ARTE fragt in "Themennacht": Stehen Demokratien weltweit vor dem Aus?

Auf einem Demokratiekonvent in Frankfurt am Main kommen ausgeloste Bürgerinnen und Bürger miteinander ins Gespräch. (Bild: ARTE/Dennis Möbius/www.d-photography.org)
Auf einem Demokratiekonvent in Frankfurt am Main kommen ausgeloste Bürgerinnen und Bürger miteinander ins Gespräch. (Bild: ARTE/Dennis Möbius/www.d-photography.org)

Ob durch den Krieg in der Ukraine oder die Nachwehen der Corona-Pandemie: Die 2020-er sind ein Stresstest für demokratische Strukturen. Ein Programmschwerpunkt bei ARTE sucht nach Mitteln gegen Politikverdrossenheit und wachsendem Populismus.

Ob durch den gegenwärtigen Krieg in der Ukraine, den Sturm auf das Kapitol in Washington 2021 oder die Wut auf die im Zuge der Corona-Pandemie verhängte vorübergehende Einschränkung der Freiheitsrechte: Schon lange schienen demokratische Modelle in Europa und der Welt nicht mehr so massiv bedroht wie in den vergangenen Jahren. Das Erstarken rechts- oder linksextremer Strömungen, Autokraten und Populisten bereitet immer größere Sorgen. Welche Rolle spielt die zunehmende Politikverdrossenheit in weiten der Bevölkerung bei dieser Entwicklung? Dieser und weiteren Fragen zu den Themen Demokratie und Freiheit geht ARTE in einer ersten "Nacht der Impulse - Wie fragil ist unsere Demokratie?" von Dienstag, 13. Juni, auf Mittwoch, 14. Juni, nach.

Den Anfang macht ein zwölfminütiger Crashkurs zur weltweiten Lage der Demokratie: Ausgehend von der Rede, die der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am 1. März 2022, nur wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffs, vor dem EU-Parlament hielt, erforscht das französische Magazin "Mit offenen Karten - Demokratien weltweit unter Druck?" um 0.20 Uhr die politischen Kräfteverhältnisse in der ganzen Welt. Unter Verwendung mehrerer Karten zählt Moderatorin Emilie Aubry die vollständigen und unvollständigen Demokratien sowie etliche Hybrid- und autoritäre Regime der Welt auf, ehe sie sich mit der akuten Bedrohung durch Gelbwesten, sinkende Wahlbeteiligung oder Fake News beschäftigt.

Mit einem "Demokratie-Wagen" möchten junge Erwachsene wie Judith Becker Gleichaltrige zur politischen Beteiligung motivieren. (Bild: ARTE/Yannik Roscher)
Mit einem "Demokratie-Wagen" möchten junge Erwachsene wie Judith Becker Gleichaltrige zur politischen Beteiligung motivieren. (Bild: ARTE/Yannik Roscher)

Wolf Biermann blickt auf sein Leben zurück

Nach dem doch eher ernüchternden Blick auf die weltweite Lage ist es fast ein wenig beruhigend, wie der deutsche Liedermacher Wolf Biermann in der Gesprächsreihe "Deep thought" (0.35 Uhr) über die gegenwärtige Gesellschaft spricht: Deutschland, sagt der 86-Jährige relativ zu Beginn seiner Unterhaltung mit dem Journalisten und Publizisten Yves Kugelmann, sei eines der "wenigen wirklich demokratischen Länder: egal, ob man rechts oder links, Nazi oder Kommunist, gebildet oder dumm ist - es ist eine funktionierende Demokratie". Dass ausgerechnet die Deutschen das schaffen, sei ein Wunder, sagt der Liedermacher, der 1936 als Sohn eines Juden geboren wurde und 1953 freiwillig in die DDR umsiedelte, wo er später ein Auftrittsverbot bekam. Die Erfahrung macht ihn zu einem eindrucksvollen, aber auch nicht sorgenfreien Erzähler.

Um 1.30 Uhr wiederholt ARTE die Reportage "Re: Mitbestimmen und gestalten": Entstanden im Wahljahr 2021 scheinen manche Sorgen wie Corona inzwischen etwas entfernt, die wachsende Politikverdrossenheit der Massen und der gärende Wunsch der Jüngeren aktiv etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, sind allerdings nach wie vor präsent: Es reicht schon der Blick in die deutschen Großstädte, wo seit mehr als einem Jahr Demonstranten aus Angst vor der Zukunft auf der Straße kleben.

Wolf Biermann erlebte als Kind den Zweiten Weltkrieg, später zog er freiwillig in die DDR, wo er später ein Auftrittsverbot bekam. Gerade diese Erfahrungen machen ihn zu einem spannenden Gesprächspartner im Rahmen des ARTE-Themenabends.  (Bild: ARTE/Mirjam Devriendt)
Wolf Biermann erlebte als Kind den Zweiten Weltkrieg, später zog er freiwillig in die DDR, wo er später ein Auftrittsverbot bekam. Gerade diese Erfahrungen machen ihn zu einem spannenden Gesprächspartner im Rahmen des ARTE-Themenabends. (Bild: ARTE/Mirjam Devriendt)

Diskussion zum Abschluss

Den Abschluss der Themennacht bilden zwei Magazine: Die albanische Politikwissenschaftlerin und Philosophin Lea Ypi lebte wie Wolf Biermann in einer Diktatur. In dem französischen Kultur- und Nachrichtenmagazin "28 Minuten" mit Elisabeth Quin erzählt sie von ihrem Leben in einem der abgeschottetsten Länder des ehemaligen Ostblocks.

Anschließend diskutiert Nora Hamadi mit Robert Grimm, dem Direktor von Ipsos Public Affairs in Deutschland, dem polnischen Essayisten Jaroslaw Kuisz und der Politikwissenschaftlerin Hélène Landemore, wie es wirklich um die Politikverdrossenheit in Europa steht: Warum sind so viele mit den gegenwärtigen Demokratien unzufrieden, und wie könnten wir das Ruder rechtzeitig herumreißen? Ergänzt wird das Angebot auf arte.tv/impulse.

Im Gespräch mit dem Schweizer Journalisten und Publizisten Yves Kugelmann (rechts) blickt der Liedermacher Wolf Biermann auf sein Leben zurück.  (Bild: ARTE/Mirjam Devriendt)
Im Gespräch mit dem Schweizer Journalisten und Publizisten Yves Kugelmann (rechts) blickt der Liedermacher Wolf Biermann auf sein Leben zurück. (Bild: ARTE/Mirjam Devriendt)