Verdauungsmythen im Wahrheitscheck

Wurden Sie auch schon einmal mit Weisheiten und Warnungen rund um die Verdauung konfrontiert, als sie über Bauchweh geklagt haben? Was der Verdauung scheinbar nicht alles schaden und nützen soll! Viele dieser Ratschläge aus dem Volksglauben sind medizinisch jedoch nicht haltbar. Yahoo! Nachrichten klärt fünf bekannte Verdauungsmythen auf.


Mythos 1: "Ein Schnaps nach dem Essen beschleunigt die Verdauung"

Um die Verdauung nach einer üppigen Mahlzeit anzukurbeln, greifen viele zu einem Gläschen Schnaps. Für manche mag das sicherlich ein Genuss sein, doch die verdauungsfördernde Wirkung ist nur ein Mythos. Ganz im Gegenteil: Wer nach einer reichhaltigen Mahlzeit Alkohol trinkt, der muss sogar mit einer verlangsamten Nahrungsverwertung rechnen!

Die neuste Studie zu diesen Thema kommt von Wissenschaftlern aus Zürich und wurde im angesehenen „British Medical Journal" veröffentlicht. Das Experiment mit Käsefondue und anschließendem Alkoholkonsum hat den Mythos vom Verdauungsschnäpschen endgültig widerlegt. Das Ergebnis der Wissenschaftler: Im Vergleich zu Wassertrinkern verzögerte das Glas Schnaps nach dem Essen die Verdauung deutlich. Am schnellsten verlief die Nahrungsverarbeitung bei den Probanden, die weder Wein während des Essens noch Schnaps nach dem Essen zu sich nahmen.

Und warum ist das so? Alkohol entspannt die Magenmuskulatur und reduziert dadurch nach dem Essen das unangenehme Völlegefühl. Längerfristig führt Alkohol aber zu mehr Problemen mit der Verdauung.

Mythos 2: "Käse schließt den Magen"

Schon der römische Schriftsteller Plinius soll im 1. Jahrhundert nach Christus geschrieben haben, dass Käse den Magen schließt. Aber stimmt das wirklich? Es kommt zunächst darauf an, was man unter „Schließen" versteht. Käse ist reich an Eiweiß - ein Nährstoff, der sehr gut sättigt. Nach Käsegenuss ist der Magen „geschlossen", es passt scheinbar nichts mehr hinein, weil man schlichtweg durch die Eiweißkeule keinen Hunger mehr hat.

Zusätzlich sorgt das Fett aus dem Käse dafür, dass die Pforte vom Magen in den Darm verschlossen wird und sich die Verdauung verzögert. Dies steigert zusätzlich das Sättigungsgefühl.

Übrigens: Seit neustem wird dem Käse eine überraschende Eigenschaft zugeschrieben. Er hat eine schützende Wirkung auf die Zähne und soll die Entstehung von Karies hindern - dank seines Reichtums an Calcium und Phosphat. Beide Mineralstoffe härten den Zahnschmelz und schützen den Zahn vor aggressiven Einflüssen.

Mythos 3: "Scharfes Essen führt zu Magengeschwüren"

Der Großteil der Magengeschwüre ist auf zwei Ursachen zurückzuführen: Eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori und den Gebrauch von Schmerzmitteln (Aspirin, Ibuprofen) ohne schleimhautschützende Medikamente. Daneben gibt es aber noch weitere Faktoren, die sich auf die Entstehung oder Symptome eines Magengeschwürs

auswirken können. Hierunter fällt neben Rauchen, Alkoholkonsum und Stress auch regelmäßiges und übertrieben scharfes Essen, das die Magenschleimhaut chronisch reizt. Scharfes Essen allein kann zwar kein Magengeschwür auslösen. Bei den oben genannten Risikofaktoren oder bereits bestehenden Geschwüren ist es aber möglich, dass scharfe Gewürze die Symptome verschlimmern.

Mythos 4: "Verschluckte Kaugummis bleiben jahrelang im Magen"

Aus unerklärlichen Gründen erzählen vor allem Erwachsene ihren Kindern allerhand Gruselgeschichten über Kaugummis. Vielleicht liegt es daran, dass schmatzendes Kaugummi-Kauen bei uns allgemein als unhöflich gilt. Dabei gibt es Studien, die Kaugummikauen mit einer besseren Durchblutung des Gehirns und dadurch einer Konzentrationerhöhung in Verbindung bringen.

Beneidenswert: Diese Menschen hatten 2012 richtig viel Glück

Eines der Kaugummi Horror-Märchen besagt, dass Kaugummi nicht verdaut werden kann, jahrelang im Magen bleibt und sogar den Magen oder Darm verschließen kann. Fakt ist: Die Kaumasse im Kaugummi wird in der Tat nicht verdaut. Sie wandert durch den Verdauungstrakt und wird, wie andere unverdauliche Bestandteile der Nahrung, nach einigen Tagen einfach ausgeschieden. Problematisch wird es nur dann, wenn regelmäßig große Mengen an Kaugummi geschluckt werden. Dann besteht theoretisch das Risiko, dass ein zäher Gummipfropf Teile des Magen-Darm Systems blockiert.

Mythos 5: "Bananen machen Verstopfung"

Viele befürchten durch den Verzehr von Bananen Verdauungsbeschwerden in Form einer Verstopfung zu bekommen. Dabei enthalten Bananen viel Magnesium, Ballaststoffe, Pflanzenzucker und Stärke. Und Ballaststoffe und Pflanzenzucker aus den Früchten verstopfen nicht, sondern regen die Darmbewegung und Verdauung sogar an! Die enthaltene Stärke hingegen ist eher schwer verdaulich. Der Gehalt an Stärke und Zucker wiederum variiert und wird durch den Reifegrad der Bananen bestimmt. Was heißt das nun? Grüne, unreife Bananen sind reich an Stärke, schwerer verdaulich und eher „stopfend". Reife, gelbe Früchte hingegen haben deutlich mehr Zucker und besitzen diese Eigenschaft nicht.

Generell gilt aber auch hier, dass das Symptom „Verstopfung" nicht durch ein einzelnes Lebensmittel ausgelöst werden kann! Verstopfung ist vielmehr ein Ausdruck einer Kombination von ungünstigen Faktoren aus Lebensstil, Flüssigkeitsmangel, einseitiger Ernährung und Medikamentennebenwirkungen. Bananen haben in diesem komplexen Gefüge keine negativen Auswirkungen auf das Entstehen einer Verstopfung.

Autor: Felix Gussone