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Bund-Länder-Finanzen: Kieler Ministerin attackiert Lindner

Kiel/Berlin (dpa) - Den Bundesländern droht nach Angaben aus Schleswig-Holstein eine deutliche Mittelkürzung bei gemeinsamen Projekten mit dem Bund.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) wolle die Finanzierung von Bund-Länder-Programmen um mindestens 900 Millionen Euro zusammenstreichen, warnte die schleswig-holsteinische Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Eine Sprecherin der Kieler Ministerin berief sich auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur auf nicht näher konkretisierte Informationen aus Berlin. Zuerst hatte das «Flensburger Tageblatt» berichtet.

Laut Heinold geht es um je 300 Millionen Euro bei der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes, bei der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und bei der Städtebauförderung.

Die Grünen-Politikerin reagierte scharf: «Wenn es stimmt, dass Bundesfinanzminister Lindner eine Milliarde Euro Landesförderung streichen will, mit der offenen Ansage, sich damit zurückzuholen, was er für die Flüchtlingsfinanzierung zugesagt hat, wäre das perfide», sagte sie. «Wenn der Bund glaubt, seine Kasse zulasten der Länder sanieren zu können, werden wir das nicht einfach hinnehmen.»

Das Bundesfinanzministerium wies auf die laufenden Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2024 hin. In der vergangenen Woche hatte das Ministerium den anderen Ressorts mitgeteilt, wie viel Geld ihnen jeweils zur Verfügung stehen soll. Wie sie damit auskämen, müssten die Häuser selbst bestimmen, hieß es.

«Alle Ressorts inklusive der von Grünen geführten Ministerien sind aufgefordert, in eigener Verantwortung mit den verfügbaren Haushaltsmitteln zu planen», betonte eine Sprecherin. Die von Heinold genannten Bund-Länder-Programme liegen in der Zuständigkeit des grün-geführten Landwirtschaftsministeriums, des ebenfalls grün-geführten Wirtschaftsministeriums und des SPD-geführten Bauministeriums.

Die Vermutung Heinolds, Lindner wolle sich die Mittel zurückholen, die den Ländern für die Flüchtlingsfinanzierung zugesagt wurden, wies das Ministerium scharf zurück. «Die persönliche Attacke und öffentliche Spekulation über angebliche Motive ist bei einer erfahrenen Ministerin allerdings ein überraschender Fauxpas», sagte die Sprecherin.

Kritik an Lindner äußerte auch der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne). «So können wir einfach nicht mehr weitermachen», betonte er. Auf der Finanzministerkonferenz in der vergangenen Woche hätten sich Bund und Länder gegenseitig versichert, dass sie große Aufgaben gemeinsam bewältigten. «Einen Wimpernschlag später will der Bundesfinanzminister seinen Haushalt auf Kosten der Länder aufstellen», kritisierte Bayaz.

Sein bayerischer Kollege Albert Füracker (CSU) hieb in die gleiche Kerbe: «Der Bund muss seiner Verantwortung bei der Flüchtlingsfinanzierung endlich gerecht werden. Ideen, sich die den Ländern zustehenden Zahlungen über Umwege zurückzuholen, entbehren jeder sachlichen Grundlage und sind höchst unseriös.» Nötig sei ein ehrlicher und offener Dialog über den Föderalismus.

Heinold: «Die gesamtstaatliche Lösung fehlt»

Heinold forderte den Bund auf, mit den Ländern einen ernsthaften Dialog zur künftigen Staatsfinanzierung zu führen. «Ob Klimainvestitionen, Aufnahme von Flüchtlingen, Bildung oder Digitalisierung, die Herausforderungen sind groß und die gesamtstaatliche Lösung fehlt.» Einnahmen und Ausgaben klafften überall immer weiter auseinander. «Ursache dafür sind unter anderem die im letzten Jahr beschlossenen Steuersenkungspakete, die auch hohe Einkommen entlasten.»

In Kreisen des Bundesfinanzministeriums hieß es dazu, der Bund entlaste Länder und Kommunen bereits stark und leiste dabei auch Aufgaben, für die er eigentlich gar nicht zuständig sei. Das föderale Finanzgeflecht zwischen dem Bund auf der einen und Ländern wie Kommunen auf der anderen Seite sei in den vergangenen Jahren «in eine beachtliche Schieflage geraten». Man müsse es wieder schaffen, dass Bund und Länder für ihre jeweiligen Aufgaben auch finanziell verantwortlich seien.

Auch aus der FDP-Bundestagsfraktion erntete Heinold harsche Kritik. «Wieder einmal zeigt die Raub- und Beute-Gemeinschaft der Länder ihr wahres Gesicht», sagte Fraktionsvize Christoph Meyer. «Es ist unverschämt, dass Länder wie Schleswig-Holstein immer nur mehr Geld fordern.»

Obwohl die Haushaltslage des Bundes massiv angespannt sei, entlaste er die Länder in diesem Jahr mit etwa 54 Milliarden Euro. Darüber hinaus hätten die Länder noch fast 13 Milliarden Euro Überschüsse aus dem vergangenen Jahr. Die Länder müssten vor allem ihre originären Aufgaben selbst finanzieren. «Mehr Geld vom Bund wird es nicht geben», betonte Meyer.