diplomatisch doch noch auf eine Einigung hinzuwirken. Oder, wie der Spiegel berichtete, um Boris Johnson ins Gewissen zu reden. Nach den Gesprächen trat Sassoli dann aber allein vor die versammelte Presse, man habe ihm mitgeteilt, „die Briten hätten derzeit kein Interesse an einem Statement“. Sassoli sagte zudem über das letzte britische Angebot: „Das sind keine Vorschläge, die uns einem Abkommen näherbringen. Wenn jemand sagt, er will am 31. Oktober raus, dann würde man erwarten, dass er für den 1. November etwas vorbereitet hat.“ Das klingt weitaus diplomatischer, als es manch britische Dame formuliert hätte.