Berlinale lädt AfD-Politiker von Eröffnungsgala aus

Eine Einladung für AfD-Politiker zur großen Eröffnungsgala der Berlinale sorgte international für Wirbel. Nun reagiert die Festivalleitung.

Berlin (dpa) - Nach Kritik an Einladungen für AfD-Politiker zur Berlinale-Eröffnung hat die Festivalspitze die Parteivertreter wieder ausgeladen. Gerade angesichts der Enthüllungen der vergangenen Wochen zu antidemokratischen Positionen sei es wichtig, unmissverständlich Stellung zu beziehen für eine offene Demokratie, teilte die Berlinale-Spitze am Donnerstag eine Woche vor Festivalbeginn mit.

«Wir haben daher heute alle zuvor eingeladenen AfD-Politiker*innen schriftlich ausgeladen und sie darüber informiert, dass sie auf der Berlinale nicht willkommen sind», sagte das Leitungsduo Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian in einer Mitteilung.

Berlinale will klare Position beziehen

Fünf Politiker wurden den Angaben nach von der Eröffnungsgala am 15. Februar ausgeladen. Die AfD und viele ihrer Mitglieder hätten Ansichten, die den Grundwerten der Demokratie zutiefst widersprächen, hieß es. In Zeiten, in denen rechtsextreme Personen in die Parlamente kämen, wolle die Berlinale nun eine klare Position beziehen. Viele Menschen hatten die Einladungen zuvor kritisiert. Nach der «Correctiv»-Recherche und den großen Demos gegen Rechtsextremismus und gegen die AfD hatte die Debatte an Fahrt aufgenommen.

Vertreter der Partei waren - wie bisher üblich - zur Eröffnung eingeladen und hatten auch angekündigt, zu kommen.

AfD nennt Berlinale-Ausladung «kulturpolitisches Fanal»

Die Berliner AfD-Landes- und -Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker hat die Ausladung mehrerer Politiker ihrer Partei inklusive ihr selbst von der Eröffnungsgala der Berlinale als «kulturpolitisches Fanal» kritisiert. «Mit ihrer Entscheidung beugt sich die Berlinale dem in den vergangenen Tagen aufgebauten öffentlichen Druck kulturpolitischer Aktivisten», sagte Brinker am Freitag vor Journalisten. Ziel dieser Aktivisten sei, die AfD und ihre Anhänger zu unerwünschten Personen zu erklären.

Brinker wies darauf hin, dass sie in den beiden vergangenen Jahren eingeladen gewesen sei und das auch wahrgenommen habe. Mit der Ausladung in diesem Jahr grenzten die Berlinale-Verantwortlichen nicht nur sie selbst und ihre AfD-Kollegen aus, sondern weite Teile der Gesellschaft, so die Politikerin. «Sie grenzen Menschen aus, die mit den herrschenden Verhältnissen hadern und sich in der Hoffnung auf eine Revitalisierung der Demokratie uns, der AfD, zuwenden.»

Die Berliner AfD-Landes- und -Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker hat die Ausladung scharf kritisiert (Bild: REUTERS/Michele Tantussi)
Die Berliner AfD-Landes- und -Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker hat die Ausladung scharf kritisiert (Bild: REUTERS/Michele Tantussi)

Damit wirke die Ausladung weit über den Kulturbetrieb in die Gesellschaft hinein. «Sie grenzt aus, sie stigmatisiert und spricht demokratisch gewählten Vertretern der AfD die gleichen Rechte ab, die sie anderen zugesteht». Dabei müsse gerade der Kulturbetrieb unterschiedliche Meinungen und Haltungen aushalten. «Weltweit treten Kulturschaffende für Freiheit ein, für Diversität und Pluralität», sagte Brinker. Das Verhalten der Berlinale-Verantwortlichen aber sei genau das Gegenteil. «Sie scheuen diese Vielfalt und Diversität von politischen Haltungen und Meinungen und dulden keine Abweichungen.»

Debatte muss gesamtgesellschaftlich geführt werden

«Durch den aktuellen Diskurs wurde noch einmal ganz deutlich, wie sehr das Engagement für eine freie, tolerante Gesellschaft und gegen Rechtsextremismus zur DNA der Berlinale gehört», teilte die Berlinale weiter mit. Sie engagiere sich seit Jahrzehnten für demokratische Grundwerte und gegen jede Form von Rechtsextremismus. Die Filmfestspiele betonten aber auch: Die Diskussion zum Umgang mit AfD-Politikern betreffe auch andere Organisationen und Festivals. «Diese Debatte muss gesamtgesellschaftlich und gemeinsam mit allen demokratischen Parteien geführt werden.»

Kulturstaatsministerin Claudia Roth zeigte Verständnis für die Ausladung. «Es liegt bei der Berlinale-Leitung, abschließend darüber zu entscheiden, wen sie zur Eröffnung einladen und wen nicht und wir respektieren diese Entscheidung», sagte ein Sprecher der Grünen-Politikerin der dpa in Berlin.

Berlinale zählt zu den großen Filmfestivals

«Die Berichte zu dem Geheimtreffen in Potsdam haben jüngst sehr deutlich zutage gefördert, wie in der AfD darüber nachgedacht wird, einen großen Teil der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu entrechten und zu deportieren», so der Sprecher. «Es ist verständlich, dass Filmschaffende aus Deutschland, Europa und der Welt sich dafür einsetzen, dass Rassisten und Demokratiefeinde keinen Platz bei der Berlinale haben sollten.»

Diese Auseinandersetzung sei aus Sicht Roths allerdings vor allem in der gesellschaftspolitischen Debatte zu führen. Das könnte aus ihrer Sicht durchaus auch bei einer Berlinale-Eröffnung geschehen. Filmschaffende sollten sich aus Roths Sicht «nun vor allem auch in den nächsten Wochen und Monaten für die Verteidigung unserer vielfältigen, offenen und auf den Grund- und Menschenrechten basierenden Demokratie einsetzen.»

Die Berlinale zählt neben Cannes und Venedig zu den großen Filmfestivals. Die nächste Ausgabe läuft vom 15. bis zum 25. Februar 2024.