Cannes: Europäisches Kino räumt ab

Mit der höchsten Auszeichnung des Filmfestivals in Cannes, der "Goldenen Palme", wurde zum zweiten Mal ein Film des Schweden Ruben Östlund geehrt - "Triangle of Sadness" nach "The Square" (2017). Damit triumphiert eine scharfe Satire auf die Welt der Superreichen - Schauspielerin Iris Berben aus Deutschland ist in einer Nebenrolle mit von der Partie.

Die zweitwichtigste Auszeichnung des Festivals, den "Großen Preisder Jury", bekamen dieses Jahr die französische Filmemacherin Claire Denis ("Stars at Noon") und der Belgier Lukas Dhont für "Close".

"Stars at Noon" erzählt von der amerikanischen Journalistin Trish (Margaret Qualley), die wegen eines kritischen politischen Artikels in Nicaragua festsitzt und dort einen mysteriösen Geschäftsmann namens Daniel (Joe Alwyn) trifft, der von den politisch instabilen Verhältnissen in Nicaragua profitiert. Trish und Daniel verlieben sich, und ihre Anziehung wird in einem Großteil des Films lustvoll inszeniert, während der Plot in den Hintergrund rückt.

«Close» wiederum ist ein einfühlsamer Coming-of-Age-Film über die besondere Freundschaft zweier Jungen, die auf tragische Weise endet.

Der Preis für die beste Regie ging an Park Chan-wook ("Decision to Leave") aus Südkorea. Die iranische Schauspielerin Zar Amir Ebrahimi nahm den Preis als beste Schauspielerin entgegen. Sie verkörpert in "Holy Spider" des dänisch-iranschen Filmemachers Ali Abbasi eine mutige Journalistin, die einemSerienmörder auf der Spur ist. Als bester Schauspieler wurde der Südkoreaner Song Kang-ho für seine Rolle in "Broker" von Hirokazu Koreeda gewürdigt.

Der Preis der Jury ging an "Le Otto Montagne" von Charlotte Vandermeersch und Felix Van Groeningen sowie zu gleichen Teilen an "EO" von Jerzy Skolimowski. Der Schwede Tarik Saleh wurdemit dem Preis für das beste Drehbuch für seinen Film "Boy from Heaven" geehrt.

Eine besondere Ehrung bekamen die belgischen Filmemacher Jean-Pierre und Luc Dardenne, die Stammgäste auf dem Filmfestival sind. Sie bekamen zum 75. Jubiläumsjahr einen Spezialpreis für ihren Film "Tori and Lokita".

"TRIANGLE OF SADNESS"

«Triangle of Sadness» ist ein rücksichtsloser Angriff auf die Ultrareichen und den Geldkönig an Bord eines Luxusschiffs, das wie eine Titanic aussehen wird,eine Satire auf die Welt von Influencern und Superreichen. Ein komischer und politischer Film, koproduziert von Schweden, Deutschland, der Türkei und Frankreich. Nachdem die Luxusjacht von Piraten gekapert wird, stranden ein paar Schiffsreisende auf einer Insel, wo die Hierarchien umgedreht werden. Denn eine Angestellte, die sich auf der Jacht um die Toiletten kümmerte, ist die einzige, die Fische fangen, Feuer machen und so das Überleben der Menschen sichern kann.

Ruben Östlund, Regisseur:

„Im Vergleich zwischen dem europäischen Kino mit dem amerikanischen oder dem „angelsächsischen“ zum Beispiel, gefällt mir am europäischen Film, ist, dass wir uns immer auf gesellschaftliche Fragen konzentriert haben. Bei uns geht es um Fragen wie: „Schaffen wir eine bessere Gesellschaft?“, „Was gefällt uns nicht?“, „Was müssen wir ändern?“. Kino also als Werkzeug, um die Zustände möglichst zu verbessern. Und mir fällt nichts Sinnloseres ein, als Filme zu machen, wenn ich nichts ändern will, wenn ich nichts besser machen will. Das ist also europäisches Kino.“

Frédéric Ponsard, Euronews:

„Die Filmfestspiele von Cannes feierten ihr 75-jähriges Dasein mit Stil und die Rückkehr des Kinos auf die große Leinwand mit Filmen aus aller Welt. Aber die großen Gewinner dieser Ausgabe 2022 sind Europa und das europäische Kino, mit einer zweiten "Palme d'Or" für "Triangle of Sadness" des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund, aber auch zwei Großen Preisen der Jury ex-aequo für "Close" des jungen belgischen Regisseurs Lukas Dhont und den Film der erfahrenen französischen Regisseurin Claire Denis für ihren Film "Stars at Noon" und zwei Preisen der Jury, ebenfalls ex-aequo, für „Otto Montagne“ des belgischen Regisseurehepaars Félix van Groeningen und Charlotte Vandermeersch sowie für „EO“ des 84-jährigen polnischen Regisseurs Jerzy Skolimovski – ein Beweis, falls es einen brauchte, für die Vielfalt und Modernität des Europäischen Kinos."

Frédéric Ponsard, su mit dpa