Auftritt vor Vermögenden und Beratern: Gab eine Top-Beamtin aus Lindners Finanzministerium Tipps zur Steuervermeidung?
Es ist eine bemerkenswerte Szene in der ZDF-Dokumentation "Die geheime Welt der Superreichen – Das Milliardenspiel": In einem Fünf-Sterne-Hotel nahe Frankfurt tritt Ende Juni Gerda Hofmann, eine Referatsleiterin aus dem Bundesfinanzministerium (BMF), vor dort versammelten Vermögenden und Beratern auf. "Ganz aktuelle Themen aus dem Bereich der Gesetzgebung" habe sie mitgebracht, wird Hofmann – die laut Programm aber "nicht in dienstlicher Eigenschaft" da ist – angekündigt. So stellt es das ZDF in der Doku dar.
Hofmann ist im BMF unter anderem zuständig für die Themen Erbschaftsteuer, Grundsteuer und Vermögensteuer. Laut dem ZDF hat die Beamtin in ihrer Rede ankündigt, dass Anfang 2024 die Steuervergünstigung bei der Grunderwerbsteuer wegfallen werde. "Sehe ich hier betretene Gesichter?", wird sie zitiert. Und weiter: "Wir haben ja Werkzeugkästen, jedenfalls habe ich eine ganze Menge. Da bin ich mir hundertprozentig sicher, dass Sie insofern ruhig schlafen können. Es kann ja nicht sein, dass plötzlich am 1.1. die Einnahmen sprudeln. Ich sehe alle Finanzminister mit Talerchen in den Augen wie Dagobert Duck, das kann nicht sein. Da können Sie Ihre Mandanten beruhigen."
Das Finanzministerium will sich nicht zum Steuervortrag seiner Beamtin äußern
Gibt da eine Top-Finanzbeamtin der Bundesregierung einigen der reichsten Menschen des Landes also Tipps zur Vermeidung zusätzlicher Steuerlasten? Auf Anfrage des ZDF und auch der "Süddeutschen Zeitung" will sich das BMF nicht zu Hofmanns Auftritt äußern. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert aber kommt im ZDF-Film zu Wort, sieht sich dort die Aufnahmen, die ein Reporter heimlich beim Reichen-Treffen in Hessen gemacht hat, an. "Ein dickes Ding", sagt er. Und dass es für eine stärkere Besteuerung von Vermögenden leider keine politischen Mehrheiten gebe.
Illegal war Hofmanns Auftritt nicht. Beamte der Bundesregierung dürfen Nebenjobs und -einkünfte haben. Demnach dürfen sie auch Vorträge halten. Und erhalten dafür, das zeigte schon 2014 ein Bericht des Rechercheportals Abgeordnetenwatch, bis zu fünfstellige Summen.
jg