Nett-Werk auf Facebook: Wo die Kölner leben, lieben und sich austauschen

Knapp 180.000 User sind mittlerweile Mitglied der Facebook-Gruppe.

„Liebe Nettis...“: So fangen viele Posts in der Facebook-Gruppe Nett-Werk an, wenn User sich mit einer Bitte, einer Frage oder einer Anregung an die Mitglieder wenden. Bald 180.000 Facebook-User sind mittlerweile in der Gruppe vertreten und tauschen sich aus: Über Köln-Themen, über Aktuelles, über Persönliches. Seismograph für die Stimmung in Köln Philipp Daub hat die Gruppe 2009 gegründet und kümmert sich bis heute darum – gemeinsam mit zwei Administratorinnen. Zu dritt beantworten sie Nachrichten, sortieren Fake-Profile aus oder überprüfen gemeldete Beiträge. Daubs Ziel war es ursprünglich, dass die Kölner sich mit „Nettigkeiten“ aushelfen können. Mittlerweile ist die Gruppe noch viel mehr: Seismograph für die Stimmung in Köln, aber auch Ratgeber und Partnerbörse. Nett-Werk bringt Paare zusammen Die Gruppe hat dem einen oder anderen geholfen, seinen „Netti“ fürs Leben zu finden – Wie Angelo und Janine. Die beiden sind seit zwei Jahren ein Paar. Der Startschuss fiel im Nett-Werk. „Es wurde damals etwas zum Thema Schnullerbaum gepostet“, erinnert sich Angelo. „Ich habe das kommentiert und sie hat es gelikt.“ Er habe ihr daraufhin – natürlich ,aus Versehen', meint Angelo und setzt einen Smiley – eine Freundschaftsanfrage geschickt. Nach circa zwei Wochen haben sie sich getroffen. „Dann hat es gefunkt – bis heute“, erzählt Angelo glücklich. Inspiration für die Namensgebung oder auf der Suche nach Jobs Andere sind da schon weiter: Eine Userin sucht nach einer Hebamme, eine andere ist auf der Suche nach einem Namen für ihr zweites Kind. Warum nicht die anderen Kölner Nettis fragen, ob sie gute Ideen haben? Es gibt viele positive Geschichten, findet Nett-Werk-Gründer Philipp Daub und erzählt von entlaufenen Hunden, die andere Gruppenmitglieder an einem Supermarkt gefunden hätten. Oder als er selbst – eins der seltenen Male – eine persönliche Anfrage gestellt und sich nach einem Ersatz für das gestohlene Fahrrad der Mutter erkundigt hat. Und siehe da – auch bei ihm hat es funktioniert, Mutti konnte sich über ein neues Hollandrad freuen. Doch natürlich gibt es auch schwierige Posts, wie der, in dem eine Frau ihren Suizid ankündigt hatte. Die Administratorin, die zu der Zeit gerade über die Seite schaute, reagierte sofort und rief die Polizei. Die Frau konnte glücklicherweise gerettet werden. Nach der Kölner Silvesternacht 2015 tauchten im Nett-Werk die ersten Kommentare auf, die auf die massenhafte Belästigung der Frauen hindeuteten. Immer mehr User äußerten sich. Irgendwann musste Gründer Philipp Daub die Kommentarfunktion einschränken, da die Administratoren der Gruppe die Flut der Beiträge nicht mehr überblicken und moderieren konnten. „Das Nettwerk ist derzeit nahezu ein Kriegsschauplatz verbaler Gewalt, gegenseitiger Schuldzuweisungen, Aufrufe zur Lynchjustiz, Beleidigungen, Pöbel, Hetze und Rassismus“ hatte Daub damals dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erklärt. Die Gruppe aufzulösen war für ihn nie eine Option gewesen: „Es ist weiterhin eine tolle Idee.“ „Diesem Ideal gerecht zu werden, ist nicht möglich“ Trägt sich der Gedanke auch acht Jahre nach der Gründung noch, eine Gruppe zu haben, wo die Leute nett zueinander sind und das positive Lebensgefühl feiern? Da wird Philipp Daub zögerlich: „Diesem Ideal gerecht zu werden, ist nicht möglich.“ Bei den Mitgliedern träfen Welten aufeinander. Die Gruppe funktioniert, aber die Idee des Besonders-Nett-zueinander-seins ist schon abhanden gekommen, bedauert der freiberufliche Sprecher und Künstler, der seine Karriere beim TV-Sender Viva gestartet hatte. Wie schnell es einen Shitstorm gibt! Sobald das Thema beispielsweise auf Kriminalität und Flüchtlinge komme, „schaukelt es sich sofort hoch“. Damit als Administrator umzugehen, erfordert ein dickes Fell. „Löscht man einen Beitrag, ist man der Buhmann, löscht man ihn nicht, ist das in den Augen mancher Leute auch falsch“ erklärt der 50-Jährige den Spagat. Egal, was man tut: Man gibt immer ein Statement ab. Trotz der Shitstorms, die sich manchmal in der Gruppe entwickeln und trotz der mittlerweile etwas löchrig gewordenen Idee des Besonders-nett-zueinander-seins: Ob jemand eine neue Wohnung sucht, seine kaum getragenen Schuhe verkaufen möchte oder auf der Suche nach einem Fußballverein für den Sohnemann ist: Fast immer weiß jemand Rat im Kölner Nett-Werk....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta