Die Albtraum-Odyssee des Joaquin Phoenix: Das sind die Kino-Highlights der Woche
"Book Club", "Winnie the Pooh: Blood and Honey" und "Beau Is Afraid", der nächste ganz große Leinwand-Auftritt von Oscargewinner Joaquin Phoenix: Das sind die Kino-Neustarts am 11. Mai.
Was der deutsche Film vom amerikanischen dann doch bisweilen lernen kann: Enthemmung, Rausch und Gewalt sind auf der Leinwand deutlich besser aufgehoben als am Filmset. In Zusammenhang mit den Dreharbeiten zu Ari Asters drittem Spielfilm "Beau is Afraid" wird jedenfalls von einem hervorragenden Arbeitsklima berichtet. Ähnlich aufgeräumt wird allerdings niemand den Kinosaal verlassen, der sich auf diesen freudianischen XXL-Psychohorrortrip eingelassen hat.
Was das Publikum in dieser Woche außerdem erwartet: Jane Fonda und weitere Stars begeben sich in "Book Club - Ein neues Kapitel" auf eine sehr spezielle Kulturreise, und in "Winnie the Pooh: Blood and Honey" wird die populäre Kinderbuch-Figur zum Grusel-Monster.
Beau is Afraid
Angekündigt hatte Mystery-Horror-Experte Aster ("Hereditary - Das Vermächtnis", "Midsommar") das Projekt als eine vierstündige "Albtraumkomödie" mit einem Erzählzeitraum von 17 Jahren. Zur Entwarnung sei gesagt: Auf Druck des Filmstudios beträgt die Spielzeit von "Beau is Afraid" nur schlappe drei Stunden. Wer aber dachte, Joaquin Phoenix habe als "Joker" (2019) die Grenzen manischer Schauspielkunst erreicht, wird hier in ganz neue Erfahrungsräume geführt.
Zurechtfinden wird sich dort derjenige am besten, der sich zwischen Es, Ich und Über-Ich nicht so leicht verirrt, wie es dem tragikomischen Antihelden dieser Gruselodyssee selbst widerfährt. Der titelgebende Beau ist ein von Neurosen und Phobien geplagtes Muttersöhnchen. Am Todestag des Vaters begibt sich das um die 50 Jahre alte Nervenbündel auf eine Reise zur Mutter. Unterwegs wird Beau bedroht, verfolgt, angefahren und entführt. Wo die Grenzen zwischen gefühlter Paranoia und erlebter Realität verlaufen, ist unmöglich zu ermitteln, was offenkundig dem experimentierfreudigen Stil des erst 36-jährigen Extremfilmemachers Aster entspricht.
Joaquin Phoenix, der den Angsthelden Beau rückhaltlos ramponiert verkörpert, machte sich schon vor dem Kinostart Sorgen um die psychischen Folgen fürs Publikum. Er warnte, man solle vor Ansicht des Films besser keine Drogen nehmen. Dem ist nicht zu widersprechen. Darüber hinaus wäre im Anschluss ein Termin beim Psychoanalytiker vielleicht keine schlechte Ergänzung.
Book Club - Ein neues Kapitel
Eigentlich wollten sich Diane (Diane Keaton), Sharon (Candice Bergen), Vivian (Jane Fonda) und Carol (Mary Steenburgen) bei ihren regelmäßigen Treffen zum "Book Club" nur ein bisschen miteinander über Literatur unterhalten. Doch dann katapultierte der Erotik-Bestseller "Fifty Shades of Grey" die vier langjährigen Freundinnen eines Buchklubs hinaus aus der Prä-Christian-Grey-Ära in eine unbekannte Sphäre, in der auch Frauen über 60 Jahren ein Recht auf Liebe und Leidenschaft haben.
Wie die Begegnung mit dem Schmuddelroman den Hormonhaushalt des Leseratten-Quartetts nachhaltig durcheinanderbringt, skizziert fünf Jahre nach "Book Club - Das Beste kommt noch" (2018) nun die Fortsetzung "Book Club - Ein neues Kapitel". Und es hat sich einiges getan bei den Best Agerinnen - allen voran bei Vivian. Bei einem der Treffen überrascht sie ihre Freundinnen mit einem Verlobungsring. Doch was wäre eine Verlobung ohne eine entsprechende Party? Denn schließlich kann man auch weit jenseits der 60 noch ordentlich auf den Putz hauen.
Deswegen geht es für Diane, Sharon, Vivian und Carol zum Junggesellinnenabschied nach Bella Italia. Was in Rom mit netten Selfies vor historischer Kulisse (Sharon: "Ich liebe alles, bei dem der Putz noch mehr abbröckelt als bei mir.") beginnt, nimmt rasch eine chaotische Wendung - samt Hubschrauberflug über der Ewigen Stadt, aphrodisierenden Begegnungen mit charmanten Italienern und einer Nacht hinter Gittern. Denn: "Das Leben ist wie ein guter Roman: Man weiß nie, was im nächsten Kapitel passiert." Wie schon der erste Film fischt Bill Holdermans (Regie, Drehbuch) Fortsetzung in humoristisch recht seichten Gewässern. Für kurzweilige Popcornunterhaltung samt prominenter Darstellerinnenriege ist in der Komödie jedoch gesorgt.
Winnie the Pooh: Blood and Honey
Am 31. Dezember 2021 lief das Urheberrecht von Alan Alexander Milnes Kinderbuchklassiker "Winnie-the-Pooh" ("Pu der Bär") aus. Das heißt, dass seit diesem Zeitpunkt die bekannten Figuren in jeglicher Art und Weise neu interpretiert werden dürfen. Diese Prämisse könnte spannende Ergebnisse liefern. Eine besonders kuriose neue Version, die ab sofort in den deutschen Kinos läuft: "Winnie the Pooh: Blood and Honey", ein Low-Budget-Slasher-Film des britischen Regisseurs und Drehbuchautoren Rhys Frake-Waterfield.
"Winnie the Pooh: Blood and Honey" befasst sich nicht weiter damit, dass Kinderbücher oft eine subtile, beunruhigende Note haben. Stattdessen erzählt der Film eine recht komplizierte Hintergrundgeschichte, in der Winnie Puuh und seine tierischen Freunde von ihrem menschlichen Freund Christopher Robin (Nikolai Leon) abhängig sind. Als er als Erwachsener den Wald verlässt, mutieren die Kreaturen des Hundertmorgenwaldes zu verbitterten und kannibalistischen Ungeheuern. Die eigentliche Handlung des Films konzentriert sich auf eine junge Frau namens Maria (Maria Taylor), die mit Freunden in einem Haus im Wald entspannen möchte, nachdem sie einen Stalker überwunden hat. Doch der Urlaub wird zum Albtraum, als sie auf die mörderische Version von Winnie Puuh (Craig David Dowsett) und Ferkel (Chris Cordell) trifft.
Winnie Puh als Gruselmonster? Darauf muss man erst einmal kommen. Sonderlich originell ist der Film trotzdem nicht: Winnie Puuh und Ferkel könnten auch einfach nur unheimliche Typen sein, die entsprechende Masken tragen und halbbekleidete junge Frauen bedrohen. In Großbritannien, wo der Film bereits im Februar in den Kinos anlief, fielen die Kritiken schlecht aus. So schlecht sogar, dass einige Medien in "Winnie the Pooh: Blood and Honey" bereits einen der schlechtesten Filme aller Zeiten erkannt haben wollten.