Billigflüge ein Ding der Vergangenheit? Weshalb der nächste Sommerurlaub wohl teurer wird
Die Flugpreise steigen in Europa und auch im Rest der Welt rasant an, so dass die Vermutung nahe liegt, dass die Zeiten der Billigflüge vorbei sein könnten.
Sowohl Lang- als auch Kurzstreckenflüge sind betroffen, wobei die Ticketpreise in Frankreich laut Statistiken des Ministeriums für den ökologischen Wandel im Vergleich zum Vorjahr um 23,6 Prozent gestiegen sind.
Die Preise für internationale Flüge aus dem Vereinigten Königreich sind laut der Reisebuchungswebsite Kayak im Vergleich zum Vorjahr um rund 18 Prozent gestiegen.
"Es gibt immer noch einen großen Nachholbedarf an Reisen, der auf die Pandemie zurückgeht", erklärt Evan Day, Geschäftsführer von Kayak in Großbritannien.
"Und diese Nachfrage - zusammen mit der steigenden Inflation und den hohen Treibstoffkosten - hat die Flugpreise hoch gehalten."
Weshalb steigen die Flugpreise an?
Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine haben die Sanktionen gegen Treibstoffimporte die Preise in die Höhe getrieben.
"Aufgrund des 71-prozentigen Anstiegs der Ölpreise im Vergleich zum Vorjahr ist unser durchschnittlicher Flugpreis um 31 Prozent gestiegen", so Johan Lundgren, Geschäftsführer von Easyjet.
Treibstoff macht etwa 30 Prozent der Kosten für Fluggesellschaften aus.
Ein starker Anstieg der Wartungskosten in Verbindung mit der Verknappung bestimmter Metalle und unterbrochenen Lieferketten sollen ebenfalls zu diesem Phänomen beigetragen haben, so Marc Rochet, Chef der französischen Gesellschaften Air Caraïbes und French Bee.
Er verweist auch auf die Auswirkungen der Lohnerhöhungen im Luftfahrtsektor.
Obwohl die Preiserhöhungen und die Inflation die Geldbörsen der Verbraucher:innen belasten, nimmt die Nachfrage nach Flügen nicht ab.
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Die Nachfrage nach Flügen ist größer als das Angebot
Trotz der Lockerung der Beschränkungen und der zurückgewonnenen Reisefreiheit im vergangenen Jahr haben Streiks und Flugabsagen viele lang ersehnte Reisen zunichte gemacht. Dadurch wurde die aufgestaute Reiselust noch weiter angeheizt.
Einige Flughäfen, wie der Flughafen Schiphol Amsterdam und London Heathrow, führten Passagierobergrenzen ein, um die Auswirkungen des Personalmangels zu verringern. Dies zwang die Fluggesellschaften, ihre Flugpläne zu reduzieren.
Fluggesellschaften wie Flybe und Flyr sind in Konkurs gegangen, während andere mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, nachdem sie jahrelang aufgrund der Corona-Pandemie am Boden geblieben waren. Dies hat das Wachstum gebremst, die Rückkehr zur vollen Kapazität verhindert und ein Loch in den Kassen der Fluggesellschaften hinterlassen.
Im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie stehen weniger Plätze zur Verfügung, weshalb die Nachfrage das Angebot übersteigt.
Da sich die Arbeit im Home-Office vielerorts als praktikabel erwiesen hat und beibehalten wurde, hat sich der Geschäftsreiseverkehr nicht erholt. Die Fluggesellschaften sind also stärker auf die Einnahmen durch die übrigen Reisenden angewiesen.
Gleichzeitig haben Airbus und Boeing Schwierigkeiten, neue Flugzeuge rechtzeitig zu liefern. Dies wird dazu führen, dass die Fluggesellschaften in diesem Jahr weniger Flugzeuge haben werden als geplant.
Der Vorstandsvorsitzende von Boeing sagte bei einem Treffen Anfang des Monats, dass die Verzögerungen bei der Herstellung zu etwa 9.000 weniger Sitzen in diesem Sommer führen werden. Die Fluggesellschaften könnten deshalb gezwungen sein, die Anzahl der Flüge und der Strecken zu reduzieren.
Werden Flüge weiterhin teuer bleiben?
Es gibt Anzeichen dafür, dass sich die Fluggesellschaften allmählich von der Pandemie zu erholen beginnen.
Der Luftfahrtsektor "ist in sehr guter Verfassung und befindet sich im Aufschwung", so Pascal Fabre, Spezialist auf diesem Gebiet bei der Finanzberatungsfirma AlixPartners.
Vor dem Hintergrund steigender Preise haben viele Fluggesellschaften "im Jahr 2022 einen höheren Umsatz erzielt als vor der Krise, obwohl die Kapazitäten nach wie vor gering sind", stellt er fest.
Dies ist der Fall bei Air France-KLM, die Anfang des Monats bekannt gab, dass sie die vom französischen Staat gewährte Corona-Beihilfe "vollständig zurückgezahlt" hat.
Die Treibstoffpreise sind jedoch nach wie vor hoch, und es ist mit weiteren Streiks in diesem Sommer zu rechnen.
Eurowings-Chef Jens Bischof rechnet nach einem Bericht der Funke-Mediengruppe damit, dass die Flugpreise aufgrund steigender Treibstoff-, Personal- und Flughafenkosten weiter steigen werden.
"Fliegen zum Taxipreis ist nicht mehr möglich", so Bischof gegenüber Funke. Er sagt voraus, dass Flüge in der Hochsaison in diesem Jahr rund 20 Prozent teurer sein werden als im Jahr 2022.
Da die EU immer strengere Vorschriften zur Verringerung der Emissionen beim Fliegen einführt, müssen die Fluglinien möglicherweise auch in effizientere Flugzeuge investieren. Außerdem müssen sie Emissionszertifikate kaufen, um ihren CO2-Fußabdruck auszugleichen.
Die damit verbundenen Kosten könnten in Zukunft zu einem weiteren Anstieg der Ticketpreise führen.
Ist es noch möglich, billige Flüge zu finden?
Die Flugpreise sind zwar höher als normal, bleiben aber zumindest stabil.
"Aus unseren Daten geht hervor, dass die Flugpreise in den letzten sechs Monaten fast unverändert geblieben sind", sagt Evan Day.
Eine frühzeitige Buchung ist jedoch kein sicherer Weg mehr, um den bestmöglichen Preis zu erwischen. Das könnte daran liegen, dass die Ungewissheit über die Pandemie nachgelassen hat, so dass wieder mehr Menschen frühzeitig nach Flügen suchen, statt eine späte Buchung zu riskieren.
Day schlägt vor, das datengesteuerte Prognosetool von Kayak zu nutzen, um Preiswarnungen für Flüge zu erhalten.
Das neue Tool "Savings Generator" auf der Flugvergleichsseite Skyscanner, das sich derzeit in der Betaphase befindet, könnte ebenfalls dabei helfen, den günstigsten Tag für einen Flug zu finden.
Datenbasiert versucht das Programm, herauszufinden, wie lange im Voraus man für eine bestimmte Strecke buchen sollte, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit die niedrigsten Kosten anfallen und wie der Durchschnittspreis für einen Flug im Vergleich aussieht.
Ein früher Flug im Sommer ist eine gute Möglichkeit, Geld zu sparen. Die Daten von Kayak zeigen, dass Ende Juli die teuerste Reisezeit für Flüge ist. Außerdem ist Samstag der teuerste Reisetag der ganzen Woche.
Wer stattdessen Anfang Juni fliegt, kann bis zu 44 Prozent bei Flügen und 15 Prozent bei Hotels sparen.
Auch der Verzicht auf zusätzliche Extras wie aufgegebenes Gepäck kann helfen, den Reisepreis zu senken.
Wohin kann man im Jahr 2023 am günstigsten fliegen?
Es mag offensichtlich klingen, aber wer sich für weniger touristische Reiseziele entscheidet, kann häufig - vor allem, wenn man Unterkunft und Verpflegung mit einbezieht - sparen.
So sind zum Beispiel Reisen an bulgarische, rumänische und albanische Strände vergleichsweise kostengünstig.
Auch eine Reise in die USA könnte überraschend erschwinglich sein.
"Für einige US-Städte liegen die Flugpreise immer noch auf dem Niveau des letzten Jahres", verrät Evan Day.
Besonders günstig sind die Flüge in Städte wie Dallas in Texas, Atlanta in Georgia, oder auch Orlando und Tampa in Florida.
Welche Alternativen zum Fliegen gibt es?
Dank der Investitionen in die europäische Eisenbahninfrastruktur ist das Reisen mit dem Zug heute billiger und einfacher als je zuvor.
Unternehmen wie NightJet und European Sleeper bringen neue Nachtzüge auf den Kontinent, die den Komfort des Fliegens in den Schatten stellen.
Spanien und Italien machen sich die neuen EU-Vorschriften zur Liberalisierung des Schienenverkehrs zu eigen und öffnen den Markt für Billigzuganbieter wie Ouigo und Iryo.
Wer mit dem Zug reist, kann sich auch vor künftigen emissionsbedingten Preissteigerungen bei Flügen schützen - und die Auswirkungen des eigenen Urlaubs auf den Planeten verringern.
"Wir alle müssen überdenken, wie wir reisen und wie wir dabei einen positiveren Einfluss haben können", sagt Justin Francis, Geschäftsführer und Mitbegründer des aktivistischen Reiseunternehmens Responsible Travel.
"Dazu gehört - so schwierig es auch sein mag - weniger zu fliegen. Das könnte bedeuten, dieses Jahr eine einzige, längere Flugreise zu machen. Es könnte auch bedeuten, sich auf ein Abenteuer mit der Bahn einzulassen oder in der Nähe der Heimat zu bleiben", rät er.
Francis verweist auf die von Responsible Travel organisierten Kreuzfahrten mit Mikroschiffen durch Schottland, die Kanufahrten auf der Dordogne in Frankreich und die Radtouren durch die italienischen Chianti-Weinberge als Beweis dafür, dass "weniger fliegen nicht bedeuten muss, etwas zu verpassen".