Cash. Ganz einfach Cash.

Johnny Cash starb vor 20 Jahren am 12. September 2003. (Bild: Courtesy Tremolo Productions)
Johnny Cash starb vor 20 Jahren am 12. September 2003. (Bild: Courtesy Tremolo Productions)

Erinnerung an einen der wunderbarsten Künstler aller Zeiten: Johnny Cash starb am 12. September 2003 in Nashville, Tennessee.

"Es ist Zeit, arbeiten zu gehen, oder - wenn Sie so wollen: zu spielen. So sind wir Musiker: Ich ziehe mein schwarzes Hemd an, stecke den schwarzen Gürtel durch meine schwarze Hose, nehme meine schwarze Gitarre in die Hand und mache meine Show für die Leute dieser Stadt." Vor 20 Jahren erschütterte eine Nachricht die Musikwelt. Auch wenn sie nicht überraschend kam. Johnny Cash starb im Baptist Hospital in Nashville. Da waren das Asthma, die Lunge. Diabetes. Und das Shy-Drager-Syndrom - eine Nervenkrankheit, deren Namen er aus seinem Gedächtnis löschte. "Ich wollte immer nur neue Musik, neue Platten machen." Nirgendwo vereinen sich Leidenschaft und Coolness so vollkommen wie in den Liedern des Mannes, der so gerne Privatmensch geblieben wäre. Doch seine Musik, seine Millionen Platten, die er in aller Welt verkauft hat, haben ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Das erste Lied entstand vor über 70 Jahren. Gitarre spielen hatte der Junge, der im winzigen Kingsland, Arkansas, geboren wurde, in Deutschland während seiner Zeit in der Armee gelernt, wo er vorübergehend in einer Band namens Landsberg Barbarians auftrat und auch seine erste Frau traf. Eine Ehe, die nicht lange hielt. Später dann, in Memphis, erfuhr er, dass seine ersten Songs im Radio in Louisiana gespielt wurden. "Ich dachte, das ist zu weit weg. Das spielt keine Rolle. Es ist zu weit weg von Memphis. Es hat Monate gedauert, bis ich wirklich verstand, dass da draußen eine ganze Welt war." Irgendwann lag sie ihm zu Füßen.

Johnny Cash starb im Alter von 71 Jahren an Lungenversagen. Er wurde neben seiner Frau auf dem Friedhof Hendersonville Memory Gardens in Tennessee begraben.  (Bild: Universal)
Johnny Cash starb im Alter von 71 Jahren an Lungenversagen. Er wurde neben seiner Frau auf dem Friedhof Hendersonville Memory Gardens in Tennessee begraben. (Bild: Universal)

"Darum geht es doch in der Musik: um Gefühl"

Das Außergewöhnliche an Johnny Cash ist, dass er bis heute seine Anhänger überall rekrutiert. Bei den Country-Fans natürlich, aber er war kein Country-Sänger. Bei den Rock-Fans, aber er war kein Rock-Sänger. Bei den Folk-Fans, aber er war kein Folk-Sänger. "Ich musste sowieso meinen eigenen Weg gehen. Früher, da kannte ich keine Noten, und ich konnte kein Lied auch nur annähernd so singen wie die großen Stars dieser Zeit. Also sang ich so, wie es sich für mich gut anfühlte. Und darum geht es doch in der Musik: um Gefühl." Seine tiefe, rauchige Stimme wurde sein akustisches Markenzeichen. Die Leidenschaft zur schwarzen Farbe machte ihn auch optisch unverwechselbar. Es ist schwer erklärbar, aber wer Johnny Cash einmal auf der Bühne sah, verstand es: Wenn er da oben stand, war da nur er. Niemand sonst. Musiker, die mit ihm auf Tour waren, mussten ein ausgeprägtes Ego haben.

43 Jahre lang, bis 1998, war Cash immer unterwegs, oft hundertmal pro Jahr auf der Bühne. In den 60-ern, als sein Stern zu leuchten begann, waren es gar 300 Auftritte. Daran ging seine Ehe zugrunde und beinahe auch er selbst. Offen sprach er über seine Drogenprobleme. Glücklichmacher. "Drogen sind wie ein Dämon, der auf dich zukommt und sagt: 'Hey. Ich bin schön. Schau' mich an. Ich sorge dafür, dass du dich besser fühlst."

Seiner Frau June Carter Cash, die aus einer Musiker-Familie kam, verdankte er wohl sein Leben. Sie starb am 15. März 2003, 35 Jahre waren beide verheiratet. Wer verstehen will, was sie einander bedeuteten, wirft einen Blick auf das Video zum Nine-Inch-Nails-Cover "Hurt". Cash interpretierte den Song im Rahmen seiner ungemein erfolgreichen "American Recordings"-Reihe neu. June Carter ist zu sehen, sie starb drei Monate nach dem Dreh. Johnny Cash folgte ihr ... nur weitere vier Monate später.

In den 50er-Jahren begann die große Karriere von Johnny Cash. Unter anderem trat er im Vorprogramm von Elvis Presley auf. (Bild: Hulton Archive/Getty Images)
In den 50er-Jahren begann die große Karriere von Johnny Cash. Unter anderem trat er im Vorprogramm von Elvis Presley auf. (Bild: Hulton Archive/Getty Images)

Die Stimme Amerikas

Er habe im Leben immer weiter gelernt, erklärte Johnny Cash. Menschen machen Fehler, jedoch: "Vergiss deine Fehler nicht, aber schließe irgendwann die Tür zur Vergangenheit." So hat er es gemacht. Wohl auch deshalb klingt seine Musik so, wie sie klingt. Immer ein bisschen tragisch, voller Erfahrenheit und zitternd auf dem schmalen Grat zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Er hat mit so vielen der Branche zusammengearbeitet, unter anderem auch mit Vertretern härterer Töne wie den Red Hot Chilli Peppers. Auch mit Bono, mit Willie Nelson natürlich und mit Bob Dylan.

Songs für die Ewigkeit entstanden. "Cry! Cry! Cry!" als erster großer Erfolg, "I Walk The Line", "A Boy Named Sue", "Ring Of Fire", die Alben "Man In Black", "Johnny Cash At Folsom Prison" und, und, und. Einige Filme hat er gedreht, nichts Wichtiges (außer "A Gunfight" mit Kirk Douglas), andere mit seiner Musik ausgestattet. Mehr als 1.500 Songs hat er aufgenommen, und die finden sich auf rund 500 Alben, gezählt nur die, die in den USA und in Europa erschienen sind. Cash ist in jeder musikalischen Ruhmeshalle vertreten, die es in seiner Heimat gibt.

Er bekam 13 Grammys, gilt als Erfinder der Konzeptalben, hat zwei Biografien geschrieben, die sich jeweils mehr als eine Million Mal verkauften. Er sei "fürwahr die Stimme Amerikas. So reich und so stark wie unsere Nation", hat ihm einst der US-Präsident Richard Nixon mit auf den Weg gegeben. Cash war Patriot, sicher. Vor allem aber war er gläubig, sprach viel über Jesus und dessen Bedeutung für sein eigenes Leben. Jedes Jahr, das ihm gegeben wurde, empfand er als Geschenk.

Nach seinem Tode entstanden Dokumentationen, James Mangolds brillanter biografischer Film "Walk the Line". Zahllose bis dahin unveröffentlichte Songs fanden den Weg in die Öffentlichkeit. Man benannte einen Asteroiden nach ihm. Eine seltene Vogelspinne trägt den Namen Aphonopelma johnnycashi. Und der Rolls Royce Silver Shadow, den er in den 70er-Jahren fuhr, wurde medienwirksam auf Elektro umgerüstet.

So viele sonnen sich bis heute in seinem Ruhm. So viele mehr lieben bis heute seine Musik. Seine Tochter Rosanne formulierte bei seiner Beerdigung so einfach wie wahr: "Johnny Cash wird immer bei uns sein." Er selbst träumte vom Paradies. Wie es aussehen sollte, wurde er einmal gefragt. Seine Antwort: "This morning. With her. Having Coffee."

Johnny Cash gehört bis heute zu den einflussreichsten Musikern aller Zeiten. (Bild: 2003 Getty Images/Hulton Archive)
Johnny Cash gehört bis heute zu den einflussreichsten Musikern aller Zeiten. (Bild: 2003 Getty Images/Hulton Archive)