«Assassin's Creed: Mirage»: Diebisch gut

Berlin (dpa/tmn) - «Assassin's Creed» zählt zu den erfolgreichsten Reihen der Videospielewelt. Seit 2007 schickt Ubisoft die Fans durch die Zeitepochen, um als Mitglieder einer Assassinen-Gilde das Böse von der Welt abzuwenden.

Es ist ein riesiges, historisch inspiriertes Open-World-Abenteuer geworden, vom antiken Griechenland bis zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg; mit einer immer komplexer werdenden Geschichte aus Mythen und Science-Fiction. «Detailreich» sagen die einen, «überladen» die anderen. Letzteres hat sich Ubisoft zu Herzen genommen.

Ein Spielort, knackige Spielzeit

Denn wo in den letzten Jahren viel Spektakel, ein riesiger Spielkosmos und über 100 Spielstunden dominierten, tritt der Publisher im neuesten Ableger «Assassin's Creed: Mirage» auf die Bremse. Und das mit Erfolg: Weniger ist hier mehr.

Es gibt nur noch einen einzigen Spielort und eine auf knackige 15 Stunden verkürzte Spielzeit. Von der wilden Wikingerzeit des letzten Teils «Valhalla» geht es im neuesten Abenteuer ins mittelalterliche Bagdad.

Intrige am Hofe des Kalifen

Straßendieb Basim Ibn Ishaq wird in eine Verschwörung hineingezogen, die ihn zum geheimnisvollen Assassinen-Orden bringt. Dort wird er zum gelehrigen Schüler, der aus dem Hintergrund gegen eine Intrige am Hofe des Kalifen vorgehen muss. Dabei lernt er Geheimnisse kennen, die seine Weltsicht auf den Kopf stellen.

Auf den ersten Blick ist in «Mirage» alles so wie immer bei «Assassin's Creed»: in Festungen einbrechen, Zielpersonen ausschalten und immer im Hintergrund bleiben. Mit eleganten Kletterfähigkeiten schwingt sich Basim von Dach zu Dach und versteckt sich hinter Büschen. Kommt ihm ein Feind zu nahe, erledigt er ihn aus dem Hinterhalt.

Neue Fähigkeiten zum Verschwinden

Wenn er allerdings unvorsichtig ist und Alarm auslöst, ist es mit seinem Abenteuer schnell vorbei. Trotz seiner Fähigkeiten ist er einem direkten Kampf gegen mehrere Gegner hilflos ausgeliefert. Damit er unbemerkt verschwinden kann, lernt Basim neue Fähigkeiten, die er nach einem erfolgreichen Auftrag durch Erfahrungspunkte freischaltet.

Mit diesem Training verlangsamt er kurz die Zeit oder nimmt gleich mehrere Gegner gleichzeitig ins Visier. Betäubungspfeile oder Wurfmesser sorgen für sichere Angriffe aus der Ferne und Rauchbomben vernebeln die Sicht der Gegner. In der richtigen Kombination ergeben sich elegante Lösungen für viele gefährliche Situationen.

Ein Falke und andere Helfer

Die Stärke des Spiels ist aber nicht nur das Training und die Ausrüstung, sondern was Basim damit macht. Fast jede Mission bietet unterschiedliche Herangehensweisen. Einmal muss er für Ablenkung sorgen, dann muss er seine Zielperson durch bestimmte Aktionen aus dem Versteck herauslocken. Gelegentlich kann er auch Helfer engagieren, die sich für ihn in den Kampf stürzen.

Etwa sein treuer Falke, mit dem er aus der Luft bewachte Häuser oder Festungen auskundschaftet. Das ist abwechslungsreich, spannend und clever gelöst. Den Fans der Vorgänger werden vor allem die unzähligen Nebenmissionen fehlen. Da konnten sie die ganze Welt besuchen und ein paar Pflichtaufgaben erfüllen, aber erzählt wurde dabei nur selten etwas.

Entschlacktes Spielprinzip, detailreiche Darstellung

In «Mirage» ist dagegen alles auf das Wesentliche reduziert. Zwar gibt es den ein oder anderen Nebenauftrag, aber meist folgen die Spieler der Story. Diese Abkehr vom ausufernden Open-World-Design führt zu einem entschlackten Spielprinzip, das besonders Einsteiger und Einsteigerinnen in das «Assassin's Creed»-Universum freuen wird.

Die detailreiche Darstellung der historischen Spielorte ist dagegen ganz beim Alten geblieben. In Zusammenarbeit mit Historikern lässt Ubisoft ein lebensnahes Porträt des mittelalterlichen Bagdads aufleben, in dem die Fans an bestimmten Punkten im Spiel sogar wissenschaftliche Fakten sammeln können.

Nur Taktik führt zum Erfolg

Die arabische Metropole zeigt nicht nur ihre Schattenseiten, sondern auch prächtige Paläste und historische Bauten in den belebten Gassen. Für Fans historischer Architektur ein optischer Genuss. «Assassin's Creed: Mirage» überzeugt durch die visuelle Umsetzung und ein cleveres, entschlacktes Spielprinzip. Die großen Festungen und die aufmerksamen Gegner erfordern Planung und taktisches Vorgehen.

Mit brachialer Action allein wird der Ausflug als Hobby-Assassine schnell enden. Nur wer auf das ganz große Spektakel früherer «Assassin's Creed»-Spiele hofft, wird enttäuscht sein. «Mirage» baut lieber auf ein durchdachtes Gameplay, als sich im Stil einer Open World in unendlichen, überladenen Weiten zu verlieren.