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Bei Kinder-Impfungen auf EMA und Stiko-Empfehlung warten

Berlin/Silver Springs (dpa) - Corona-Impfungen für Kinder ab fünf Jahren könnten in den USA Anfang November beginnen - in Deutschland müssen sich impfwillige Eltern voraussichtlich auf einen deutlich späteren Start einstellen.

Der Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, rechnet mit einer Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer durch die EU-Arzneimittelbehörde EMA frühestens Mitte November. «Wir werden dann auf die Stiko-Empfehlung warten.» Für Deutschland sei die Frage der Bewertung des Impfstoffs für Fünf- bis Elfjährige noch offen, sagte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens.

Experten für eine Notfallzulassung in den USA

Ein Beratergremium der US-Arzneimittelbehörde FDA hat sich für eine Notfallzulassung des Corona-Impfstoffes von Biontech/Pfizer für Kinder zwischen fünf und elf Jahren ausgesprochen. Das entschieden die Teilnehmer des Gremiums bei einer Sitzung am Dienstag (26. Oktober). Die Entscheidung ist nicht bindend, die FDA folgt den Fachleuten aber in der Regel. Eine endgültige Entscheidung der FDA wird noch in dieser Woche erwartet. Im Anschluss muss sich formell auch noch die Gesundheitsbehörde CDC damit befassen.

Eine Impfkampagne für die etwa 28 Millionen betroffenen Kinder in den USA könnte nach Angaben des Weißen Hauses dann bereits im November starten. Die Regierung werde innerhalb weniger Tage nach einer Zulassung 15 Millionen Dosen Impfstoff an Kinderärzte, Kliniken und Apotheken ausliefern, hieß es. Auch in Europa haben das deutsche Unternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer eine Zulassung ihres Corona-Impfstoffs für Kinder dieser Altersgruppe beantragt.

Zulassung durch die EMA abwarten

«Wir haben noch keine Datengrundlage für unsere Bewertung und Empfehlung», sagte Mertens. Erst einmal sei die Zulassung durch die EMA wichtig. «Die Stiko hat die Daten aus der Zulassungsstudie zur Sicherheit und Wirksamkeit noch nicht gesehen und bewertet.» Klar sei aber, dass eine solche Studie mit weniger als 3000 Probanden das Risiko seltener Nebenwirkungen nicht erfassen könne.

Für das Gremium stelle sich das gleiche Problem wie vor der Impfempfehlung für die 12- bis 17-Jährigen, sagte Mertens. «Kinder haben eine sehr geringe Krankheitslast durch Sars-CoV-2. Es gilt deshalb, erwartbare positive Effekte und denkbare unerwünschte Wirkungen durch die Impfung sehr genau gegeneinander abzuwägen.» Die Stiko werde wieder eine eigene Datenanalyse durchführen.

Die Ausgangslage in den USA ist für Mertens nicht mit der hiesigen vergleichbar. «Kinder dort erkranken offenbar deutlich häufiger schwer an Covid-19. Möglicherweise liegt das an dem dortigen Gesundheitssystem und dem höheren Anteil von Kindern mit Risikofaktoren wie zum Beispiel metabolischem Syndrom oder schlecht eingestelltem Diabetes.»

Zunächst Empfehlung für chronisch kranke Kinder erwartet

Kinderärzte-Sprecher Maske rechnet wie bei den 12- bis 17-Jährigen zunächst mit einer Stiko-Empfehlung für chronisch kranke Kinder und eventuell mit einer «Kann-Regelung», die auch Impfungen aller anderen Kinder ermöglicht. «Die Schwierigkeit ist, dass bisher Erfahrungswerte anderer Länder fehlen.» Bestimmte Vorerkrankungen gelten als Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf.

Es gebe großen Druck von einem Teil der Eltern, die ihre Kinder möglichst bald impfen lassen wollen, berichtete Maske. Es gebe Ärzte, die gezielt Impfungen im sogenannten Off-Label-Use anbieten, also auch ohne Zulassung für die Altersgruppe. Dies sei nicht illegal, aber letztlich eine Frage der Sicherheit. Insgesamt geht Maske davon aus, dass die Anzahl der auf diesem Weg Geimpften sehr gering ist.

Es sei für den Erfolg der Impfkampagne bei Kindern zu hoffen, dass die Politik nicht erneut öffentlich Druck auf die Stiko ausübe, sagte Maske. «Bei den 12- bis 17-Jährigen hat das viel Verwirrung gestiftet und uns Kinderärzte viel Überzeugungsarbeit gekostet.»

Sars-CoV-2 wird in Deutschland derzeit insbesondere bei Kindern und Jugendlichen nachgewiesen. Die Sieben-Tage-Inzidenz bei 5- bis 14-Jährigen gab das Robert Koch-Institut (RKI) am Dienstag mit 207,4 an, Tendenz steigend. Über alle Altersgruppen hinweg sprach das RKI von 113 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche, vor einer Woche waren es 75,1.