Wie blicken junge Russen auf den Krieg in der Ukraine?

In Russland sind die Meinungen junger Menschen über den Krieg ihres Landes in der Ukraine gespalten. Viele unterstützen ihn, vertrauen der Führung im Kreml und stehen hinter Präsident Putin. Sie nehmen an freiwilligen Aktivitäten teil, wie hier auf dem Internationales Forum für Bürgerbeteiligung (International Forum of Civic Participation) Anfang Dezember in Moskau- einer offiziellen Plattform, die klar die Sicht des Kremls widerspiegelt:

"Mein Traum ist es, dieser Sonder-Militäroperation so schnell wie möglich zu beenden, um alle der Armee und dem Land übertragenen Aufgaben zu erfüllen“, sagt der junge Soldat Peter Kaschtanow, der gänzlich auf Kreml-Linie zu sein scheint. „Und dem Nazismus und Faschismus, die jetzt auf dem Territorium der Ukraine gedeihen, ein für alle Mal ein Ende zu setzen."

Die 18-Jährige Elisaveta, die ebenfalls an dem Forum teilnahm, zeigte sich besorgt: "Ich habe Freunde und Verwandte, die an der Spezialoperation beteiligt sind. Ich wünsche mir, dass es schnell vorbei ist, das ist alles. Ich möchte, dass meine Angehörigen nach Hause zurückkehren und dass niemand mehr leiden muss."

Zehntausende haben Russland verlassen

Viele junge Leute stehen dem Kreml deutlich kritischer. Nach Kriegsausbruch haben Zehntausende Russland verlassen. Unter ihnen der Journalist Nikita Kutschinski. Er lebt jetzt in der litauischen Hauptstadt Vilnius und arbeitet für das Studentenmagazin DOXA. Das Magazin versteht sich als unabhängig und gegen Diktatur, Unterdrückung und Ungleichheit. Aber auch gegen den Krieg.

Kein Raum für freie Meinungsäußerung

Nikita erklärt: "Junge Menschen sind nicht mehr in der Lage, sich zu engagieren, Politik zu machen, sie haben praktisch keinen Raum mehr, um ihre eigene Meinung zu äußern. In den Universitäten, der wichtigsten Plattform, wo junge Menschen sich entfalten können, ist die Propaganda in alle Bereiche eingedrungen".

Seine DOXA-Kollegin Jekaterina Martinowa, die mittlerweile in Berlin lebt, sagt: "Es scheint, dass dies eine Linie ist, hinter der der Unterdrückung keine Grenzen mehr gesetzt sind, und es kein Verständnis dafür gibt, ob wenigstens noch eine gewisse Redefreiheit existiert."

Andrej Kolesnikov, Journalist und Senior Fellow am Moskauer Carnegie Center, sagt, es sei sehr schwierig zu sagen, welche Teile der jungen Bevölkerung Putin und seine Politik unterstützt. "Wenn wir uns die Zahlen in den Meinungsumfragen ansehen, stellen wir fest, dass die jungen Menschen das, was Putin tut, weniger unterstützen. Es gibt dennoch eine ganze Reihe von Anhängern", fügt er hinzu.