ARD-Doku "Wir und das Tier – Ein Schlachthausmelodram": Für den Fleischkonsum das Töten der Tiere verdrängen?

Die Dokumentation beschäftigt sich mit dem Schlachten von Schweinen, Rindern und anderen Tieren

Szene aus
Szene aus "Wir und das Tier – Ein Schlachthausmelodram". (Bild: © SWR/BR/Sebastian Bäumler/EIKON Media 2023)

Ob man nun selber Fleisch isst oder nicht: Diese Dokumentation dürfte kaum jemanden kalt lassen. Die ARD-Doku "Wir und das Tier – Ein Schlachthausmelodram" beschäftigt sich mit den Menschen, die das Töten von Schweinen, Rindern und anderen Tieren übernehmen, die am Ende als Fleisch auf unseren Tellern landen. Unter anderem beleuchtet der Dokumentarfilm von David Spaeth eine junge Auszubildende und einen routinierten Schlächter, aber auch zwei Lehrerinnen, die einen "Schlachtkurs" in einer Landfleischerei in Hessen belegen, einen Kurs also, bei dem sie hautnah dabei sein können, wenn Schweine geschlachtet werden.

Besonders der Umstand, dass mit den zwei Frauen, beide heißen Katrin, Besucherinnen begleitet werden, die zum ersten Mal hautnah Zeuginnen der Tötungen werden, führt zu einem beunruhigenden Gefühl der Identifikation. Schließlich dürfte es vielen im Publikum so gehen, dass sie noch nie selber aus nächster Nähe das Schlachten von Tieren miterlebt haben. Auch wenn man nur vor dem Bildschirm sitzt, bekommt man anhand der Reaktionen ein Gefühl dafür, was es heißt, zum ersten Mal vor Ort zu sehen, wie die Schweine getötet werden.

Schwer zu ertragen

Wie sie auf die Idee käme, einen solchen "Schlachtkurs" zu verschenken, wird eine der beiden Katrins aus dem Off gefragt. "Das Schlachten ist etwas, wo man eigentlich gar keinen Zugang dazu findet und schon was, wo glaub ich die allermeisten eine Grenze ziehen würden", erklärt sie. "Und ich hab irgendwie gewusst, dass da auf jeden Fall der Wunsch besteht, diese Grenze zu überschreiten und tiefer reinzugucken." Die Katrin, die das sagt, tut sich später sichtlich schwer damit, diese Grenze zu überschreiten und die Vorgänge beim Schlachten an der Seite der anderen Katrin selber zu beobachten.

Es ist ein Moment, der auch vor dem Bildschirm schwer zu ertragen ist. Einige Schweine werden vor den Augen der beiden Frauen getötet, dann sieht man, in unscharfen Bildern von der Kamera eingefangen, wie ein Schwein einen toten Artgenossen, der in der Blutlache liegt, vergeblich anstupst, bis das tote Tier schließlich rausgezogen wird. Auf den Moment kommen die Lehrerinnen gegen Ende der Doku nochmal zu sprechen. "Da stand ich halt noch und hab geguckt", sagt eine der beiden mit nachdenklichem Blick. "Es stand einfach noch ein Schwein drin und irgendwie hatten wir dann so Blickkontakt, das Schwein und ich, und ich hab mich so gefragt: 'Was geht jetzt in dir vor?' Was genau versteht das Tier jetzt grad oder nicht?"

Tagtäglich das Töten der Tiere verdrängen

Andere Szenen zeigen wiederum, wie an anderer Stelle Rinder getötet werden, eins nach dem anderen mit einem eigens dafür hergestellten Apparat, bevor die leblosen Körper der Tiere nacheinander in die Höhe gehievt werden, bis sie schließlich an einer Kette befestigt kopfüber nebeneinander baumeln. Und während das Fleisch geschlachteter Tiere in einem Biolandwirtschaftsbetrieb in Bayern per Hand von mehreren Mitarbeitenden zerlegt werden, wird ein totes Schwein an der Universität für Umwelt- und Biowissenschaften in Norwegen von den Greifarmen einer Maschine zerlegt, die futuristischer, aber trotz aller Präzision nicht weniger martialisch wirkt.

Insgesamt ergibt sich ein Bild, das nachdenklich stimmt, bei dem man sich fragt, wie sehr wir beim Fleischkonsum eigentlich tagtäglich das Töten der Tiere verdrängen. Eine Frage, die sich auch den unmittelbar an der Fleischproduktion Beteiligten stellt. So sagt Ionel, ein Schlachter, an einer Stelle des Films, dass er kein Rindlfleisch mehr essen könne:

Seit ich hier im Schlachthof arbeite und das ganze Blut gesehen habe, esse ich es nicht mehr.

Wann und wo kann man die ARD-Doku "Wir und das Tier – Ein Schlachthausmelodram" sehen?

Nachdem die ARD-Doku am 11.3.2024 im Ersten zu sehen war, kann man sich "Wir und das Tier – Ein Schlachthausmelodram" nun in der ARD-Mediathek anschauen. Dort ist das Video bis zum 9.6.2024 verfügbar. Eindrücke des Films zeigt der Trailer von "Wir und das Tier – Ein Schlachthausmelodram".

Fleischproduktion und Fleischkonsum: Wie viel Fleisch essen Verbraucher in Deutschland?

2023 gab es erneut einen Rückgang der Fleischwirtschaft in Deutschland - das siebte Jahr in Folge. Das gilt insbesondere für die Produktion von Schweinefleisch. In Zahlen bedeutet das insgesamt: Vier Prozent bzw. 280.000 Tonnen weniger Fleisch als das Jahr zuvor wurden 2023 von gewerblichen Schlachtunternehmen produziert. Damit waren es dem Statistischen Bundesamt zufolge aber immer noch 6,8 Millionen Tonnen Fleisch im Jahr 2023.

Auch der Fleischkonsum verringert sich in Deutschland. Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft lag der Fleischkonsum 2022 pro Jahr durchschnittlich bei etwa 52 Kilo pro Kopf. Eine Entwicklung, die seit einigen Jahren rückläufig ist, wie auch diese Infografik von Statista zeigt:

Infografik: Wie viel Fleisch wird in Deutschland gegessen? | Statista
Infografik: Wie viel Fleisch wird in Deutschland gegessen? | Statista