Apple-Detektiv-Serie "High Desert": Schrill, zugedröhnt - und total diskret!
Zwischen Mutterkomplex, Tablettenabhängigkeit und einem Neuanfang als Privatdetektivin: Patricia Arquette muss in der vergnüglichen Dark-Comedy-Serie "High Desert" erst wieder Halt in ihrem Leben finden.
Wenn man ehrlich ist, ist Peggy Newman (Patricia Arquette) ein ziemliches Wrack. Nur dank Methadon und immer unterschiedlichen Pillen hangelt sich die Mittfünfzigerin durch ihren Alltag. Der besteht aus Peng-Peng-Rollenspielen in einer mäßig besuchten und finanziell strauchelnden Westernstadt.
Ihr (Noch-)Ehemann Denny (Matt Dillon) sitzt nach einer DEA-Razzia seit Jahren im Knast. Und mit ihren Geschwistern liegt Peggy im Clinch, weil sie nie über den Verlust ihrer geliebten Mutter hinweggekommen ist - alles in allem eine recht triste Ausgangssituation für die Apple-Serie "High Desert" (erste drei Episoden ab 17. Mai, danach wöchentlich eine neue Folge bei Apple TV+).
Doch was unter Regie von Emmy-Gewinner Jay Roach ("Recount") rasch zur Tragödie hätte werden können, stellt sich in der achtteiligen Produktion als schwarze Komödie heraus. Denn unterkriegen lässt sich Peggy trotz aller Schwierigkeiten nicht. Zwar holen sie in ihrem bisweilen mit Drogen übertünchten Bewusstsein immer wieder Erinnerungsfetzen an ihre Mutter ein, doch ein neues Ziel vor Augen gibt ihr zumindest ein wenig Halt: Sie will Privatermittlerin werden und das in der abgewrackten Kanzlei von Bruce Harvey (Brad Garrett).
Auch Hollywoodstar Ben Stiller ist als Produzent mit an Bord
Ungewöhnliche und obendrein fachfremde Ermittlerinnen scheinen gerade in Mode zu kommen in der Serienwelt. Wie gut Humor, eine Hauptfigur mit Ecken und Kanten und eine Western-ähnliche Roadtrip-Ästhetik zusammenpassen, bewies erst jüngst der HBO-Glücksgriff "Poker Face" mit Natasha Lyonne als moderne Reinkarnation von Kult-Ermittler Columbo. Die Dark-Comedy-Serie "High Desert", an der Hollywoodstar Ben Stiller als Produzent beteiligt ist, setzt mit der hochdekorierten Patricia Arquette auf eine ähnlich charismatische Hauptdarstellerin, legt aber den Fokus weniger stark auf deren detektivische Fähigkeiten.
Zwar darf Peggy anhand skurriler Indizien - etwa jüngst operierte Silikonbrüste - kleinere Vergehen aufklären, doch die Apple-Serie ist weniger Krimiserie denn unterhaltsames und facettenreiches Charakterbild der Hauptfigur. Taff, witzig, gebrochen, emotional, tablettensüchtig: Arquette, die neben einem Oscar schon drei Golden Globes und zwei Emmys abräumte, beweist einmal mehr ihre Wandlungsfähigkeit und bedient die ganze darstellerische Klaviatur an Emotionen. Dazu erwartet das Publikum ein herrlich exaltierter Rupert Friend ("Anatomie eines Skandals"), der den betrügerischen und übertrieben narzisstischen Guru Bob äußerst vergnüglich verkörpert.