"Amy": Traurige Doku über das kurze Leben eines Weltstars

Am 16. Juli, wenige Tage vor dem vierten Todestag von Amy Winehouse (1983 - 2011), kommt die Dokumentation "Amy" in die deutschen Kinos, die den Aufstieg und Fall einer Ausnahmekünstlerin erzählt. Regie führte Asif Kapadia, der auch schon dem Formel-1-Champion Ayton Senna ein posthumes Film-Denkmal setzte.

Kapadia hatte hierbei den Luxus, die schlechten Momente im kurzen Leben der Soul-Sängerin nicht nur erzählen zu müssen. Im Zeitalter der Paparazzi und omnipräsenten Kameras stand ihm jede Menge Film- und Bildmaterial zur Verfügung, das Amy in ihren schlimmsten Phasen zeigt - abgemagert, ausgebrannt und verstört.

Regisseur Asif Kapadia verzichtet dabei, wie schon bei "Senna", auf schön ausgeleuchtete Interviews in Büros oder Wohnzimmern oder einen Erzähler. Die unzähligen Aufnahmen, die Kapadia zur Verfügung hatte, zeichnen auch ohne Kommentar ein klares Bild der Sängerin. In den aus dem Off eingespielten Erklärungen von Freunden, Familie und Wegbegleitern offenbaren diese vielmehr Einiges über sich selbst. Kein Wunder also, dass Amys Vater Mitch Winehouse alles andere als begeistert über das Ergebnis der Dokumentation war, zeichnet sie doch ein Bild von einem Umfeld, das alle Warnsignale stur leugnete und einer selbstzerstörerischen Künstlerin am Rande des Absturzes kein Sicherheitsnetz bot.

Im Sturzflug von der Spitze

Abgesehen von den Interviews verlässt sich Kapadia allein auf das, was Amy selbst zurückließ. Er ergründet ihr Gesicht, er analysiert ihre Songtexte und kommt ihr damit näher als man es für möglich gehalten hätte. Er zeigt sie in der Phase vor und nach dem Ausnahme-Album "Back to Black" - mit und ohne den Beehive, der zu ihrem Markenzeichen wurde, den sie sich jedoch erst an der Spitze ihres Ruhmes aneignete, als es nirgendwo mehr hingehen konnte als nach unten - in Amys Fall im Sturzflug.

Doch der Film ist nicht alleine eine Analyse ihres Absturzes und Todes, oder eines Lebens, das von Anfang an in Richtung Unglück steuerte. Er zeichnet auch ein Porträt einer jungen Frau mit scharfem Verstand, immensem Talent und quirligem Humor. Bevor sie zur Witzfigur und später tragischen Heldin der Presse wurde, war sie eine junge Musikerin, die in billigen Clubs auftrat, sich - glücklich und unglücklich - verliebte und letztendlich einfach nur Musik machen wollte. Der Ruhm war eine lästige Nebenwirkung der Möglichkeit, ihre Passion zum Beruf zu machen. "Ich glaube nicht, dass ich damit umgehen könnte", hatte sie im Teenager-Alter gesagt. "Ich würde wahrscheinlich verrückt werden."

Sie behielt nur zum Teil Recht. Sie ging am Ruhm kaputt - wenn sie jedoch verrückt war, galt das für ihr Umfeld umso mehr. Amys Beziehung und spätere Ehe zu Blake Fielder-Civil glich einem Zugunglück. Die unerwünschte Aufmerksamkeit der Presse, die Verfolgung durch Paparazzi und Amys zunehmender Konsum von Alkohol und harten Drogen taten ihr Übriges, ihren Absturz zu besiegeln.

Zurück bleibt am Ende des Films Traurigkeit - und Scham. Darüber, dass man den Medienberichterstattungen Futter gegeben hat, dass man über die Witze lachte, dass man in Amy nur den drogenvernebelten Star sah. Denn nichts anderes erwartet man letztendlich von einer Musik-Ikone, wie Amy Winehouse es schon zu Lebzeiten war. Wer der Mensch hinter dem glänzenden Bild war, interessierte erst wieder nach ihrem Tod.