Bahn-Beauftragter warnt Kunden bei "Hart aber fair": "Da kommen knallharte Zeiten auf uns zu"

Wie zukunftsfähig ist die Deutsche Bahn? Am ARD-Themenabend diskutierten auch die Gäste bei "Hart aber fair" über das marode Schienennetz in Deutschland. Laut FDP-Politiker Michael Theurer müssen sich Kunden aufgrund der geplanten Modernisierung auf lange Streckensperrungen einstellen.

FDP-Politiker und Bahn-Beauftragter Michael Theurer machte bei
FDP-Politiker und Bahn-Beauftragter Michael Theurer machte bei

Verspätungen, Ausfälle und jede Menge Baustellen: Die Deutsche Bahn sorgt bei ihren Kunden immer wieder für Kopfschütteln. Das Erste widmete der Bahn am Montag einen Themenabend und auch Louis Klamroth diskutierte mit seinen Gästen bei "Hart aber fair", wie die Züge zum Verkehrsmittel einer klimaneutralen Zukunft werden können. Bereits der Titel der Sendung setzte den Ton: "Zu spät, zu schlecht, zu teuer". Diesem negativen Tonfall schloss sich auch "ARD-Buffet"-Moderatorin Fatma Mittler-Solak an, die erklärte, dass sie als sporadische Bahnfahrerin immer wieder geschockt sei über die vielen Verspätungen und Ausfälle. "Ich war völlig blauäugig", sagte Mittler-Solak über ihren Selbstversuch in der vorher zu sehenden Doku "Besser Bahnfahren!".

Fatma Mittler-Solak, Presenterin der Doku
Fatma Mittler-Solak, Presenterin der Doku

Autorin Sarah Bosetti sah die Situation derweil gelassener. Sie gab zu: "Wenn ich mich fortbewege, dann mit dem Fahrrad oder mit dem Zug." Die Satirikerin weiter: "Aber ich ärgere mich auch nicht so schnell über die Bahn. Ich kann dort nämlich sehr gut arbeiten." Demnach fahre sie "sehr gerne Bahn" und halte es für einen "Luxus", gefahren zu werden, während sie schlafen oder essen kann. Das sei so ein großer Vorteil gegenüber dem Auto, "dass ich mich trotz allem wundere, dass sich so viele Leute das antun mit dem Auto", so Bosetti lächelnd. Dem konnte sich Verkehrs-Experte Christian Böttger nicht anschließen. Er "fahre privat viel Bahn", bemängelte jedoch die ständigen "Ärgernisse": "Ich muss sagen, der Spaß am Bahnfahren ist mir in den letzten Jahren wirklich etwas abhandengekommen."

Infrastruktur-Vorstand der Bahn: Pünktlichkeit ist "Kern des Problems"

Angesichts der vielen Problemstellen musste auch Berthold Huber, der Vorstand für Infrastruktur bei der Deutschen Bahn, zugeben: "Mit der Pünktlichkeit können wir überhaupt nicht zufrieden sein." Dies sei für ihn der "Kern des Problems" und habe vor allem mit der mangelhaften Infrastruktur zu tun. Huber erklärte dazu: Wenn man das Problem nachhaltig lösen wolle, müsse man die Infrastrukturprobleme angehen. Experte Böttger fügte nickend hinzu: "Das Netz ist eigentlich überlastet." Laut des Professors für Verkehrswesen würde die immer größere Anzahl an Zügen die Qualität des Schienenverkehrs belasten. "Es ist bei der Deutschen Bahn schlechter geworden", so Böttgers Bilanz.

Keinen leichten Stand hatte Berthold Huber, Vorstand für Infrastruktur bei der Deutschen Bahn, in dem ARD-Talk am Montagabend. (Bild: ARD)
Keinen leichten Stand hatte Berthold Huber, Vorstand für Infrastruktur bei der Deutschen Bahn, in dem ARD-Talk am Montagabend. (Bild: ARD)

Besonders das Netz sei laut des Bahn-Beauftragten der Bundesregierung, Michael Theurer (FDP), mittlerweile "marode". "Da wurde auf Verschleiß gefahren und es kann nicht so weitergehen", so der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium offen. Louis Klamroth hakte nach, wer denn Schuld daran Schuld habe. Die simple Antwort des FDP-Mannes: "Es ist über Jahre hinweg zu wenig investiert worden in das Netz!" Dies sei jedoch nicht die Schuld der Ampelregierung, die nun mit einer Korridorsanierung versuchen wolle, das Bahnnetz bis 2030 komplett zu modernisieren. "Da kommen knallharte Zeiten auf uns zu", so Theurer, der zugab, dass für die Sanierung ganze Streckenabschnitte für mehrere Monate gesperrt werden sollen. "Das ist ein relativ umfangreiches Programm", gab auch Berthold Huber zu.

Sarah Bosetti schaltete sich daraufhin in die Debatte mit ein und fragte ernst: "Ist das der Moment, um zehnspurige Autobahnen zu bauen?" FDP-Politiker Theurer entgegnete: "Wir bauen verhältnismäßig wenig Autobahnen, weil wir den Schwerpunkt auf die Schiene setzen." Das wollte Louis Klamroth nicht unkommentiert lassen und unterbrach ihn mit den Worten: "Herr Theurer, jetzt aber Vorsicht!" Der FDP-Mann blieb jedoch bei seiner Meinung und ergänzte, dass es bei der Autobahn nur um die "Engpassbeseitigung" gehe. Es gebe "wesentlich mehr Mittel für die Schiene als für die Straße". Bahn-Infrastruktur-Vorstand Huber merkte jedoch warnend an, dass man mit dem Geld nicht alles erreichen könne, denn: "Wir müssen es auch verbauen können."

Am ARD-Themenabend zur Bahn begrüßte Moderator Louis Klamroth (rechts) Bahn-Infrastruktur-Vorstand Berthold Huber, FDP-Politiker Michael Theurer, Satirikerin Sarah Bosetti, Moderatorin Fatma Mittler-Solak und Bahn-Experte Christian Böttger (von links). (Bild: ARD)
Am ARD-Themenabend zur Bahn begrüßte Moderator Louis Klamroth (rechts) Bahn-Infrastruktur-Vorstand Berthold Huber, FDP-Politiker Michael Theurer, Satirikerin Sarah Bosetti, Moderatorin Fatma Mittler-Solak und Bahn-Experte Christian Böttger (von links). (Bild: ARD)

 

Bahn-Experte Christian Böttger: "Es fehlen die Fachkräfte"

Professor Böttger stimmte zu und erklärte, dass die Probleme auch an anderen Stellen zu finden seien: "Es fehlen die Fachkräfte." Demnach gebe es in Deutschland "keine Techniker" und auch "keine Ingenieure, die das umsetzen können". Fatma Mittler-Solak lenkte daraufhin den Fokus auf die Millionen Pendlerinnen und Pendler in Deutschland, denen mit Sperrungen ganzer Streckenabschnitte noch mehr Ärger drohen könnte: "Denken Sie auch da an die Psyche und auch an den Stress der Pendlerinnen und Pendler?"

Den Vorwurf wollte sich Theurer nicht gefallen lassen: "Natürlich denken wir an den Stress!" Auch eine "finanzielle Entschädigung" für die Bahnfahrer sei laut Berthold Huber bereits im Gespräch. Dies konnte Mittler-Solak jedoch nicht besänftigen. Sie sagte über die finanzielle Entschädigung, die jedem Bahnfahrer bei einer Zugverspätung ab 60 Minuten zusteht: "Das macht es nicht wett, was man in dem Moment alles erlebt."

Louis Klamroth wollte zum Ende der Sendung einen positiven Aspekt ansprechen und fragte seine Gäste: "Ist das Deutschlandticket ein Erfolg?" Berthold Huber antwortete zunächst stolz, dass es die Nutzung des Systems "denkbar einfach" mache. Verkehrs-Experte Böttger sah dies jedoch völlig anders und monierte, dass die drei Milliarden Euro nichts als ein "schlechtes Invest von Steuergeldern" seien.

VIDEO: Streiks bei der Bahn sind abgewendet