Druck auf Schröder wächst - Mitarbeiter kehren Altkanzler den Rücken
Gerhard Schröder hat Putin zwar zu einem Ende des Kriegs in der Ukraine aufgefordert - doch von einem Ende seines Engagements für russische Firmen war bisher nicht die Rede. Nun wächst der Druck auf den früheren Kanzler.
Von Basil Wegener und Uta Winkhaus, dpa
Berlin (dpa) - Vor dem Hintergrund der russischen Invasion in der Ukraine wächst der Druck auf den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Mehrere Mitarbeiter wollen sich nach Medieninformationen von Schröder trennen. CDU-Generalsekretär Mario Czaja forderte das Ende von Schröders Verbindungen zu russischen Unternehmen binnen 48 Stunden.
Nach mehr als 20 Jahren kehre sein langjährigen Büroleiter und Redenschreiber Albrecht Funk Schröder den Rücken, berichteten das Nachrichtenportal «The Pioneer» und die «Hannoversche Allgemeine Zeitung» am Dienstag. Auch drei weitere Mitarbeiter des SPD-Politikers gäben ihren Posten auf. Von Schröder und seinem Büro war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
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Mit dem Abschied der vier Mitarbeiter wäre das Büro des Altkanzlers verwaist. Angeblich habe es Differenzen zwischen Funk und Schröder wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine gegeben, heißt es in dem «Pioneer»-Bericht. So solle Funk seinem Chef eine schnelle und klare Distanzierung von Kremlchef Wladimir Putin sowie einen Rücktritt von allen Aufsichtsratsmandaten in russischen Unternehmen empfohlen haben. Von solchen Schritten oder Überlegungen Schröders ist bisher nichts bekannt.
Der frühere Bundeskanzler gilt als langjähriger Freund Putins. Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat auch Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2. Am vergangenen Donnerstag hatte er die Regierung in Moskau im Online-Netzwerk LinkedIn zwar aufgefordert, den Krieg in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden. Von persönlichen Konsequenzen war aber nicht die Rede.
Podcast soll gestoppt werden
Gestoppt werden soll nun aber der Podcast Schröders, wie sein ehemaliger Regierungssprecher Béla Anda Anda der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Der Podcast «Die Agenda» werde angesichts der aktuellen Lage auf Eis gelegt, sagte Anda, mit dem Schröder die Beiträge regelmäßig aufgenommen hatte, der «Bild». Noch Ende Januar hatte Schröder Kiew in dem Podcast «Säbelrasseln» vorgeworfen, was in der Ukraine auf helle Empörung stieß.
Czaja forderte die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil in einem Brief auf, ihren Einfluss auf Schröder geltend zu machen, dass dieser sich von seinen Verbindungen zu russischen Firmen zurückzieht. Schröder solle auch keine Mittel aus dem Bundeshaushalt für seine Ausstattung mehr erhalten. Alles andere wäre «zynisch gegenüber dem heroischen Freiheitskampf unserer ukrainischen Freundinnen und Freunde», so Czaja in dem Schreiben, das der «Bild»-Journalist Ralf Schuler twitterte und dessen Echtheit der dpa von der CDU bestätigt wurde.
Die SPD-Spitze hatte von Schröder bereit ein Ende der geschäftlichen Beziehungen zu Putin gefordert. So hatte Klingbeil am Wochenende auf Facebook geschrieben: «Mit einem Aggressor, mit einem Kriegstreiber wie Putin macht man keine Geschäfte. Als Bundeskanzler a.D. handelt man nie komplett privat. Schon gar nicht in einer Situation wie der jetzigen.»
Auch Sanktionen gegen Schröder waren im Gespräche. So hatte der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer solche Schritte verlangt. Mitte Februar hatte Putin Schröder noch als «anständigen Menschen» gelobt und dessen geplante Nominierung für den Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Gazprom unterstützt. Die Arbeit eines solchen «unabhängigen Experten» werde der Zusammenarbeit mit Deutschland nur nutzen, sagte Putin damals bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kreml.
Für Scholz könnte auch ein Rückzug von Funk als Büroleiter Schröders Konsequenzen haben. Laut «Pioneer» hat Funk ein Rückkehrrecht in das Bundeskanzleramt. Ob das Kanzleramt dem Altkanzler neues Personal genehmigt, sei offen. Für Personalausgaben im Büro von Schröder sind im vergangenen Jahr 407 000 Euro aus der Staatskasse geflossen, wie aus einer Antwort des Kanzleramts auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Die Ausgaben beträfen die Bezahlung der Mitarbeiter in Schröders Büro.
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