Bagdad: 125 Verletzte bei neuem Sturm auf das Parlament

Nach der zweiten Erstürmung des irakischen Parlaments innerhalb weniger Tage haben die Demonstrierenden einen Sitzstreik begonnen. Es handelt sich überwiegend um Anhänger des schiitischen Religionsführers Muktada al-Sadr.

Seine Liste konnte bei der Parlamentswahl im Oktober die meisten Sitze gewinnen, die Abgeordneten legten jedoch kürzlich ihre Ämter nieder. Hintergrund ist ein Streit um die Regierungsbildung. Die Demonstrierenden protestieren unter anderem gegen die Nominierung des ehemaligen Ministers Mohammed Schia al-Sudani für das Amt des Regierungschefs. Dieser war von der rivaliisierenden Parteiallianz vorgeschlagen worden, die mit dem Nachbarland Iran sympathisiert.

Aufruf zum Dialog

Der amtierende Regierungschef Mustafa al-Kadhimi rief die konkurrierenden politischen Lager zum Dialog auf: "Es ist eine sehr schwierige Zeit. Das ist leider die bittere Wahrheit. Wir müssen alle zusammenarbeiten und zusammenstehen, damit wir uns nicht selbst in den Abgrund stürzen. Wir müssen nach unserem Verstand, unserem Gewissen und unseren Gefühlen urteilen und uns um den Irak und die Iraker kümmern, nicht um Interessen. Ich rufe alle dazu auf, geduldig, ruhig und vernünftig zu sein und sich nicht zu Gewalt hinreißen zu lassen. Ich rufe die Bürger auf, keine Konflikte mit den Sicherheitskräften zu riskieren und die staatlichen Institutionen zu respektieren."

125 Verletzte bei Tränengaseinsatz

Das Parlament liegt in der schwer bewachten Grünen Zone Bagdads, in der die meisten Regierungseinrichtungen und diplomatischen Vertretungen angesiedelt sind.

Sicherheitskräfte hatten sich erneut vergeblich den Tausenden Demonstrierenden entgegengestellt und versucht, sie mit Tränengas auseinanderzutreiben. Laut des Gesundheitsministeriums gab es mindestens 125 Verletzte.

Die Wahlbeteiligung war im Oktober auf ein Rekordtief von rund 41 Prozent gefallen. Viele Irakerinnen und Iraker haben kaum noch Vertrauen in die Politik. Sie kritisieren vor allem die weit verbreitete Korruption.