Tod durch Baden: Süßwasser-Amöben zerstören das Gehirn

In Oklahoma, USA, starb Anfang August ein neunjähriger Junge, nachdem er in einem Fluss geschwommen war. Der Grund: Eine überaus seltene Infektion mit einem Organismus, der sich gerne in Seen, Flüssen und Bädern tummelt und bei Menschen zum Absterben des Gehirns führt. Seit 1995 sind in denUSA 23 Menschen an dieser sogenannten „Primären Amöben Meningoenzephalitis" gestorben. In Deutschland gibt es laut Experten keine konkrete Gefährdung durch diese Amöben. In den USA rät die Gesundheitsbehörde mittlerweile hingegen vom Baden in Süßgewässern ab.

Der Organismus, der für das heimtückisch-tödliche Krankheitsbild verantwortlich gemacht wurde, ist eine Amöbe. Hierunter versteht man eine Gattung von 0,1 bis 0,3 Millimeter großen, überaus vielgestaltigen Tierchen, die keine feste Körperform besitzen und ihr äußeres Erscheinungsbild ständig durch neue Ausstülpungen aus ihrer Hülle verändern. Eine Untergruppe dieser Amöben ist Naegleria fowleri.

Vom Süßwasser über die Nase ins Gehirn
Da sich der Parasit bevorzugt in warmem Wasser aufhält, findet man ihn häufig in natürlich oder künstlich erwärmten Süßgewässern. Gelangt kontaminiertes Wasser beim Schwimmen oder Tauchen in die Nase, so durchdringen die Amöben die Riechschleimhaut und wandern entlang des Riechnerven zum zentralen Nervensystem, wo sie dann das Gehirn zerstören.

Drei Tage bis zwei Wochen nach der Infektion bildet sich das Krankheitsbild aus, an dem der kleine Junge in Oklahoma verstarb: Die Primäre Amöben Meningoenzephalitis (PAM).

Die PAM trifft in der Regel immunkompetente Jugendliche, die in künstlich oder natürlich warmen Süßgewässern geschwommen und insbesondere getaucht sind," erklärt Dr. Albrecht Kiderlen vom Robert-Koch-Institut in Berlin. "Eine irgendwie geartete Immunstörung scheint für eine Infektion mit Naegleria fowleri nicht Voraussetzung zu sein - möglicherweise aber ein "noch nicht ganz ausgereiftes" Immunsystem."

Schneller Beginn, tödliches Ende
Die Erkrankung beginnt massiv und plötzlich mit den typischen Symptomen einer Hirnhautentzündung: Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit gefolgt von Halluzinationen und gestörter Körperkontrolle. Oft verschlimmert sich das Krankheitsbild rapide und es bildet sich eine sogenannte hämorrhagisch nekrotisierenden Meningoenzephalitis - der Grund, warum der Erreger in den USA oft „Brain-eating amoeba" (gehirnfressende Amöbe) genannt wird. „Nekrotisierend" bedeutet, dass im Gehirn Gewebe abstirbt. „Hämorrhagisch" heißt, dass dies unter Blutungen passiert.

Überleben fast unmöglich
Ein blutiges Gewebesterben macht unser Denkorgan natürlich nicht lange mit: Die Patienten fallen ins Koma und sterben innerhalb einer Woche nach Auftreten der Symptome. Laut dem Robert-Koch-Institut sind bisher nur wenige Fälle bekannt, bei denen eine PAM durch frühzeitige Therapie überlebt wurde. Laut der amerikanischen Gesundheitsbehörde „Center for Disease Control and Prevention" - verlgeichbar mit dem deutschen Robert Koch Institut - liegt die Tödlichkeitsrate sogar bei über 99 Prozent. Nur eine Person der 123 Infizierten zwischen 1962 und 2011 überlebte die PAM.

Naegleria fowleri - tödlich aber selten
Damit eine Infektion mit der Amöbe möglich wird, muss sie zwangsläufig durch die Nase ins Gehirn gelangen. Dies geschieht durch Eindringen von verseuchtem Wasser in die Nase beim Schwimmen oder Tauchen aber auch durch Reinigen der Nase mit Leitungswasser: Zwei Fälle von Infektionen mit Naegleria fowleri durch eine Nasendusche mit Trinkwasser aus der Leitung sind in den USA bekannt.

Eine Übertragung durch Schlucken oder Trinken von kontaminiertem Wasser ist NICHT möglich. Auch eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nahezu ausgeschlossen. Wer in öffentlichen Bädern schwimmt, muss sich ebenfalls keine Sorgen machen: Hier werden Infektionen jeglicher Art durch adäquate Reinigung, Chlorierung oder thermische Verfahren vorgebeugt.

In Deutschland fehlen aktuelle Zahlen - aber keine konkrete Gefährdung bekannt

Die PAM ist eine sehr seltene Infektionskrankheit und auch die Amöbe Naegleria fowleri ist zumindest in Deutschland nicht allgegenwärtig. Zu der Gefahr, sich in Deutschland mit der tödlichen Amöbe zu infizieren, sagt Dr. Albrecht Kiderlen vom Robert Koch Institut: „Zur Gefährdung in Deutschland gibt es meiner Kenntnis nach keine aktuelle, belastbare Einschätzung. Von einer konkreten Gefährdung kann aber wohl nirgends die Rede sein."

In den USA rät die Gesundheitsbehörde mittlerweile hingegen vom Baden in Süßgewässern ab. Der Grund: Durch die Klimaerwärmung wird ein gesteigertes Auftreten von Naegleria fowleri erwartet.

Autor: Felix Gussone


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